Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
Veränderung. Er wurde lockerer. Er trank zu viel. Manchmal wollte er mich mit Fingerfood füttern, was er für sexy hielt, in mir jedoch Unbehagen weckte. Wir schlossen einen Getrennt-Marschieren-Pakt, vereinbarten, so viele Merkwürdigkeiten wie möglich zu sammeln und auf der Heimfahrt und später im Bett unsere Informationen auszutauschen. Auf diese Weise erlebten wir die Party zweimal – einmal aus eigener Perspektive und dann noch einmal aus der des anderen. Im Rückblick betrachtet war die Idee theoretisch gut, vor allem, wenn wir der Typ »vertrautes Paar« gewesen wären, das den anderen in- und auswendig kannte. Aber das waren wir nicht. Vielleicht war unser Pakt eine unbewusste Ausrede für uns, weil wir beide darin die Gelegenheit sahen, eine Intimität herzustellen, die in unserer Beziehung fehlte.
Jedenfalls befiel mich vor Helens Partys stets die Angst, mich zu blamieren, und diesmal noch stärker als sonst. Ich erinnerte mich an die englischen Salonromane, in denen ein Lapsus bei der Teezeremonie gesellschaftliche Ächtung und die Abschiebung ins Kloster zur Folge haben konnte. In diesem Fall hatte ich das Gefühl, dass Elliot Hull mein Leben aus den Angeln heben könnte – auf eine Weise, die meine derzeitige Konsumseligkeit, meine Bagel-Frühstück-Zufriedenheit zu zerstören drohte –, und das ängstigte mich. Noch mehr ängstigte mich allerdings, wie sehr ich mir ein Wiedersehen mit ihm wünschte.
Als wir die Wohnung betraten, blickte ich mich suchend nach Elliot um. Er war nirgends zu entdecken.
»Siehst du«, sagte Peter, der ebenfalls Ausschau gehalten hatte. »Er ist nicht da. Wahrscheinlich kommt er gar nicht. Es ist nicht so einfach, allein auf einer Party zu erscheinen. Glücklicherweise können wir uns ja kaum noch daran erinnern, wie es ist, Single zu sein.« Ein altes Scherzthema zwischen uns – wie sehr wir die Singles bemitleideten. Ein tröstlicher Gedanke.
»Ja – ich bin so froh darüber.« Aber ich war nicht froh. Ich war nervös, enttäuscht und doch immer noch angespannt.
Eine junge Frau drückte jedem von uns ein Bier in die Hand. Sie schien für diese Aufgabe engagiert worden zu sein. Peter schlenderte Richtung Balkon, wo sich Raucher drängten und Kerzen flackerten, und ich steuerte auf das Büfett zu.
Auf dem Weg begegnete ich Jason. Er hatte vor anderthalb Jahren Faith geheiratet, mit der ich seit dem College befreundet war. Sie war eine der Freundinnen gewesen, die Elliot Hull den »Grübler« genannt hatten. Gleich nach der Hochzeit war sie wunschgemäß schwanger geworden und Mutter eines inzwischen neun Monate alten Sohnes. Unsere verheirateten Freunde auf Helens Festen zu treffen war immer irgendwie peinlich. Die Dinnerpartys unserer verheirateten Freunde – einschließlich meiner eigenen mit dem flambierten Bananendessert – standen in krassem Gegensatz zu Helens, und es erschien merkwürdig, dass wir uns einer so lockeren sexuellen Atmosphäre anpassen konnten. Auf unseren Dinnerpartys versuchten wir, uns amüsant und charmant und intelligent zu präsentieren, die anderen Paare mit unserem guten Geschmack bei importierten Teppichen zu beeindrucken. Aber all das geschah unterschwellig. Es gab keine Flirts, die diese Bezeichnung verdient hätten, und so hatten die Ehepaare-Partys etwas Erstickendes – als steckten wir bis zum Kragen in den teuren Dekokissen, von denen wir alle viel zu viele besaßen.
»Hi«, sagte ich. »Wie geht’s?«
Er hatte den Mund voll und hob den Zeigefinger. Jason war ein bulliger Bursche mit zumeist verblüfftem Gesichtsausdruck. Ich warf erneut einen Blick zur Wohnungstür, um zu sehen, ob Elliot inzwischen gekommen war. War er nicht. Dafür entdeckte ich einen protzigen Spiegel, ein echtes Monster. Ich nahm an, dass er eigentlich senkrecht hängen sollte, doch Helen hatte ihn waagerecht über ihrem eleganten weißen Sofa angebracht. Peter und ich hatten kürzlich ein dunkel gestreiftes Schlafsofa gekauft. Ich fand es etwas zu maskulin, doch Peter argumentierte, es sei praktisch für Gäste und der dunkel gestreifte Bezug schmutzunempfindlich. Außerdem könnten wir es später ins Spielzimmer der Kinder stellen. Die Kinder. Wir sprachen oft von ihnen – von unseren zukünftigen Sprösslingen. »Das wird gut für die Kinder sein.« »Wir müssen eines Tages mit den Kindern hierherkommen.« »Ich möchte nicht, dass die Kinder solche Geschichten hören.« Sie waren zunehmend präsent, die Kinder, vor allem, wenn man bedachte,
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