Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
kopfschüttelnd ab. »Nein, nein, nein.«
Ich schaute über das Balkongeländer nach unten und sah ein Paar Hand in Hand über die Straße rennen, obwohl gar keine Autos unterwegs waren. »Ich habe deine Mutter kennengelernt«, erinnerte ich Elliot. »Bei der Studienabschlussfeier der Fakultät für Englisch.«
»Das weiß ich gar nicht mehr«, wunderte sich Elliot.
»Wir haben uns kurz unterhalten«, fuhr ich fort. In meinen Augen sah sie aus wie eine Frau, die Tennis spielte. Sie hatte eine klassische Nase und Elliots Brauen. Seine Eltern hatten sich scheiden lassen, als er zehn Jahre alt war. Danach hatte der Vater sich voll auf seine neue Familie konzentriert und Elliot und seine Schwester Jennifer mehr oder weniger ignoriert. Damals, mit einundzwanzig, konnte ich mir nicht erklären, warum er Elliots Mutter verlassen hatte – sie war einfach atemberaubend. Als ich mich ihr vorstellte, sagte sie: »Ach, Sie sind also Gwen Merchant«, als hätte sie von Elliot schon viel über mich gehört. Ich fühlte mich geschmeichelt, obwohl ich nicht genau wusste, ob ich es als Kompliment nehmen sollte, denn Elliot und ich hatten uns getrennt, und er traf sich wieder mit Ellen Maddox. »Sie sah aus wie eine Kennedy«, erinnerte ich mich. »Sie war eleganter als die anderen Mütter.« Es war eine Angewohnheit von mir, Mütter zu begutachten.
»Du solltest es wirklich machen, Gwen«, flüsterte Helen mir drängend zu.
Ich wollte es, und es überraschte mich, wie sehr ich es wollte. Ich wollte allein sein mit Elliot Hull. Ich wollte hören, was er seit damals erlebt hatte. Ich wollte alle intimen Details erfahren, und vielleicht wollte ich ihm auch meine offenbaren. Ich malte mir aus, dass er sich glühend in mich verliebte, obwohl ich seine Liebe nicht erwidern wollte. Ich wollte wieder das Mädchen sein, das ich damals bei der Eisbrecher-Orientierungsveranstaltung gewesen war, noch einmal damit anfangen, dass wir einander die Hand schüttelten und uns anordnungsgemäß gegenseitig Komplimente zu unseren Schuhen machten. »Oh, da ist die berühmte Gwen Merchant wieder! Sie ist zurückgekehrt!« Ich wollte sie zum Leben erwecken.
»Es passiert nicht jeden Tag, dass dir jemand das Leben rettet.« Peters Ton war aggressiver geworden. »Und er hat ein Haus am See erwähnt. Was spricht gegen einen Ausflug zu einem Haus am See?«
»Ihre Mutter wohnt an einem See?«, fragte Helen.
»Ja – aber diese Diskussion ist total verrückt. Ich hätte nicht lügen dürfen. Ich werde ihr die Wahrheit sagen und damit Schluss.«
»Ein Haus an einem See.« Helen schaute mich beschwörend an. »Gibt es da Jagdtrophäen und eine Bar im Wohnzimmer? Ein Bootshaus?« Sie wartete nicht auf die Antwort. »Du musst es machen, Gwen.«
»Du wolltest doch schon lange mal weg«, sagte Peter.
»Ich wollte mit dir weg «, stellte ich richtig. Ich hatte ihn immer wieder zu einer Wochenendreise gedrängt, doch Peter argumentierte jedes Mal, dass wir das Geld dafür lieber in unseren Haushalt investieren sollten.
»Du solltest hinfahren und dich amüsieren. Plaudere ein bisschen mit Elliots Mutter, leg dich in die Sonne, fahr mit dem Ruderboot raus.« Helen wandte sich Elliot zu. »Gibt es Ruderboote dort?«
»Eine ganze Flotte.«
»Einen Hufschmied?«
»Jawohl.«
»Und Dosenschildkröten?«
»Herdenweise wie Büffel.«
»Ich bin eine fabelhafte Ehefrau«, sagte ich, »ob real oder erfunden.«
»Ja, du bist eine fabelhafte Ehefrau«, bestätigte Peter.
»Es könnte ein Heidenspaß werden.«
Peter und Elliot sahen mich erwartungsvoll an.
Helen klatschte in die Hände, elegant und leise wie eine feine Dame in der Oper. »Ist das ein definitives Ja?«, fragte sie.
Wortlos wandte ich den dreien den Rücken zu und starrte zwischen den hellen Fensterfronten der Hochhäuser hindurch auf die Lichter im Hafen, die auf die Entfernung verschwommen wirkten. Ich wünschte mir, dass die Aktion mehr wäre als nur ein »Heidenspaß«, doch ich versuchte, meinen Wunsch zu verdrängen. Der Wind frischte auf, fuhr unter mein Kleid und blähte es, die Ansteckblüte richtete sich auf. »Also gut«, sagte ich schließlich leise. »Ich mache es.«
7
D ie Januarausgabe des National Geographic -Magazins von 1979 enthielt eine billige Schallplatte, auf der die Gesänge von Buckelwalen, einer bedrohten Spezies, zu hören waren – das Ergebnis der Arbeit eines ganzen Jahrzehnts. Mein Vater hatte in der Anfangsphase daran mitgewirkt. Er war damals Assistent gewesen
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