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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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geschickt. Ich war schuld. Ich war es.«
    Einen Moment sah ich sie an, dann floh ich auf die Abschussrampe in Richtung Leiter.
    Die letzten Meter bis in die Grube musste ich springen und schluckte bei der Landung, weil mein Fuß so sehr schmerzte. Ich kletterte hinaus und ließ mich zu Boden fallen. Nichts bewegte sich. Schnell huschte ich hinter eine Ecke des Turms und lauschte wieder. Die einzigen Geräusche, die ich vernahm, waren die Kettensäge, die über mir im Leerlauf heulte, sowie Georges Schmerzensschreie. Am liebsten wäre ich direkt zum Bunker gelaufen, aber dann entschied ich mich dafür, erst einmal das Funkgerät auszuprobieren; das Mikrofon war tatsächlich noch an.
    »Sagan, kannst du mich hören?«
    Mehrmals wiederholte ich die Worte und wartete, doch das Headset summte und zischte nur.
    In einem großen Bogen raste ich zum Bunker, hielt mich jedoch in sicherem Abstand zum Eingang. Durch eins der Beobachtungslöcher konnte ich die Stelle einsehen, wo Sagan auf der anderen Seite des Gitters gesessen hatte. Die Kisten und Kartons standen nach wie vor da, aber sonst nichts. Er war fort.
    Ich hatte das Gefühl, mir würden Ameisen übers Herz kriechen. Mir würde nichts anderes übrig bleiben, als hineinzugehen und ihn zu suchen. Ich hob den Kopf und ließ den Blick über die Bäume wandern, über das Dach des Bunkers. Überall konnte Moreau lauern. Doch ich sah ihn nirgends leuchten.
    Ausgestreckt warf ich mich ins Gras und kroch an die Stelle, wo der Hang an den Betonblöcken endete. Ich kletterte über die Mauer, kauerte mich dahinter nieder und lauschte abermals. Von drinnen konnte ich das Wasser tropfen hören und lief hinein, um zu sehen, ob das Vorhängeschloss noch an seinem Platz hing …
    Dann wurde alles um mich herum schwarz.
    Was auch immer mich getroffen hatte, es fühlte sich an, als wäre eine Betonmauer über mir eingestürzt. Ich weiß nicht, wie lange ich ohnmächtig war. Jedenfalls war ich wieder wach, noch bevor ich die Augen öffnete.
    Ein Vampir kann durch seine Lider hindurchsehen. Nicht sehr deutlich, aber doch genug, um Formen und Umrisse zu erkennen. Genauso nahm ich die Dinge jetzt wahr: als wäre mein Kopf voll mit Wattebällchen, die man in graue und schwarze Farbe getaucht hatte.
    Als ich die Augen schließlich öffnete, war noch immer alles verschwommen. Doch das waren keinesfalls die Nachwirkungen eines Anfalls. Sofort wusste ich, wo ich war. Auf einer Seite erhob sich über mir das Eisengerüst des Turms, auf der anderen Seite waren die niedrigen Mauern des Bunkers.
    Ich lag auf dem Rücken und merkte, wie mir Blut aus einer Wunde an der Schläfe lief. Mit Mühe hob ich den Kopf; er schmerzte fürchterlich. Als ich versuchte mich aufzurichten, stellte ich fest, dass meine Arme und Beine mit schweren Ketten gefesselt waren. Die Ketten waren mit vier langen Eisenpfählen, so dick wie Baseballschläger, im Schotter befestigt.
    Jemand erschien in meinem Sichtfeld.
    Das lavendelfarbene Leuchten des Vampirs waberte um seinen Körper wie Nebel um eine lebende Statue. Sein Gesichtsausdruck wirkte fast traurig.
    »Ich muss zugeben, dass ich enttäuscht bin«, begann Moreau. »Du wirst nie eine guerrière werden. Du hast kein Ehrgefühl.« Er deutete auf den Turm. »Ich habe sie dir überlassen, diese vier perdus . Sie waren für dich, um … aber es ist dir nicht gelungen, sie in einer ehrbaren Weise aus dieser Welt zu befördern.«
    Ich begann wild zu zucken und mich zu winden. Ich riss an den Pfählen, doch meine Arme waren so weit ausgestreckt wie die des Mannes in dem Kreis von Leonardo da Vinci. So stark ich auch sein mochte, die Hebelkraft reichte nicht, um sie herauszuziehen.
    Ich hatte versagt. Versagt. War tot, erledigt, am Ende. Und Sagan mit mir.
    Ich wünschte, ich hätte genug Speichel im Mund, um die Trockenheit, die ich in mir spürte, auszuspucken. Ob ich sprechen konnte, wusste ich nicht. Ich fürchtete, im nächsten Moment hyperventilieren zu müssen. Hektisch suchte ich mit den Augen die Lichtung ab. Es war vorbei. Alles war vorbei.
    Nein. Denk nach, Emma.
    Ich zwang mich, dem Vampir in sein langes Gesicht zu schauen, mich so gut wie möglich darauf zu konzentrieren. Mehrmals holte ich tief Luft, um ruhiger zu werden.
    »Wo ist er?«, fragte ich und sprach leise, damit er die Furcht in meiner Stimme nicht hörte. »Sag mir, was du mit ihm gemacht hast. Was hast du …«
    Moreau ließ etwas Schweres, Metallenes auf meinen Bauch fallen.
    Sagans Laptop.
    Es

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