Verlieb dich - Roman
indem ich dafür umso besser zuhöre. Aber wahrscheinlich musstest du ziemlich oft zwischen den Zeilen lesen.«
Sie nickte. »Richtig. Soll das heißen, dass ich dich falsch verstanden habe?«
»Wenn du durch mein Verhalten zu dem Schluss gekommen bist, dass es etwas Schlimmes ist, sich zu verlieben oder sich auf jemanden einzulassen, dann habe ich es ziemlich vermasselt.«
Sara schüttelte den Kopf. »Unsinn, Dad. Es lag nicht nur an dir. Es gibt in unserer Familie niemanden, der nicht geschieden ist …« Sie hob die Hand, damit er sie nicht unterbrach. »… ja, ja, abgesehen von Reni. Trotzdem, eine von wer weiß wie vielen Ehen ist wohl kaum ein Grund, an den Bund fürs Leben oder an Beziehungen im Allgemeinen zu glauben.«
Er streckte die Hand aus und hob ihr Kinn an.
»Habe ich dir nicht beigebracht, dass harte Arbeit sich auszahlt?«
»Doch.«
»Also dann: Eine Ehe oder Beziehung erfordert nun mal Arbeit. Ich war durchaus bereit, diese Arbeit zu tun, aber deine Mutter nicht. Ende der Debatte.« Er ließ die Hand sinken und wandte den Blick ab.
»Und das gilt auch heute noch, und zwar für jedes Paar auf der ganzen Welt.«
Sara kniff die Augen zusammen. Nicht zu fassen, dass sie ihren Vater so viele Jahre missverstanden hatte. »Aber würdest du nicht auch sagen, dass es doppelt
so schwer ist, eine funktionierende Beziehung zu führen, wenn ein Partner Polizist ist?«
»Ja, und?«
»Wenn beide Polizisten sind, macht es das doch nahezu unmöglich.« Damit hatte sie ausgesprochen, was in ihren Augen stets auf der Hand gelegen hatte.
Er legte ihr mit einem liebevollen Blick eine Hand auf die Schulter. »Nichts ist unmöglich. Nicht, wenn deine Beziehung mit diesem Mann die Mühe wert ist.«
Ihr Vater erhob sich, ging zu einem großen Wandschrank und begann, in einer Schublade zu kramen. Schließlich hatte er gefunden, was er gesucht hatte.
»Was ist das?«, fragte Sara.
Er ging zu ihr und setzte sich neben sie. »Das ist ein Foto. Hier.«
Sie betrachtete das gerahmte Foto, das er ihr hinhielt. Sie hatte es noch nie zuvor gesehen. Es zeigte ihre Familie: ihren Vater, ihre Mutter und sie als Kind. Alle drei lachten sie glücklich in die Kamera.
Sara konnte sich weder an das Bild noch an die abgebildete Situation erinnern. »Das kenne ich ja gar nicht!«
»Auch mein Fehler. Der Anblick war einfach zu schmerzlich, deshalb habe ich es in irgendeine entfernte Ecke verbannt, so wie meine Gefühle«, gab er zu.
Sie versuchte den schmerzhaften Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken, der immer größer wurde. »Warum zeigst du mir das jetzt?«
Er ließ seinen weisen Blick auf ihr ruhen. »Was ich dir damit sagen will, ist, dass ich die glücklichen Jahre
mit dir und deiner Mutter um nichts in der Welt missen möchte. Und es tut mir sehr leid, dass du das erst jetzt erfährst«, sagte er mit rauer Stimme.
Sara war sprachlos. »Ich liebe dich, Dad«, würgte sie hervor, und dann schlang sie die Arme um ihren Vater, der ihr alles bedeutete, und drückte ihn kräftig an sich.
Nach einer Weile löste er sich schließlich von ihr und räusperte sich. »Ich hoffe, dass du heute eine wichtige Lektion gelernt hast.«
Das verräterische Glänzen in seinen Augen entging ihr nicht, und auch ihr selbst lief eine einzelne Träne über die Wange. Sie erhob sich, wandte sich ab und wischte sie fort.
Einige Tage später hatte Sara wegen ihres Knies einen Termin bei einem Orthopäden. Sie war gerade in ihre Wohnung zurückgekehrt, da klingelte das Telefon. Hastig schnappte sie sich den Hörer, gerade noch rechtzeitig, bevor sich der Anrufbeantworter einschaltete. »Hallo?«, fragte sie etwas außer Atem.
»Sara? Hier spricht Angel. Rufe ich ungelegen an?«
»Nein, überhaupt nicht«, schwindelte Sara. Sie klemmte sich das Telefon zwischen Kinn und Schulter, schloss die Tür ab und deponierte ihre Handtasche und den Schlüsselbund auf dem Beistelltisch im Flur.
Dann machte sie es sich zum Telefonieren in ihrem Lehnsessel gemütlich.
»Was ist los?«, erkundigte sie sich, erfreut über Angels Anruf.
»Es gibt Neuigkeiten, die ich dir persönlich erzählen wollte«, sagte Angel. »Ich hatte bei dir von Anfang an das Gefühl, dass wir auf einer Wellenlänge sind und dass du mich verstehst …« Angel brach ab, als wäre es ihr unangenehm, das zuzugeben.
»Geht mir genauso. Ich habe auch schon ein paarmal an dich gedacht.« An alle in Hidden Falls, dachte Sara.
Auch an Rafe.
Vor allem an Rafe.
Sara holte
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