Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
Wageninneren stark nach Abgasen roch. Der Nebel, die Smiths und die Dämpfe verliehen dem Morgen einen surrealen Traumcharakter.
Der Hund war ein blonder Labrador, die Sorte, die einen an einen alten Sportlehrer erinnert – stämmig, aber trotzdem athletisch. Er tauchte aus dem Nichts auf. Ich stieg voll in die Eisen, doch es war zu spät. Der Hund prallte vom Kühlergrill ab und rollte den Abhang am Fahrbahnrand hinunter.
Außer mir war niemand unterwegs. Ich hielt an und schaute nach dem Tier. Seine Augen waren glasig, der Atem ging stoßweise. Das ausgefranste rote Halsband war mit silbernen Plättchen verziert. Ich hatte Hunde nie besonders gemocht, hatte auch als Kind nie einen Hund besessen, obwohl es mir vielleicht geholfen hätte, meine Einsamkeit besser zu ertragen. Doch die Vorstellung, ein Tier im Haus zu haben, das jederzeit im Wohnzimmer erscheinen konnte, war mir unsympathisch.
Da ich Angst hatte, dass er mich beißen würde, stellte ich mich ihm vor, ehe ich ihn im Nacken kraulte. Dann schob ich die Arme unter ihn. Er war schwerer als erwartet, aber ich hob ihn hoch, wobei die Plättchen wie Glöckchen klingelten, und schleppte ihn den Hang hinauf. Schweißgebadet und zittrig vor Anstrengung legte ich ihn auf den Rücksitz und breitete meinen Mantel über ihn. Dann wendete ich den Wagen und fuhr in die Richtung, aus der ich gekommen war.
Insgeheim hatte ich mir oft gewünscht, bei einem Notfall helfen zu können, eine Zeugin zu sein, die einem Opfer das Leben rettete. Ich hatte mich immer gefragt, ob damals jemand gesehen hatte, wie der Wagen meiner Mutter ins Schleudern geriet und von der Brücke in den Fluss stürzte. Vielleicht jemand, der von einer Dinnerparty nach Hause fuhr. Oder jemand, der von der Spätschicht kam. Und noch eine Frage beschäftigte mich: Warum war meine Mutter so spät mit mir unterwegs gewesen?
Die Rezeptionistin der Tierarztpraxis hatte auf einem der Plättchen am Halsband eine Telefonnummer entdeckt und eine Nachricht auf dem AB hinterlassen. Der Hund hieß Ripken – wie der Star der Orioles. Ich stellte mir Ripkens Besitzer vor – zwei alte Baseball-Fans, die irgendwann mit forschem Schritt und Baseball-Kappen auf dem Kopf hereinkommen würden. Zu meinem Kurs käme ich bereits jetzt zu spät, und so beschloss ich zu bleiben, um zu sehen, ob der Hund die Operation überstehen würde. Ich glaube, da liebte ich ihn schon. Als ich ihn auf den Rücksitz legte, hatte er mich angesehen, als wüsste er, dass ich ihm helfen wollte.
Die Operation zog sich hin, also versuchte ich, mich mit der Lektüre einer der ausliegenden Fachzeitschriften abzulenken. In die Beschreibung der synaptischen Vorgänge im menschlichen Gehirn vertieft hörte und sah ich Peter nicht kommen, bemerkte ihn erst, als ich irgendwann hochschaute – einen langbeinigen Mann in einem makellosen Hemd und gebügelter Hose, auf dessen Schoß ein Cockapoo saß.
Ich ertappte ihn dabei, wie er mich musterte, und er schaute sofort weg. Mein Blick glitt zum Empfang. Wenn ich die Rezeptionistin auf mich aufmerksam machen könnte, würde sie mir vielleicht den aktuellen Stand der Dinge mitteilen – aber die Frau telefonierte.
Plötzlich fragte Peter: »Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
»Wie bitte?«
»Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber Sie sehen aus, als hätten Sie heute schon viel durchgemacht.«
Zum ersten Mal wurde ich mir meiner äußeren Erscheinung bewusst – windzerzaust, völlig derangiert und blutverschmiert. »O ja, allerhand.«
»Wird Ihr Tier operiert?«
»Ja, der Hund wird operiert, aber er gehört mir nicht .«
»Oh.«
»Er ist mir ins Auto gelaufen. Ich warte nur noch auf die Besitzer. Theoretisch bin ich wohl die Böse.«
»Aber Sie haben den Hund hergebracht. Das ist anständig. Und Sie sind geblieben.« Es war wirklich nett von ihm, das zu sagen. Er lächelte mich an, und plötzlich hatte er ein Grübchen im Kinn.
»Zumindest habe ich in der Therapie etwas zu erzählen.« Das war mir rausgerutscht. Offenbar war ich noch immer umnebelt. Ich wusste bereits, dass der Hund irgendwie meine tote Mutter repräsentierte, was umfangreiche Gespräche nach sich ziehen würde.
»Sind Sie immer auf der Suche nach neuem Material für Ihre Therapie?«, fragte er.
»Ich versuche, die Frau zu unterhalten. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
»Ich ziehe es vor, meine Probleme unter den Teppich zu kehren«, scherzte er. »Mein Magengeschwür zu hätscheln.«
»Oh, ein
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