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Verliebt in die verrückte Welt - Betrachtungen, Gedichte, Erzählungen, Briefe

Verliebt in die verrückte Welt - Betrachtungen, Gedichte, Erzählungen, Briefe

Titel: Verliebt in die verrückte Welt - Betrachtungen, Gedichte, Erzählungen, Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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jauchzend in die Lüfte.
    Ist’s doch, als spielte meine Jugend dort
    Im süßen Rausch fremdländisch heißer Düfte
    Das alte Spiel in neuen Tänzen fort.
    Das alte Spiel! Nur daß ich jetzt abseits
    Zuschauend lehne und den süßen Reiz
    Des Taumeltranks auf kühler Lippe wäge,
    Und daß mein Geist gleichgültig Umschau hält
    Und meines Herzens heimwehrasche Schläge
    Lächelnd wie Takte eines Liedes zählt.
    1898
Einsame Nacht
    D ie ihr meine Brüder seid,
    Arme Menschen nah und ferne,
    Die ihr im Bezirk der Sterne
    Tröstung träumet eurem Leid,
    Die ihr wortelos gefaltet
    In die blaß gestirnte Nacht
    Schmale Dulderhände haltet,
    Die ihr leidet, die ihr wacht,
    Arme, irrende Gemeinde,
    Schiffer ohne Stern und Glück –
    Fremde, dennoch mir Vereinte,
    Gebt mir meinen Gruß zurück!
    August 1901
Vergiß es nicht
    E s ist kein Tag so streng und heiß,
    Des sich der Abend nicht erbarmt,
    Und den nicht gütig, lind und leis
    Die mütterliche Nacht umarmt.
    Auch du, mein Herz, getröste dich,
    So heiß dein Sehnen dich bedrängt,
    Die Nacht ist nah, die mütterlich
    In sanfte Arme dich empfängt.
    Es wird ein Bett, es wird ein Schrein
    Dem ruhelosen Wandergast
    Von fremder Hand bereitet sein,
    Darin du endlich Ruhe hast.
    Vergiß es nicht, mein wildes Herz,
    Und liebe sehnlich jede Lust
    Und liebe auch den bittren Schmerz,
    Eh du für immer ruhen mußt.
    Es ist kein Tag so streng und heiß,
    Des sich der Abend nicht erbarmt,
    Und den nicht gütig, lind und leis
    Die mütterliche Nacht umarmt.
    1908
Im Grase hingestreckt
    I m Grase hingestreckt,
    Lausch ich der Halme zartem Wald,
    Der flüstert wirr und hat mir bald
    Den Himmel fast verdeckt.
    Es kommt die Zeit heran,
    Da weiß ich nichts von Leide mehr,
    Und schmerzt es heute noch so sehr,
    Alsdann ist es vertan.
    Dann kreist mein heißes Blut
    Gekühlt und licht in Halm und Klee,
    Und dieser Stunde grimmes Weh
    Ist still, ist kühl, ist gut.
    Den meine Sehnsucht spinnt,
    Der Traum wird eine Blume sein.
    In seinem Dufte schlaf ich ein,
    Ein heimgekehrtes Kind.
    Juni 1914
Die Kuh
    A uf deinem Alpenhange du,
    Wie lebst du fürstlich, schöne Kuh,
    Das Weichste aus dem Rasen reutend
    Und zwischenein in Traumesruh
    Mit deiner Glocke läutend!
    Leider fehlt dein Bestes mir:
    Deiner Seele tiefe Ruhe,
    Deiner schönen Augen Zier,
    Deines Leibes weite Truhe –
    Sonsten legt ich mich zu dir,
    Groß aus schönen Augen schauend,
    Wiederkauend und verdauend.
    1901/02
    E s ist wunderlich mit der Tradition, sie ist ein Geheimnis, beinah ein Sakrament. Man lernt eine
     Tradition kennen, knüpft sie vorläufig an Namen, Richtungen, Programme, folgt ihr eine Weile, und sieht dann langsam mit den Jahren und
     Jahrzehnten, daß hinter allen diesen Namen und Richtungen, die man vielleicht längst abgetan hat, ein Geheimnis liegt, eine namenlose Erbschaft,
     die nicht bloß zur Romantik oder zu Goethe oder zum Mittelalter oder zur Antike, sondern bis in die ältesten Mythologien und Völkergedanken
     zurückreicht, und die weit genug ist, die größten Gegensätze an Menschen wie an Programmen zu umfassen, nur eines nicht: das unbedingt und ums
     Verrecken neu sein wollen.
    Aus einem Brief vom März 1940
    W ie etwa ich die ganze Geschichte ansehe, zeigt Ihnen vielleicht am besten ein Beispiel aus der Mythologie. Die indische Mythologie zum Beispiel hat die Sage von den vier Weltzeitaltern, und wenn das letzte so weit ist, und alles in Krieg, Verkommenheit und Elend steht bis an den Hals, dann muß Shiva, der Kämpfer und Aufräumer unter den Göttern, antreten, er muß die Welt im Tanz zertrampeln. Kaum ist er damit fertig, so hat der holde Schöpfergott Vishnu, irgendwo im Rasen liegend, einen schönen Traum, und aus dem Traum, oder aus einem Atemzug oder aus einem Haar von ihm, sprießt schön und jung und entzückend eine neue Welt auf, und alles fängt von neuem an, aber nicht wie eine Mechanik, sondern beschwingt und zauberisch schön.
    Nun, ich glaube, daß unser Abendland im vierten Zeitalter steht, und daß Shiva schon auf uns tanzt; ich glaube, daß fast alles kaputt gehen wird. Aber ich glaube nicht minder, daß es von vorn beginnen wird, daß alsbald wieder Menschen Opferfeuer anzünden und Heiligtümer bauen werden. Und so bin ich, als alter müder Kerl, dessen froh, daß ich alt genug und verbraucht bin, um ohne Bedauern sterben zu können. Aber ich lasse die Jugend, auch meine Söhne, nicht im Hoffnungslosen, sondern nur im Schweren und Bangen zurück, im Feuer der

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