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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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du das nicht weißt?«
    »Ehevermittlungsinstitut ›forever‹«, antwortete Maribel wahrheitsgemäß.
    Der Topf, den die Köchin mit einem weichen Tuch blank polierte, fiel laut scheppernd zu Boden.
    »Dafür gehörst du geprügelt! Weißt du denn nicht, dass es verboten ist, die Sprache der Engländer zu benutzen? Die geheime Polizei kann überall sein.« Die Narbe auf der Stirn des Meisterknechtes trat rot hervor. Zornig funkelte er Maribel an.
    »Entschuldigung. Ich bin neu hier. Was ist so schlimm daran, Englisch zu sprechen?«
    Der Knecht und die Köchin sahen sich vielsagend an. Der Mann nahm seine Mütze von einem Haken an der Wand und setzte sie auf. »Besser, ich frage den Herrn nach dir«, sagte er knapp, als würde er damit alles erklären. Er ging hinaus.
    Maribel schluckte schwer. Der erste Mann, der ihr auf dem Hof begegnete, war nicht gerade ein Ausbund an Charme und Höflichkeit. Die hässliche Narbe auf seiner Stirn wirkte auf den ersten Blick auch nicht sonderlich anziehend. War es möglich, dass Boris sich ausgerechnet diese Verkleidung ausgesucht hatte, um sich dahinter zu verbergen?
    Hilflos blickte sie hinüber zur Köchin, die sich nach Kräften bemühte, sie zu ignorieren. Eifrig bearbeitete sie die verkrustete Emaille des Herdes mit einem Scheuerschwamm. Noch immer wartete auf dem Tisch ein Teller mit Butterbroten darauf, abgeräumt zu werden. Einen winzigen Augenblick lang zögerte Maribel noch. Dann siegte ihr Selbsterhaltungstrieb. Mit einer schnellen Handbewegung schnappte sie sich eins der Brote und stopfte es sich in den Mund. Ganz. Zwei weitere klappte sie mit den bestrichenen Seiten zusammen und versteckte sie in ihrer Schürzentasche.
    Im selben Moment wandte die Köchin sich vom Herd ab, um den Teller mit den restlichen Broten vom Tisch abzuräumen. Wie alle anderen vom Gesinde trug auch sie Holzschuhe, aber sie bewegte sich darin weit graziöser als Maribel. Nur eine verstärkte Aufwärtsdrehung der linken Hüfte deutete auf ein Hüftleiden hin.
    Maribel wandte sich ab, um unauffällig zu Ende zu kauen. Sie rechnete es der Köchin hoch an, dass sie tat, als habe sie Maribels Eigenmächtigkeit nicht bemerkt. Mit gleichmütigem Gesichtsausdruck fegte sie ein paar Krümel vom Tisch.
    »Danke«, brachte Maribel endlich heraus.
    »Sag Grete zu mir. Besser, du tust, was Michel dir aufträgt, wenn du keinen Ärger bekommen willst.«
    »Michel ist der Mann mit der Narbe?«
    Überrascht unterbrach Grete nun doch ihre Arbeit. »Hast du nicht bemerkt, dass er an der Querseite des Tisches sitzt? Michel ist unser Meisterknecht. Selbst der Herr hat vor ihm Respekt. Keiner kennt sich besser aus auf dem Hof. Sein Wort gilt.« Misstrauisch betrachtete sie Maribel. »Viel Ahnung scheinst du ja nicht vom Landleben zu haben.«
    »Ich habe null Ahnung», bestätigte Maribel. »Ich bin in der Großstadt aufgewachsen, dazu noch in einer ganz anderen Zeit …«
    Sie stockte mitten im Satz, als sie Gretes ungläubigen Gesichtsausdruck bemerkte. Wie wollte sie ihr erklären, dass ihr Chef oder Herr, wie Grete sagt, Maribel über eine Zeitschwelle zurück ins neunzehnte Jahrhundert befördert hatte? In den Ohren der Frau musste es verrückt klingen.
    »Soso, in einer anderen Zeit. Der Herr hat uns ja schon so allerlei Leut auf den Hof angeschleppt, aber jemanden wie dich noch nicht. Michel wird mit dem Herrn klären, was deine Arbeit ist. Bis dahin hilfst du mir beim Kartoffelschälen.«
    Maribel schluckte beim Anblick des Bottichs, der bis obenhin mit Kartoffeln gefüllt war. Nach Maribels grober Einschätzung reichte die Menge gut für dreißig Mann. Zwei Minuten später hockte sie breitbeinig auf einem hölzernen Schemel und schälte unter der strengen Aufsicht von Grete Kartoffeln – nicht zu dick in der Schale, die Augen und Keime sauber rausgeschnitten.
    Sie hatte noch nicht einmal die Hälfte ihrer Arbeit bewältigt, als Lisette erschien, um sie abzulösen. »Du sollst dich drüben im Haupthaus melden. Der Hausherr wünscht dich zu sehen.«
    »Kommt nicht alle Tage vor, dass einer vom Gesinde zum Herrn bestellt wird«, sagte Grete. Nur Michel, der Meisterknecht, und Grete, die Köchin, verfügten ansonsten über dieses Privileg.
    »Schnell, beeil dich. Man lässt den Herrn nicht warten«, drängte Grete, als Maribel keine Anstalten machte, sich zu erheben.
    »Erst schäle ich diese Kartoffeln hier fertig.« Die ewige Drängelei ging Maribel langsam auf die Nerven. Doch im nächsten Augenblick

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