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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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mir, dass ihr mich gehen lasst, wenn ich es möchte?«
    Lena lächelte herzlich. »Ja, mein Wort hast du, aber ich überlasse es ihnen. Anton?«
    »Klar, ich würde gern noch mit ihr reden.«
    Donne schüttelte den Kopf. »Ich will kein Risiko eingehen. Aber ihr beide habt ja bereits beschlossen ihr zu vertrauen. Wie immer bin ich überstimmt. Soll sie bleiben.«
    »Danke, das ist aber sehr gnädig von dir.« Die sarkastische Bemerkung konnte ich mir nicht verkneifen.
    Wortlos sah Lena die jüngere Vampirin an.
    »Es tut … tut mir leid«, stammelte Donne. »Aber wir müssen vorsichtig sein, wenn wir dieses Revier nicht verlieren wollen.«
    Gern hätte ich sie gehasst, doch letzten Endes war mir Donne nicht unähnlich. »Eh, ich mag deinen Namen«, sagte ich und zwang mich sie anzulächeln. »Woher hast du den?«
    »Von meiner Mutter«, antwortete Donne. »Sie war … wie würdest du es formulieren … du bist so frisch … ein Fan. Meine Mutter war ein großer Fan des Lyrikers John Donne.«
    »Ah, der von Das verlorene Paradies? «, fragte ich.
    »Das ist Milton«, verbesserte mich Donne. »Donne ist der Typ, von dem der Satz ›Kein Mensch ist eine Insel …‹ stammt.«
    »Ach ja, stimmt«, antwortete ich ein wenig verlegen.
    »Du hast uns noch immer nicht gesagt, wie du heißt«, mischte sich Anton ein. Fast alles, was er sagte, klang wie eine Frage.
    »Ich weiß nicht …«, zögerte ich.
    »Wir haben dir unsere Namen auch gesagt.«
    »Gut. Ich heiße Emma.«
    »Wie alt bist du, Emma?«, wollte Lena jetzt wissen.
    »Siebzehn.«
    Lena zupfte sich an der Lippe. »Als ich in deinem Alter war, schrieb man … lass mich nachdenken … das Jahr 1859.«
    »Unglaublich.« Allein bei dem Gedanken wurde mir schwindelig.
    Lenas Lachen war hoch und melodisch. »Na ja, ich bin noch nicht einmal zweihundert.«
    Anton ergriff wieder das Wort: »Donne und ich stammen zumindest aus demselben Jahrhundert, wir sind nur ungefähr zwanzig Jahre auseinander«, sagte Anton. »Mein letztes Menschenalter hatte ich … 1918. Donne 1938. Sie ist die Jüngste. Was wir ihr immer wieder in Erinnerung rufen.« Er lachte und stieß Donne mit dem Ellbogen an. Sie runzelte die Stirn.
    Plötzlich drängte sich mir der Eindruck auf, dass sie ein Paar waren.
    »Kann ich … kann ich euch einige Fragen stellen?«, fragte ich und fühlte mich ein bisschen wohler in meiner Haut als zuvor. »Ich habe versucht, darüber zu lesen … in Büchern und im Internet.«
    »Was willst du wissen?«, fragte Anton.
    »Das meiste von dem, was ich gelesen habe, scheint nicht der Wirklichkeit zu entsprechen. Viele Leute spekulieren wild herum und wissen gar nicht, worüber sie reden. Ich weiß zum Beispiel, dass wir in Spiegeln nicht verschwinden. Ich habe mich selbst gesehen.«
    »Wir sind physische Wesen«, sagte Anton. »Also ist es logisch. Und etwas Physisches reflektiert Licht, sonst würde man uns nicht sehen können. Hab ich Recht?«
    »Es gibt noch so viele andere Dinge. So viele Widersprüche. Für mich ist das alles so neu und ich hatte niemanden … niemanden, der mir etwas darüber erzählen konnte.«
    Sie tauschten Blicke, sagten aber nicht, was sie dachten.
    »Was würdest du sonst noch gern wissen?«, fragte Lena schließlich. »Wir werden unser Bestes tun.«
    »Ähm. Leben wir wirklich … für immer?«
    »Das wäre mal etwas Neues«, antwortete Anton. »Natürlich nicht. Wir sind, wie gesagt, physische Wesen. Irgendwann geht es auch mit uns zu Ende.«
    »Vampire sterben also an Altersschwäche?«
    Lena drehte sich zu Anton um. »Hast du das je erlebt oder davon gehört?«, fragte sie. »Dass ein Vampir aus Altersschwäche stirbt?«
    »Nein«, gestand Anton. »Das stimmt, aber logischerweise …«
    »Wir wissen es nicht«, sprang Donne den beiden anderen zur Seite. »Das ist es, was sie dir zu sagen versuchen. Seit Generationen stellen wir uns selbst diese Frage. Offenbar altern wir nicht. Und wenn doch, dann nur sehr, sehr langsam.«
    »Wir sind hoffnungsvoll«, ergänzte Lena.
    »Hoffnungsvoll, dass ihr ewig leben werdet?«, hakte ich nach.
    Sie schüttelte den Kopf. »Hoffnungsvoll, dass wir lange genug leben werden.«

14
    Blutjagd
    »Lange genug leben wofür?«, fragte ich.
    »Um l’éruption du soleil zu erleben«, antwortete Lena.
    Alle drei schienen gleichzeitig von einem Schaudern ergriffen zu werden, als steckten sie in ein und demselben Körper. Sie zitterten wie ein Gewässer, über das eine Brise weht, bis sich die

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