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Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Titel: Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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sich abrupt aufrichtet und seinen Namen ruft. Pål Fredrik bleibt stehen. Sie macht einen Schritt auf ihn zu und sieht den verwunderten Ausdruck in seinen Augen, der sich verändern wird, wenn sie anfängt zu erzählen.
    Wieder klingelt es an der Tür, aber Trine nimmt den Blick nicht von ihm.
    »Willst du nicht aufmachen?«, fragt er zögernd.
    »Nein«, antwortet sie leise.
    Er blickt zur Haustür. »Willst du, dass ich aufmache?«
    Trine schüttelt nur den Kopf. Sie merkt, wie sich ihr Hals zusammenschnürt. »Ich muss dich um einen Gefallen bitten«, flüstert sie und bleibt vor ihm stehen.
    »Okay …«, sagt er zögernd. »Worum geht’s?«
    Worte, Sätze – Luft – stocken auf dem Weg über Trines Lippen.
    »Worum geht’s?«, wiederholt er.
    Sie atmet tief durch.
    »Lies nicht, was heute über mich in der Zeitung steht.«

    Trine wartet, bis sie das Wasser in der Dusche laufen hört, ehe sie wieder in ihr Arbeitszimmer geht, die Tür hinter sich schließt und eine Kurzwahltaste auf ihrem Handy drückt. »Jetzt antworte schon, Harald«, murmelt sie, während sie im Zimmer auf und ab geht.
    Harald Ullevik ist in den knapp drei Jahren, seitdem Trine Justizministerin ist, ihre wichtigste Stütze gewesen. Ein kluger und intelligenter Taktiker. Warmherzig und ehrlich. Die Reden, die er für sie schreibt, sind scharfsinnig und mit Argumenten gesättigt, für die sie stolz die Lorbeeren einheimst. Wie oft hat er sie mit seinem Elefantengedächtnis schon aus unangenehmen Situationen gerettet. Im Grunde genommen ist er gleichermaßen ihr persönlicher Berater und ihr Staatssekretär. Wenn jemand ihr aus dieser Patsche helfen kann, dann er.
    »Hallo, Trine.« Seine Stimme ist wie immer wach.
    »Hast du heute schon VG gelesen?«, fragt sie ohne Vorrede.
    »Nein«, sagt er nach einer Sekunde. »Aber sie haben mich gerade angerufen und mir eine kurze Zusammenfassung gegeben. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich zum Teufel scheren. Es gibt gewisse Grenzen.«
    Trine fuchtelt mit der freien Hand durch die Luft. »Halb Presse-Norwegen steht vor meiner Tür, Harald! Ich weiß nicht, was ich tun soll!«
    »Bleib jetzt ganz ruhig. Wir finden eine Lösung.« Seine Stimme, unerschütterlich wie ein Fels, versichert ihr, dass alles sich in Wohlgefallen auflösen wird.
    Sie kann es im Moment nicht ganz glauben.
    »Sie werden dich mit Fragen bombardieren, sobald du aus der Tür trittst. Lass dich um Himmels willen auf keine Diskussion mit ihnen ein! Sag keinen Ton, solange wir uns das nicht zusammen angeschaut und uns geeinigt haben, wie wir vorgehen wollen.«
    Trine seufzt tief und denkt an Pål Fredrik. Ob das Duschwasser den Schock und den Unglauben wegspülen kann, den sie in seinen Augen gesehen hat? Als sie einen Schritt näher an ihn herangetreten ist, um ihm zu versichern, dass die Vorwürfe nicht wahr sind, hat er sich einfach weggedreht.
    »Wir finden einen Weg«, wiederholt Ullevik. »Jetzt komm erst mal ins Ministerium, dann sehen wir weiter.«
    Trine bleibt stehen und lauscht dem Echo seiner Stimme, ehe sie ein Okay herauspresst und auflegt. Als es still wird, merkt sie, dass ihre Beine unter ihr einzuknicken drohen. Sie reißt sich zusammen, schluckt den dicken Kloß hinunter, der sich in ihrem Hals festgesetzt hat, zieht den Stecker vom Laptop, packt ihn in die Tasche und geht auf den Flur. Vor dem Spiegel bleibt sie stehen, streicht eine Falte in der Jacke glatt und kontrolliert Gesicht, Frisur, Augen. Sie ist ein bisschen zu stark geschminkt und würde am liebsten den Lippenstift wieder abwischen, den sie zuvor aufgelegt hat, aber sie will es einfach nur hinter sich bringen und nicht darauf warten, dass Pål Fredrik aus dem Bad kommt und sie ängstlich-verstört ansieht.
    Sie wirft einen raschen Blick auf ihre Schuhe. Keine Flecken. Dann atmet sie noch mal tief durch. Los, Maske aufsetzen, denkt sie. Und keinen verdammten Ton sagen.
    10
    Der Tag ist kaum mehr als ein blasser Streifen über den Dächern Oslos, als Henning auf dem Sofa erwacht, das Gesicht tief in eines der Kissen gedrückt.
    Es ist später geworden als geplant, aber er hat keinen Kaffee gebraucht, um sich wach zu halten. Der Beitrag, den er für die Acht-Uhr-Nachrichten fertig gemacht hat, hat sich mehr oder weniger von allein geschrieben. Er hat sich damit begnügt zu erwähnen, dass das Opfer misshandelt und ermordet wurde, so etwas zieht immer. Die grotesken Details will er, wie mit Bjarne Brogeland abgestimmt, noch zurückhalten, falls er

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