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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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war noch warm. Ich schloss die Augen und spürte, wie mir Tränen über die Wangen liefen. Moreau nahm das Laptop wieder an sich. Ich hörte, wie er resigniert seufzte. Seltsamerweise fühlte ich fast eine gewisse Erleichterung. Ich war bereit zu akzeptieren, dass alles vorbei war. Plötzlich sah ich mich wie in einer kleinen belanglosen Filmszene durch unsere Wohnung gehen. Niemand war zu Hause.
    In der Spüle stapelte sich das Geschirr. Mandas kleine Schuhe mit den Blumen darauf standen auf dem Küchentresen …
    »Das ist alles zu schade«, lamentierte der Vampir. »Wenn ich doch nur …«
    Ich öffnete die Augen und fluchte. »Halt den Mund. Das muss ich mir nicht anhören. Tu’s einfach. Wenn du mir nicht sagst, wo er ist oder was du mit ihm getan hast, dann bringen wir es einfach hinter uns.«
    Moreau schien mir kaum zuzuhören. Er war auf etwas anderes fixiert. Auf meinen Zimmermannsgürtel . Er bückte sich und tippte auf das kleine Metallfläschchen mit der Säure.
    »Und was ist das?«
    Ich konnte kaum glauben, dass er sich erdreistete, mir eine Frage nach der anderen zu stellen. Gerade wollte ich mich darüber aufregen, als mir eine Idee kam.
    »Das ist das Mittel, um einen Anfall auszulösen«, erklärte ich. »Du hast mich nach meinem Geheimnis gefragt; und das ist es. Ich führe die Anfälle absichtlich herbei.«
    Der Vampir fingerte an meinem Gürtel und zog das Fläschchen heraus. »Ein Mittel. Willst du damit sagen, es ist eine Art … pharmaceutique? «
    »Ja, man kauft es bei einem Apotheker. Es ist ein Medikament, das man gegen Anfälle nimmt, aber ich habe durch Zufall herausgefunden, dass es bei mir Anfälle auslöst, wenn ich zu viel davon nehme. Deshalb habe ich diese besonderen Fähigkeiten.«
    Moreau verengte den Blick und hielt sich die Säure vor die Augen. »Eine drogue humaine? «
    »Ja, ein Arzneimittel für Menschen.«
    Er schraubte den Deckel ab und ließ ihn fallen. Dann hielt er sich das Fläschchen unter die Nase, schnupperte den beißenden Geruch und verzog das Gesicht.
    Trinken. Trinken.
    »Ach, du willst, dass ich etwas davon trinke?«, erkundigte sich Moreau scheinheilig. »Dass ich es an mir selbst ausprobiere? Vielleicht sollte ich es dir lieber ins Gesicht schütten.«
    Der Vampir hielt das offene Fläschchen ein wenig schräg über meine Nase – neigte es immer weiter. Ich hielt die Luft an.
    »Nein, lieber nicht«, beschloss Moreau.
    Er setzte sich die kleine Flasche an die Lippen und trank sie in einem Zug leer. Ich sah, wie sich sein Adamsapfel auf und ab bewegte.
    Der perdu verzerrte das Gesicht zu einer fürchterlichen Grimasse und gab einen Laut von sich, als wäre ihm etwas im Hals steckengeblieben. Dann wandte er sich von mir ab, wankte einige Schritte auf den Bunker zu, beugte sich vor und übergab sich. Anschließend richtete er sich wieder auf, wischte sich den Mund ab und warf das Fläschchen fort.
    Mit unstetem Blick fiel er neben mir auf die Knie und ich konnte den beißenden Geruch der Säure in seinem Atem riechen. Seine Lippen bluteten.
    »Glaubst du, das Leben auf dieser Erde ist mir wichtig?«, fragte Moreau schnaufend direkt vor meinem Gesicht. Seine Stimme klang seltsam abgehackt, als wäre sein Inneres durch den Fleischwolf gedreht worden. »Du musst verstehen, dass mir nichts wirklich wichtig ist, Mademoiselle . Wie gesagt, nach so vielen Jahren ist das Einzige, was mir geblieben ist … Neugier.«
    Ich drehte den Kopf von ihm weg, damit ich ihn nicht anschauen musste, und versuchte verzweifelt einen Ton herauszubringen. »Ich weiß … ich weiß von … deinem Sohn«, sagte ich.
    Der Vampir stand auf. Er zog ein schmutziges Taschentuch hervor und wischte sich damit über das schweißglänzende Gesicht. Dann steckte er es wieder ein, schluckte und hustete mehrfach, bevor er einen Schritt auf mich zumachte.
    »Diese Person gibt es nicht mehr«, krächzte er. »Sie hat nie existiert.«
    Er breitete die Arme über dem Kopf aus. »Es gibt diesen Traum, dass es nach diesem Leben ein weiteres Leben geben könnte. Aber weißt du, was die Wahrheit ist? Dieses Leben … ist der Traum. Es ist dieses Leben, das nicht real ist. Lilli.«
    Mein Herz schlug schneller. Plötzlich war die Vampirin an seiner Seite, als hätte sie die ganze Zeit dort gestanden. Sie sah mich mit dem gleichen Gesichtsausdruck an wie Moreau. Tot. Verbraucht.
    »Die Zeit ist reif«, verkündete Moreau mit seiner abgehackten Stimme. »Wir werden tun, was wir schon längst hätten

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