Verliebt in eine Kidnapperin?
Verlass.
Vor ein paar Tagen hatte Courtney, die Exfreundin ihres Bruders, das Baby bei ihm abgeliefert und verkündet, dass sie keine Lust mehr hatte, Mutter zu sein. Jetzt sei Max an der Reihe, seinen elterlichen Pflichten nachzukommen.
Kirsten hatte Courtney nie gemocht, sich jedoch nichts anmerken lassen. Doch als die unberechenbare junge Frau das Baby einem vollkommen verblüfften Max in den Arm drückte – inklusive einem Kindersitz, einem Paket Windeln und einer Flasche Muttermilchersatz –, war es ihr schwergefallen, den Mund zu halten. Aber bevor sie etwas sagen konnte, hatte Courtney auf dem Absatz kehrtgemacht und war davongerauscht.
Anthony war bestimmt besser dran ohne Courtney. Kirsten hatte nie verstanden, warum Max sich überhaupt mit dieser Frau eingelassen hatte. Was mochte er bloß an ihr gefunden haben?
Zu seiner Ehrenrettung musste sie zugeben, dass er sich seiner neuen Aufgabe hingebungsvoll widmete. Egal, wie leichtsinnig er früher gewesen war – die Verantwortung für Anthony hatte er ohne zu murren übernommen.
Und weil Kirsten sich ebenfalls verantwortlich fühlte, war sie mit dem Baby ins Krankenhaus gefahren. Leider war das Wartezimmer bis auf den letzten Platz besetzt gewesen, und sie hatte unmöglich warten können, bis sie an der Reihe war.
Glücklicherweise war ihr auf dem Weg zur Bushaltestelle ein Arzt über den Weg gelaufen, und sie hatte ihren ganzen Mut zusammengenommen und ihn angesprochen. Der Doktor war der Meinung gewesen, dass mit dem Kind alles in Ordnung sei.
Eine gründliche Untersuchung ersetzte das natürlich nicht. Sie hatte Max ständig gedrängt, Courtney zu fragen, ob Anthony überhaupt geimpft war. Max war von den Ermahnungen seiner Schwester ziemlich genervt. Barsch hatte er ihr erklärt, dass er Courtney nirgendwo erreichen könne. Und überhaupt könne er allein für das Baby sorgen.
Das allerdings bezweifelte Kirsten. Deshalb war sie hinter Max’ Rücken in die Klinik gefahren. Sollte er ruhig sauer sein, weil sie sich immer noch in seine Angelegenheiten einmischte. Aber dieses Mal ging es schließlich um das Wohlergehen des Babys. Das musste er einfach einsehen.
Sie schloss die Haustür auf und stellte die Wickeltasche im Flur ab. „Wir wär’s mit einem Fläschchen?“, fragte sie Anthony. Das Baby wurde alle drei bis vier Stunden gefüttert. Bestimmt hatte es wieder Hunger.
Prompt begann Anthony zu brüllen. In aller Eile bereitete sie seine Mahlzeit vor – Milchpulver, angerührt mit destilliertem Wasser. Hätte sie doch bloß mehr Erfahrung im Umgang mit Babys. Die erste Zeit mit Anthony war für sie und Max recht anstrengend gewesen, aber von Tag zu Tag klappte es besser. Allmählich fand sie sogar Spaß daran, sich um ein Baby zu kümmern, und sie fragte sich, wie es wohl wäre, irgendwann einmal eine eigene Familie zu haben.
Mit der Flasche in der einen Hand und Anthony auf dem Arm ließ sie sich in einem Sessel am Fenster nieder. Gierig umschlossen seine Lippen den Sauger, und er begann so hastig zu trinken, als sei er kurz vorm Verhungern.
Ein Baby mit solchem Appetit musste eigentlich gesund sein. Trotzdem würde sie noch einmal mit ihm ins Krankenhaus fahren, wenn sich die Gelegenheit ergab und Max nicht zu Hause war. Vielleicht war bis dahin ihr Wagen aus der Werkstatt, und sie würde nicht den Bus nehmen müssen. Das kostete doch jedes Mal viel Zeit.
Wenigstens war sie früher als Max nach Hause gekommen.
Sie wunderte sich über sich selbst, wenn sie daran dachte, dass sie einfach einen Arzt auf dem Parkplatz angesprochen hatte. Was man nicht alles aus Sorge tat! Wieder einmal hatte sie mit dem Herzen anstatt mit dem Kopf gedacht.
Aber dann hatte sie der gut aussehende Arzt mit den hellblonden Haaren und den sanften blauen Augen angeschaut, als wären sie sich schon irgendwo einmal begegnet, und ihr war ganz warm geworden. Nein, sie hatten sich zuvor noch nie gesehen. An einen so attraktiven Mann hätte sie sich gewiss erinnert.
Hätte sie ihn doch bloß nach seinem Namen gefragt! Leider war sie viel zu nervös gewesen, um an so etwas zu denken.
Wahrscheinlich hatte er sie ohnehin für verrückt gehalten. Schade eigentlich. Sie wünschte, sie hätte bei dem Orthopäden einen guten Eindruck hinterlassen, nachdem er so liebenswürdig zu ihr gewesen war. Zu dumm, dass sie unbedingt den Bus erwischen musste, um vor ihrem Bruder zu Hause zu sein.
Nachdem Anthony das Fläschchen leer getrunken hatte, legte sie ihn über die
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