Verliebt in eine Gottin
hinweg an, seine weiche, kleine Oberlippe bebte über seinem massiven Überbiss. »Trink das nicht.«
Er machte eine heftige Bewegung auf das Glas zu, und sie griff danach, bevor es umfiel. »He, sei doch vorsichtig.«
Sie leerte das Glas und streichelte dabei seinen glatten, kleinen Kopf. Warum können Männer nie so wunderbar sein? , dachte sie. Nicht gerade mit diesem Überbiss, aber mit dieser zuverlässigen, unkomplizierten, steten Liebe und Treue?
Wolfie legte ihr die Pfoten auf die Brust und stupste mit seiner Nase gegen die ihre. »Nicht trinken. Das ist schlecht.«
»Ist schon weg.« Sie drehte ihr Glas um, leicht schwindelig im Kopf. »Siehst du?« Seine braunen Augen blickten so ängstlich, und sein kleines Gesicht wirkte so besorgt, dass sie ihm wieder über den Kopf streichelte und schläfrig hinzufügte: »Schon gut, Wolfie. Ich trinke nichts mehr davon.«
Wolfie entspannte sich und leckte ihr die Wange. »Braves Mädchen. Liebes Mädchen. Hab dich immer lieb.«
»Ich hab dich auch immer lieb.« Shar schaltete das Licht aus und kuschelte sich in ihre Bettdecke, während sich alles in ihrem Kopf drehte. Wolfie rollte sich neben ihr zusammen. Sie glitt fast sofort in den Schlaf hinüber, und Bilder rasten an ihr vorbei: die dünne, blasse Abby wurde zu einer Riesin und hielt den süßen Bowser in den Armen; die zielstrebige Daisy drehte sich mit einem hektischen Bailey; der kleine Wolfie raste wild wie ein schwarz-grauer Löwe auf ihrem Bett hin und her und murmelte: »Schlecht, schlecht«; Kammani stand mit erhobenen Armen vor dem Altar, und Bikka und Umma tanzten neben ihr...
»Wach auf!«, bellte Wolfie.
»’s schon guut«, murmelte sie ihm im Traum zu.
»Nein, schlecht, schlecht.«
Sie warf ihren Kopf hin und her und war wieder in ihrem Schlafzimmer, aber da glühten plötzlich die halb vergessenen, gemalten Muster an der Decke und den Wänden, und das große Symbol, das in die ihrem Bett gegenüberliegende Wand gehauen war, summte und brummte. Der Raum begann zu schwanken.
Wolfie jaulte.
»Schhhh«, machte sie, »das ist doch nur ein Traum.« Sie streckte die Hand nach der Taschenlampe neben dem Bett aus und ertastete stattdessen die Taser-Elektroschockpistole. Warum stellen die eigentlich keine Elektroschockpistolen mit Taschenlampe her? , fragte sie sich durch die Nebel ihres Traums, während sie an der Schachtel fummelte, um sie zu öffnen. Dann sähe man wenigstens, wen man da außer Gefecht setzt. Und vielleicht noch mit einem Flaschenöffner …
Grelles Licht blendete sie plötzlich, und sie schrie auf.
Am Fuß ihres Bettes stand ein Mann, groß und wie durchscheinend, silbern glühend, mit ausgestreckten Armen.
»Lauf weg«, schrie Wolfie auf, schoss unter der Bettdecke hervor und landete mit einem Bums auf dem Fußboden. Shar aber hielt den Atem an und betrachtete den Mann, der breit und mit
nackter Brust, die Augen geschlossen, über ihr aufragte, während Wolfie von der Eingangshalle her heulte: »Komm da raus, komm da raus!«
Der Mann öffnete die Augen. Seine Gestalt schien sich allmählich zu verfestigten, und er begann, in einer alten Sprache zu sprechen. Noch mehr verdammtes Mesopotamisch , dachte Shar, und sie warf sich nach vorn und schoss ihre Elektroschockpistole ab, die silberne Funken nach allen Seiten aussandte.
Kapitel 4
Der Mann brach zusammen, und Shar blickte über den Bettrand hinweg auf seinen immer noch glühenden, bewusstlosen Körper, der alles Durchscheinende verloren hatte und als beeindruckender Haufen Muskeln ihren Fußboden bedeckte.
»Tut mir leid«, sagte sie zu ihm, »aber ich verbringe schon fast meine gesamte wache Zeit mit Mesopotamien, und ich habe keine Lust, auch noch davon zu träumen.«
»Komm da raus!«, japste Wolfie.
»Ist ja gut, mein Schatz!«, rief sie zurück. »Ich hab ihn erledigt.«
Der Mann wirkte sehr real, wie er da fast nackt lag, während das Glühen um ihn herum langsam verblasste. Er sah gut aus, breit und muskulös. Stark. Strotzend vor Kraft.
»Ich habe ja schon immer nach einem etwas älteren, interessanten Mann Ausschau gehalten«, sagte sie zu dem schönen, reglosen Gesicht. »Aber Tausende von Jahren alt? Nein.« Sie sah sich nach ihrem kleinen Lebensgefährten um. »Wolfie?«
Wolfie kam hereingeschlichen. »Ich hab den Boden nass gemacht.«
»Macht nichts, mein Schatz, ist ja nur ein Traum.«
»Und den Teppich.« Er stieß mit der Pfote auf den Bettvorleger.
»Das ist nur ein Traum-Teppich.« Sie hob
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