Verlieb dich - Roman
Schuss.
Die Angst schnürte Sara den Brustkorb zusammen. Von welcher Waffe war der Schuss abgefeuert worden?
Hatte die Kugel jemanden getroffen, und wenn ja, wen?
Rafe hatte Saras Gedanken gelesen und genau vorhergesehen, was sie tun würde. Als sie »Runter!« gebrüllt hatte, war er bereits auf den Befehl gefasst gewesen, hatte sich sofort auf den Boden fallen lassen und sich aus der Schusslinie gewälzt, so dass der Schuss sein Ziel verfehlte. Dann war er behände wieder aufgesprungen.
Joy hielt immer noch die Waffe, aber Sara hatte in dem nun folgenden Gerangel die Oberhand und versuchte verzweifelt, sie ihr zu entwinden. Rafe stellte rasch einen Fuß auf Joys Arm, so dass ihr die Pistole aus der Hand fiel, und Sara kroch auf allen vieren darauf zu, packte die Waffe und rappelte sich auf.
Als mehrere Streifenwagen mit quietschenden Reifen auf der Lichtung hielten, war bereits alles vorüber. Es dauerte gute vierzig Minuten, bis sich die Beamten, die Rafe zur Verstärkung gerufen hatte, Klarheit verschafft und Joy in Gewahrsam genommen hatten.
Bis Rafe und Sara endlich eine Minute für sich hatten, verging über eine Stunde.
Sein einziger Gedanke hatte Saras Überleben gegolten, seit er ihr Auto am Straßenrand gefunden hatte bis hin zu dem Augenblick, als sie Joys Waffe an sich genommen hatte. Nun, da sie endlich in Sicherheit war, fiel ihm die Abmachung ein, die er mit seinem Bruder getroffen hatte – dass sie beide versuchen würden, ihre Frauen zurückzugewinnen. Doch plötzlich hatte Rafe nichts mehr zu sagen. Er hatte sich Sara vollkommen
geöffnet. Dass sie ihn einfach verlassen hatte, war für ihn wie ein Schlag ins Gesicht gewesen.
Als er schließlich doch Worte fand, war er weder dankbar für die Tatsache, dass sie in Sicherheit war, noch lobte er sie dafür, wie geschickt sie Joy überwältigt hatte.
»Ich weiß nicht, was ich noch alles tun soll!«, brach es stattdessen wütend aus ihm heraus.
Sara blinzelte überrascht, hatte sich aber rasch wieder gefangen. »Es tut mir leid.«
Doch er ließ sich nicht so schnell besänftigen. Er war gekränkt und fühlte sich betrogen. »Was tut dir leid – dass du mir nicht zugetraut hast, dass ich dich sicher nach Hause bringen würde? Oder dass du partout nicht an mich glauben willst und deshalb lieber die Fliege gemacht hast? Oder warte – vielleicht, dass du mich in Anbetracht alldessen einfach nicht genug liebst?«
Sara öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. Dann holte sie tief Luft. »Aber das tue ich doch.«
»Was?«
»Ich liebe dich.« Ihre Stimme zitterte. In ihren Augen glänzten Tränen. »Ich finde es bloß so unendlich schwierig, an eine gemeinsame Zukunft zu glauben.«
Er schüttelte fassungslos den Kopf. Nur Sara brachte es zuwege, ein Liebesgeständnis so zu verpacken, dass man sich nicht darüber freuen konnte.
»Tja, dann hör mal gut zu: Das reicht mir einfach nicht. Ich habe vor dir mein Innerstes nach außen gekehrt und dir gezeigt, wie es zwischen uns sein könnte,
wenn du dich nicht ständig hinter deinem emotionalen Schutzwall verschanzen würdest – aber du stellst immer noch alles infrage.« Er streckte hilflos die Hände vor sich in die Luft. »Ich geb’s auf. Los, komm mit nach Hause. Dort wirst du dich ausschlafen, und morgen begleite ich dich nach New York.« Er drehte sich um und machte sich auf den Weg zu seinem Wagen.
»Rafe, warte!«, rief ihm Sara nach.
Er blieb stehen, drehte sich noch einmal zu ihr um, aber was auch immer sie ihm zu sagen hatte, er wollte es nicht mehr hören. »Hör zu, ich finde, wir haben genug geredet. Keine Sorge, ich werde im Arbeitszimmer schlafen. Von nun an wirst du keine zweideutigen Signale mehr von mir empfangen.« Denn es würde seine Kräfte übersteigen, neben ihr im Bett zu liegen, ohne sie zu berühren. Aber er war auch nicht bereit, ihr noch mehr zu geben, weil er wusste, dass er absolut nichts zurückbekommen würde.
Nick hatte auf dem Rückweg in die Stadt Blumen gekauft und sich dann auf den Weg zu Angel gemacht, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Doch er war gar nicht dazu gekommen, auch nur ein Wort über die Bedeutung des Bouquets zu verlieren. Seit Rafe angerufen und erzählt hatte, Sara sei spurlos verschwunden, er habe lediglich ihren Leihwagen am Straßenrand gefunden, stand der Strauß unbeachtet auf der Wohnzimmerkommode, während Nick und Angel dasaßen und mit einem bangen Gefühl auf Neuigkeiten von Sara warteten.
»Und? Gute
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