Verlieb dich - Roman
konzentrieren, was wirklich wichtig ist.«
Rafe war da anderer Meinung. »Äh, wenn du mich fragst, scheint sie sehr gut zurechtzukommen. Du dagegen machst einen bemitleidenswerten und deprimierten Eindruck.«
Nick musterte seinen Bruder aus schmalen Augen und ballte die auf dem Tisch liegenden Hände zu Fäusten. »Ich kann nicht fassen, dass du dich auf ihre Seite schlägst.«
»Ich sage nur, was Sache ist, nachdem ganz offensichtlich niemand sonst in unserer Familie gewillt ist, es zu tun. Sie sind alle viel zu sehr damit beschäftigt, Angel ständig daran zu erinnern, dass du nur auf ihr Scheitern wartest, damit sie zu dir zurückkommt.« Rafe holte tief Luft.
»Was ist wirklich dein Problem? Wenn du das nicht herausfindest, wird sich nämlich nie etwas ändern.«
Nick blieb ihm die Antwort schuldig. Er hob nur kurz die Hand, um noch ein Bier zu bestellen.
Rafe hatte seines ausgetrunken und beschloss zu gehen.
Er konnte Nick nicht helfen. Das konnte keiner außer Nick selbst.
Rafe erhob sich, kramte etwas Geld aus der Hosentasche und legte es auf den Tisch. »Wir sehen uns morgen Abend bei Mom zum Essen?«
»Ich werde da sein.«
»Kommt Angel auch?« Vielleicht würde sich für die beiden ja eine Gelegenheit zum Reden ergeben.
»Nein. Angel meint, es ist allmählich an der Zeit, dass wir uns wie geschiedene Leute verhalten. Sie kommt nur mehr zu den Sippenfeiern, bei denen ihre unmittelbare Verwandtschaft, wie ihr Vater und Tante Vi, dabei sind. Meine Familie zählt nicht mehr.« Er starrte sein leeres Glas an.
»Los, komm, ich bringe dich nach Hause«, bot Rafe an.
Nick schüttelte den Kopf. »Schon gut. Ich lasse das Auto stehen und gehe zu Fuß nach Hause. Nach dem nächsten Bier.«
Rafe zuckte die Achseln. »Bis morgen Abend.«
Sara hatte befürchtet, dass die fünfstündige Autofahrt anstrengend werden würde, auch wenn sie jede Stunde einmal Rast machte, um sich die Beine zu vertreten. Aber wie anstrengend sie wirklich sein würde, das war ihr nicht klar gewesen. Als sie in Hidden Falls ankam, hatte sie einen Krampf im Bein, und ihr Knie schmerzte. An der Autobahnabfahrt fiel ihr Blick auf eine Plakatwand, die für das Weinfestival warb, das diese Woche stattfinden sollte. Hoffentlich bekam sie trotzdem
irgendwo ein Zimmer, bis sie Rafe ausfindig gemacht und mit ihm geredet hatte.
Wie durch eine göttliche Fügung erspähte sie als Nächstes die Reklametafel einer Frühstückspension namens Angel’s Bed & Breakfast.
»Hübscher Name«, murmelte Sara. Wenn die Unterkunft hielt, was der Name versprach, konnte sie hoffentlich bald ihr Knie hochlagern.
Sie folgte den Hinweisschildern und bog schließlich in eine Kieseinfahrt, die zu einem hellblau-weiß gestrichenen Haus im viktorianischen Stil führte.
So weit, so gut.
Sara ließ ihren Koffer im Kofferraum und humpelte den Weg zur Veranda hinauf. Bis vor ein paar Stunden hatte sie schon wieder fast normal gehen können, aber jetzt, nach diesem Höllentrip, waren sämtliche Muskeln total steif.
Sie klingelte, und keine fünf Sekunden später schwang die Tür auf und eine attraktive junge Frau mit schwarzen Haaren hieß sie mit einem Lächeln willkommen. »Was kann ich für Sie tun?«
Sara begrüßte die Frau ebenfalls mit einem Lächeln und sagte: »Ich habe Ihr Schild neben der Autobahn gesehen und wollte mal fragen, ob bei Ihnen noch ein Zimmer frei ist.«
»Zwei Nächte können Sie gerne bleiben«, antwortete die Frau. »Danach ist alles voll. Dann fängt nämlich das Weinfestival an, für das wir bereits seit Monaten ausgebucht sind.«
»Zwei Nächte genügen vollauf.«
Sara hegte ohnehin die Hoffnung, dass sie bei Rafe wohnen konnte. So konnte er ihr Schutz bieten, für den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand herausfinden sollte, wo sie war. Und bis sie ihn gefunden hatte, war sie hier bei Angel ebenfalls sicher. Zumal ihr auf dem Weg aus der Stadt höchstwahrscheinlich niemand nachgefahren war. Sie war extrem vorsichtig gewesen und hatte einen langen Umweg um Manhattan gemacht. Einmal hatte sie angehalten, um noch etwas zu besorgen. Bei dieser Gelegenheit war sie sogar noch einmal ein Stück zurückgefahren, um sich zu vergewissern, dass ihr niemand folgte.
Jetzt würde sie erst einmal ihr Knie hochlagern, und bis Angel das Zimmer benötigte, wusste sie bestimmt, ob Rafe etwas dagegen hatte, wenn sie sich bei ihm einquartierte. Ansonsten musste sie sich eben nach einer Alternative umsehen.
»Okay, dann mal rein mit Ihnen.
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