Verleumdung
käuflich war, wäre sie garantiert nicht billig. Umso besser.
»Ich fühle, dass du schon ganz feucht bist«, säuselte er ins Telefon und legte sich wieder gerade hin. »Du bettelst mich an weiterzumachen.«
Er fuhr fort, in allen Details zu beschreiben, was er mit ihr anstellte. Veronica am anderen Ende der Leitung klang hingebungsvoll, und er ahnte nicht, ob das nur gespielt war. Natürlich war es eine Art Schauspiel, aber er war sich nicht sicher, ob sie sich darüber selbst im Klaren war. Er hatte sie schon seit vielen Jahren im Verdacht, sich perfekt in die Rollen einzuleben, die von ihr erwartet wurden, und nicht mehr unterscheiden zu können, was echt war und was nicht.
Im Grunde kümmerte es ihn auch nicht. Sie war fünfzehn Jahre jünger als er, ein ehemaliges Model. Obwohl sie die fünfunddreißig bereits überschritten hatte, war bei ihr, abgesehen von einer kleinen Brust-OP, noch nie ein Eingriff nötig gewesen, was ihm ausgezeichnet passte. Er hasste zu viel Künstlichkeit. Sie wohnte die meiste Zeit des Jahres in ihrem gemeinsamen Haus in Nizza. Er selbst zog das Leben in New York vor, wenn er nicht gerade geschäftlich unterwegs war. Nizza war ein Ort, an dem es nicht viel anderes zu tun gab, als braungebrannte Dekolletés zu begaffen und Drinks zu schlürfen. Daran war nichts auszusetzen, aber ihm persönlich war das auf Dauer zu langweilig. Wenn es Veronica zufriedenstellte, hatte er nichts dagegen, solange sie ihm zur Verfügung stand, wenn er sie brauchte. Bisher bereute er seine Entscheidung nicht, sie sich als Ehefrau zuzulegen. Und so unternahm er ein paar Mal im Jahr einen Ausflug nach Nizza. Der kurzfristige Besuch in Kopenhagen war lediglich ein Zwischenstopp.
»Nicht so sanft, Liebling«, säuselte Veronica ins Telefon. »Härter!«
Kevin Love schlug geräuschvoll den Auktionskatalog zu. Einer seiner dänischen Kontakte hatte ihm die Kataloge besorgt, und während seines Telefonats mit Veronica hatte er ein Exemplar vor sich auf dem Boden liegen gehabt und mit der freien Hand geblättert.
»Du kennst die Regeln. Ich muss mich auch um meine Geschäfte kümmern. Gib mir mal Sonny.«
Er konnte den Atem seiner Frau am anderen Ende hören. Dann herrschte nur für einen kurzen Moment Stille. Schließlich konnte er hören, wie sie das Telefon beiseitelegte.
»Den Rest erledigen wir später«, sagte er zu der Masseuse.
Sie sah ihn überrascht an.
»Sind Sie sicher? Sie könnten sich auch umdrehen?«
Er schüttelte den Kopf, versorgte sie mit reichlich Trinkgeld und wiederholte, dass sie nun gehen könne. Während sie die Tür hinter sich schloss, nahm er einen neuen Auktionskatalog aus dem Stapel. Er begann darin zu blättern, kam aber nur bis zur Seite mit den Antiquitäten und Sammlerobjekten, dann hatte er auch schon den Leibwächter in der Leitung.
»Bist du jetzt in Kopenhagen?«, fragte Sonny. »Ich dachte, die Lage wäre unter Kontrolle?«
»Ist sie auch. Sie haben Khalid tot aufgefunden. Sieht so aus, als hätte man ihn schon damals vor eineinhalb Jahren aus dem Weg geräumt. Die Leiche wurde jedoch erst jetzt gefunden. Kann sein, dass er es nicht besser verdient hat, aber sie hätten mich sofort darüber informieren müssen. So lauten die Regeln. Es besteht jedenfalls kein Zweifel daran, wer dahintersteckt. Ich habe dem Dänen seinerzeit eine Chance gegeben, die er offenbar nie hätte kriegen dürfen. Jetzt bleibe ich hier und wickle das Geschäft ganz ab, sobald mich die Nachricht erreicht, dass unsere kleine Freundin ihren Job erledigt hat.«
Es entstand eine kurze Pause. Dann fragte Sonny: »Gibt es etwas, was ich tun kann?«
»Du behältst Veronica im Auge, bis ich komme. Ich habe das Gefühl, sie hat etwas mit einem dieser braungebrannten Gigolos am Laufen, mit denen sie sich umgibt.«
»Soll ich Fotos machen?«
»Glaubst du, ich bin pervers? Es genügt, wenn du ihr einen Zeh abschneidest, sobald du merkst, dass sie sich auf Abwegen befindet.«
*
Im Schatten der Kolonnaden ließ es sich aushalten, doch kaum war Linnea nach draußen getreten, wurde sie fast von der Hitze erschlagen. Ihr stand der Schweiß auf der Stirn, aber sie ignorierte das und eilte am Pförtner vom Politigården vorbei auf den Polititorv. Für einen kurzen Moment überlegte sie, nach Hause zu gehen. Von hier aus konnte es zu Fuß höchstens zehn Minuten dauern. Dann beschloss sie, stattdessen einen Spaziergang zum Hafen zu machen. Sie konnte kaum atmen und sehnte sich nach einer kühlen Brise.
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