Verliebt in eine Kidnapperin?
Tisch.
Während er auf Drew und Deanna wartete, nahm er einen warmen Tortillachip und tunkte ihn in die scharfe Soße. Nirgendwo gab es ein so köstliches mexikanisches Essen wie im Red, und Jeremy hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, mindestens einmal pro Woche hierherzukommen. Im Laufe der Jahre hatten sich die beiden Familien angefreundet, und es hatte auch einige Hochzeiten zwischen den Fortunes und den Mendozas gegeben – zum Beispiel die von J.R. und Isabella.
Jeremy wollte gerade nach einem weiteren Tortillachip greifen, als Drew und Deanna das Lokal betraten. Die beiden wohnten bei J.R. und Isabella auf Molly’s Pride, wie ihre Ranch hieß.
Drew hatte sein ganzes Leben lang bei Fortune Prognosen gearbeitet, der Firma, die William gegründet hatte. Im Gegensatz zu seinen Brüdern war Jeremy allerdings nie an dem Familienunternehmen interessiert gewesen. Stattdessen hatte er Medizin studiert. Bis vor einem Jahr war er mit seinem Leben in Sacramento auch vollkommen zufrieden gewesen.
Als Drew und Deanna näher kamen, stand Jeremy auf und umarmte seine hübsche rothaarige Schwägerin.
„Du sieht fantastisch aus“, begrüßte er sie.
Er hatte recht. Sie strahlte vor Glück und Liebe – genau wie Drew.
„Danke.“
Drew zog einen Stuhl für sie hervor. Sie setzte sich hin und warf ihrem jungen Ehemann ein strahlendes Lächeln zu.
Die Liebe und die Ehe hatten seinen Bruder vollkommen verändert. Unwillkürlich musste Jeremy an die geheimnisvolle Frau denken, von der er in der Nacht zuvor geträumt und der er vor zwei Stunden tatsächlich begegnet war.
„Wir hatten uns doch für sechs Uhr verabredet?“ Drew griff nach einem Chip.
„Ja, aber ich konnte heute früher Schluss machen.“ Jeremy gab der Kellnerin ein Zeichen, ehe er sich wieder an seine Tischgesellschaft wandte. „Wie war die Hochzeit?“
„Wunderschön.“ Deannas Augen leuchteten. „Dein Bruder hat sich selbst übertroffen – Erdbeeren und Champagner auf dem Flug, langstielige Rosen in dem Wagen, mit dem wir zur Kirche gefahren sind, wo wir Punkt Mitternacht geheiratet haben. Es war sehr romantisch.“
Verblüfft schaute Jeremy seinen Bruder an. „Wer hätte gedacht, dass du ein Romantiker bist?“
„Das bist du doch auch.“ Drew griff nach Deannas Hand. „Du musst nur die richtige Frau finden.“
Für einen Romantiker hielt Jeremy sich nun wirklich nicht. Dennoch beschlichen ihn seit der Begegnung mit Kirsten Allen auf dem Parkplatz seltsame Gefühle. Offenbar hatte dieser verrückte Traum eine Saite in ihm zum Klingen gebracht, von deren Existenz er gar nichts wusste.
Während Drew und Deanna von ihrer Hochzeit erzählten, begannen Jeremys Gedanken abzuschweifen. Er fragte sich, ob er ebenfalls eine kleine, intime Feier oder eine große Zeremonie bevorzugen würde. Prompt fiel ihm erneut die geheimnisvolle Frau ein.
Er glaubte weder an Träume noch an Vorahnungen, und dennoch hatte er das Gefühl, diese Frau unbedingt wiedersehen zu müssen.
„Hörst du überhaupt zu?“, fragte Drew.
Irritiert blickte Jeremy auf. „Tut mir leid. Mir geht momentan so viel durch den Kopf.“
„Dad?“, erkundigte sich Drew.
„Er auch.“
„Oder hat es mit deiner Arbeit zu tun? Haben dich deine Kollegen gebeten, nach Sacramento zurückzukommen?“
„In gewisser Weise, aber …“
„Lass mich raten.“ Drew beugte sich nach vorn. „Du hast eine Frau in Red Rock kennengelernt.“
„Wie kommst du denn darauf?“
Deanna erhob sich von ihrem Stuhl. „Wenn ihr beide mich kurz entschuldigen würdet – ich muss mein Make-up auffrischen.“
Drew sah seine Frau verliebt an. Jeremy hatte den Eindruck, dass sie auf stumme Weise miteinander kommunizierten, die den Rest der Welt aus ihrem Leben ausschloss.
Bei seinen Eltern war ihm das auch hin und wieder aufgefallen. Ob es ihm selbst auch einmal so mit einer Frau ergehen würde?
„Was soll ich dir bestellen?“, fragte Drew. „Ein Glas Wein?“
„Das klingt gut. Bitte ja.“
Jeremy wurde das Gefühl nicht los, dass Deanna nur zur Toilette gegangen war, um den beiden Brüdern die Gelegenheit zu geben, unter vier Augen reden zu können. Das war zwar sehr rücksichtsvoll von ihr, aber Jeremy hatte keineswegs vor zu erzählen, was für abstruse Gedanken er in seinem Kopf wälzte.
Kaum war Deanna außer Hörweite, fragte Drew: „Okay, was ist los?“
Sollte er sich seinem jüngeren Bruder anvertrauen? Drew war schließlich kein Kind mehr. Also erzählte Jeremy ihm von der
Weitere Kostenlose Bücher