Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)
Behauptung falsch ist.«
Wenn das der Fall ist, äfft Trine ihn stumm nach und mustert dabei den kahlköpfigen Mann. Sie weiß genau, was dieser Giftpilz eines politischen Beraters, der ihr aufgedrückt worden ist, als sie vor drei Jahren zur Ministerin ernannt wurde, in Wahrheit denkt. Damals war sie so überwältigt von ihrer neuen Position, dass sie alles abgenickt hat, was die Partei wollte. Zum Beispiel einen politischen Berater einzustellen, den sie nicht sonderlich gut kannte, der aber regionalpolitisch hervorragend in die Patience passte, die nach der Wahl gelegt werden sollte.
»Ich werde mich hüten, in diesem journalistischen Komplott Öl ins Feuer zu gießen, indem ich öffentlich irgendetwas kommentiere«, sagt sie und tippt wieder mit dem Zeigefinger auf den Stapel.
»Aber das wirst du tun müssen«, kontert Katarina Hatlem. »Das Geschrei der Medien wird so lange weitergehen, bis sie irgendetwas vorgesetzt bekommen, und du wirst nirgendwo mehr auftauchen können, ohne dass es thematisiert wird.«
»Ich werde mit dem Sekretariat des Ministerpräsidenten sprechen und zusehen, dass sie möglichst schon Mittwoch einen Termin für dich machen«, wirft Ullevik dazwischen.
»Das wäre gut«, sagt Hatlem und nickt. »Genauso gut wie so schnell wie möglich eine Pressemitteilung …«
»Nein«, fällt Trine ihr ins Wort und ballt die Fäuste so fest, dass ihre Knöchel ganz weiß werden.
»Wieso nein?«
»Wir werden keine verdammte Pressemitteilung rausschicken. Wenn ich diese Behauptungen dementiere, haben sie schon gewonnen. Ich werde einer Sache beschuldigt, die ich nicht getan habe, und ich kann nichts gegen diese Art von Anklage unternehmen, solange ich nicht weiß, von wem sie kommt. Und es liegt keine Anzeige bei der Polizei vor.«
» Noch nicht.«
»Was willst du damit sagen?« Trine fährt herum und bedenkt ihren politischen Berater mit einem scharfen Blick.
»Ich will damit nur sagen, dass sich das schnell ändern kann.«
Trine schnauft. »Das ist doch alles Scheiße «, ruft sie. »Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt! Aber das werde ich herausfinden.«
Harald Ullevik räuspert sich. »Gehen wir das Ganze noch einmal Schritt für Schritt durch«, sagt er ruhig. »Es soll also letzten Herbst beim Parteitag in Kristiansand passiert sein. Jeder, der schon mal bei einem Parteitag dabei war, weiß, dass es dort heiß hergeht, auf allen Ebenen.«
»Willst du behaupten …«
»Nein, Trine, nein, ich behaupte gar nichts, aber ich weiß, was die Leute denken werden. Darum frage ich dich: Was ist dir von diesem Tag noch in Erinnerung?«
Trine atmet laut und vernehmbar aus. Sie war schon auf so vielen Parteitagen, dass die Bilder und Erinnerungsfetzen ineinanderfließen. »Nichts Konkretes. Aber ich weiß ganz sicher, was ich nicht getan habe.«
Es wird still um den Tisch. Die Ministerialdirektorin nimmt einen Schluck Kaffee und wirft Henriksen auf der gegenüberliegenden Seite des Tischs einen raschen Blick zu. Sie zweifelt, denkt Trine. Sie zweifelt an mir.
»Okay, ich habe einen Vorschlag«, sagt Katarina Hatlem schließlich. »Wir werden inhaltlich nicht auf die Vorwürfe eingehen. Wir werden eine Anfrage nach der anderen mit der immer gleichen Formulierung beantworten: dass du dich nicht herablässt, dich zu einem derartigen Vorwurf einer anonymen Quelle zu äußern und dass du keine Zeit für so etwas hast, bla, bla, bla. Sollte das die Angriffe gegen dich noch nicht entschärfen, suchen wir uns ein, zwei Journalisten, von denen wir wissen, dass sie uns wohlgesinnt sind, und lancieren mehr Details.«
»Es gibt aber nicht mehr zu sagen«, bemerkt Trine. »Ich habe nichts dergleichen getan.«
»Schon klar, aber in diesem Zusammenhang könnten wir auf das Engagement des Ministeriums in den letzten Jahren gegen sexuelle Übergriffe und häusliche Gewalt hinweisen. Es gibt sicher irgendwelche Zahlen, die etwas darüber aussagen, wie vehement wir ebendieses Thema vorangetrieben haben.«
Trine nickt.
»Sofern die Vorwürfe nicht konkreter werden als jetzt, kann es nicht schaden, die Fahne der Moral ein wenig hochzuhalten«, fährt Hatlem fort.
»Zurück zum Parteitag im letzten Jahr«, sagt Truls Ove Henriksen. »Ist der angeblich Betroffene jemand aus unserer Jugendorganisation AUF ?«
Trine zuckt mit den Schultern. »Das werden die meisten schlussfolgern, ja. Aber ich habe keine Ahnung, wo VG das herhat. Ich bin jetzt seit vier Jahren mit Pål Fredrik verheiratet und niemals untreu
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