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Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Titel: Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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als Drohung deuten. Kjær hatte wahrscheinlich Probleme. Ein Polizist hat häufig Feinde.
    Henning hat vergessen, die Kinder zu fragen, wann das passiert ist, aber das wird er nachholen.
    Am Alexander Kiellands plass steigt er aus und geht die letzten paar hundert Meter durch die Sannergata. Statt nach Hause geht er hinüber ins Dælenenga-Stadion und blickt über das Spielfeld, bis es auch im Westen dunkel ist. Es ist keine Wolke am Himmel, aber er spürt, wie geladen die Luft ist, als warte der Wasserhahn nur darauf, aufgedreht zu werden.
    Zu Hause setzt er sich an den Computer und versucht, 6tiermes7 zu erreichen, bekommt aber auch dieses Mal keinen Kontakt. Er macht sich sein Abendessen in der Mikrowelle warm. Danach läuft er satt, aber immer noch unzufrieden in seiner Wohnung auf und ab und denkt nach. Er sollte sich mal wieder ans Klavier setzen und spielen, aber er weiß ganz einfach nicht, wie er das schaffen soll.
    Schließlich bleibt er vor dem Ikea-Regal mit den CDs stehen. Bands und Solokünstler in alphabetischer Reihenfolge. Henning erinnert sich natürlich an die Melodien, weiß aber nicht, wie sie sich hier in dieser Wohnung anhören. Er kann sich nicht daran erinnern, eine einzige CD gehört zu haben, seit er vor etwa einem halben Jahr umgezogen ist, nachdem eine Wohnung mit Balkon zu seinem alten Innenhof frei wurde.
    Er nimmt den Soundtrack von Der schmale Grat heraus, schiebt ihn in den CD -Spieler und stellt den Lautstärkeregler auf 3. Er will nicht zu laut anfangen.
    Es ist seltsam, wieder Musik zu hören. Fast als verändere sich das Zimmer, als wäre mit einem Mal viel mehr Leben darin. Er kann es nicht fassen, das so lange nicht getan zu haben.
    Er setzt sich aufs Sofa, bleibt still sitzen und hört sich das erste Stück an. Danach legt er sich hin und schließt die Augen. Das zweite Stück beginnt, angenehm langsam, poetisch. Und wie schon so oft vorher denkt er, dass Der schmale Grat der beste Kriegsfilm ist, den er je gesehen hat.
    Das dritte Stück ist das beste. Da stürmen die amerikanischen Truppen im Film eine Anhöhe auf einer kleinen japanischen Insel, die sie unter ihre Kontrolle zu bringen versuchen. Die Szene beginnt still, fast statisch, doch dann übernimmt die Musik mehr und mehr. Und während die Soldaten schießen und töten und wie im Blutrausch wild durcheinanderlaufen, hört man nur noch die Musik. Kein Schuss, kein Todesschrei, nicht eine einzige Explosion. Nur Musik.
    Die reinste Magie.
    Der Augenblick wird durch das Klingeln an der Wohnungstür zerstört. Henning dreht die Stereoanlage leiser. Er geht zur Sprechanlage an der Tür, fragt, wer da ist, und hört von unten eine bekannte Stimme. »Ich bin’s, Nora.«
    Henning bleibt die Luft weg.
    »Kann ich hochkommen?«
    Henning zögert einen Moment, bevor er Ja sagt. Natürlich kann sie hochkommen.
    Durch die Gegensprechanlage hört er ihre Schritte auf dem Asphalt des Innenhofs. Das Geräusch macht ihn unruhig. An der Hinterhaustür klingelt sie erneut. Henning lässt sie ein, und eine halbe Minute später ist sie bei ihm oben in der dritten Etage. Henning erwartet sie an der Tür. Nora atmet schwer und bleibt direkt vor ihm stehen. »Hallo.«
    Sie sehen sich an, bis Henning die Tür ganz öffnet und sie hereinbittet. Im selben Moment verspürt er den unbändigen Drang aufzuräumen, bis ihm klar wird, dass es eigentlich ziemlich aufgeräumt ist. Seine Schuhe stehen an der Wand. Die Jacken hängen an der Garderobe. Er hat sogar schon den Abendbrotteller und das Glas weggeräumt und gleich gespült.
    Aus dem Wohnzimmer dringt Hans Zimmers Filmmusik, und es fühlt sich seltsam an, verdammt seltsam, Nora wieder zu Hause bei sich zu haben.
    Sie zieht sich die Schuhe aus, hängt die Jacke an die Garderobe und folgt ihm in die Küche. Henning setzt sich nicht. Er steht einfach nur da und sieht sie an. Klamm und elektrisiert. Warm und beunruhigend. Der Ausdruck in Noras Augen gefällt Henning nicht, dabei ist es genau dieser Ausdruck, den er so an ihr liebt.
    »Wie geht’s dir?«
    »Ganz gut, glaube ich«, sagt sie, noch immer ein wenig aus der Puste. Sie zieht das Ende des Satzes etwas hoch. »Viel zu tun«, fügt sie hinzu. »Besonders jetzt.«
    »Es ist immer viel zu tun«, sagt Henning.
    »Ja«, lacht sie.
    Stille. Schwer und quälend.
    »Magst du was trinken?«, fragt Henning.
    Nora macht ein nachdenkliches Gesicht. »Ja, warum nicht?«
    »Worauf hast du Lust?«
    Henning geht zum Kühlschrank, öffnet ihn und wirft

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