Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
untergebracht war. An den Türen der Zimmer hingen immer Reservierungszettel für alle möglichen vom College gesponserten Club-Treffen. Auch wir hängten einen Zettel an die Tür: Reserviert für den Club der albanischen Studentenvereinigung für sexuelle Perversionen – und liebten uns vor der Tafel. Um unsere Budengenossen nicht über Gebühr zu verärgern, verbrachten wir die Nächte abwechselnd in seinem und meinem Wohnheim. Ich kochte alle Rezepte meines Vaters und eine eigene Erfindung: Backhähnchen mit einer Panade aus zerstampften Cheerios. Wir gingen nur selten aus. Abends saßen wir meistens nebeneinander auf dem Bett und lernten, und einmal badeten wir zusammen und ließen die Wanne überlaufen, und das Wasser lief durch die Decke in das Zimmer darunter.
Es war überwältigend. Sein forschender Blick, die Art, wie er mir beim Anziehen zusah, die Songs, die er über mich schrieb – es war atemberaubend. In einem seiner Lieblingslieder über mich beschrieb er seine Liebe zu mir als Ozean. Ich war hingerissen, aber ich konnte es nicht annehmen. Jedes Mal, wenn er damit anfing, hielt ich mir die Ohren zu. Gleichzeitig saugte ich es regelrecht auf.
Sobald in jenem Frühling das Unischwimmbad eröffnet wurde, gingen wir schwimmen, obwohl das Wasser eiskalt war. Unsere Lippen wurden ganz blau. Ich war eine schrecklich schlechte Schwimmerin – und das bin ich bis heute. Er versuchte mir beizubringen, mich auf dem Rücken treiben zu lassen, gab jedoch bald auf. »Du bist zu lebhaft, um dich treiben zu lassen«, sagte er, und so blieb ich dabei, hektisch mit den Armen zu rudern, mit den Füßen auszukeilen und hin und wieder nach Luft zu schnappen. »Du meine Güte, du verausgabst dich ja völlig«, sagte er. »Entspann dich doch mal. Warum hast du solche Angst?«
Und da erzählte ich ihm, neben der Metallleiter in knapp anderthalb Meter hohem Wasser stehend und mit niemandem in der Nähe außer ein paar mutigen Brustschwimmern mit Badekappen, dass meine Mutter ertrunken war. »Vielleicht starb sie auch schon beim Aufprall auf das Wasser«, sagte ich. »Ich weiß es nicht.« In meinem Heimatort kannten alle die Geschichte, und so musste ich nie etwas erklären. Wenn jemand neu zuzog, wurde sie ihm von irgendjemandem zugeflüstert. Und als ich aufs College kam, war ich so glücklich, nicht darüber definiert zu werden, dass ich beschloss, sie keinem zu erzählen. Die wenigen Male, die das Thema Mutter zur Sprache kam, sagte ich einfach, meine Mutter sei gestorben, als ich noch klein war, und fügte hinzu: »Ich erinnere mich gar nicht an sie!« Und da ich nicht gewohnt war, die Geschichte zu erzählen, war mir auch nicht klar gewesen, wie wenig ich darüber wusste.
Elliot begann, Fragen zu stellen.
»War ein betrunkener Fahrer daran schuld?«
»Ich glaube nicht.«
»War die Brücke in der Nähe eures Hauses?«
»Nördlich davon. Ungefähr eine Autostunde entfernt. Ich habe sie nie gesehen.«
»Du weißt nicht, welche Brücke es war?«
»Nein. Was spielt das für eine Rolle?«
»Es ist nur … ich weiß nicht … ich wäre neugierig gewesen. Ich hätte sie mir ansehen wollen.«
Auch ich war damals neugierig gewesen. Aber wie hätte ich meinen Vater bitten können, mich zu der Brücke zu bringen? Es war niemand da, an den ich mich deswegen hätte wenden können, nicht wirklich, und es war auch nicht der geeignete Zeitpunkt für eine solche Bitte, also ließ ich die Idee fallen.
»War sie allein im Wagen?«, fragte Elliot.
»Ich möchte nicht darüber reden.«
»Aber du solltest darüber reden.«
Ich wollte die Leiter hinaufklettern, doch er packte mich und zog mich an sich.
»Schreib mir nicht vor, was ich tun soll.« Ich brach in Tränen aus.
»Okay«, sagte er besänftigend. »Dann einigen wir uns darauf, dass du darüber reden darfst. Du darfst darüber reden, wenn du willst, wann immer du willst.«
Daraufhin schluchzte ich noch heftiger. Ich weiß nicht, wie lange wir da standen. Es erschien mir wie Stunden. Schließlich fing ich an zu zittern, weil das Wasser so kalt war, und wir kletterten aus dem Becken. Elliot wickelte mich in das Handtuch, das wir für uns beide mitgebracht hatten.
Unsere Beziehung dauerte nur drei Wochen. Sie endete abrupt in jener Bar. Ich weiß noch, dass wir uns gestritten hatten, bevor wir ausgingen. Und dass wir in der Bar etwas tranken. Viel. Wir waren betrunken, aber das ließ ich nicht als Entschuldigung gelten. Wir stritten uns über irgendeine Nichtigkeit,
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