Verliebt in einen Gentleman
Ethan, dich deswegen jetzt herunter zu machen. Wenn er wirklich so ein Gentleman wäre, wie du ihn immer machen willst, würde er, ohne mit der Wimper zu zucken, vor einem Blumenladen halten.“
Dieser Gedanke erscheint mir so grässlich, hässlich und unloyal, dass ich jetzt DOCH sage: „Stimmt Ethan, ich hätte in Gatingstone einen Strauß besorgen müssen. Es tut mir leid, dass ich dich damit belästigen muss.“
Ethan erwidert: „Ich werde einen Teufel tun, und jetzt noch irgendwo halten. Wenn du so schlecht planst, Lea, und das tust du doch öfters, dann kannst du ruhig die Konsequenzen tragen.“
Wupps.
Jetzt muss ich doch schlucken.
Ethan sieht mich von der Seite an. „Mücke, wenn ich dich hemmungslos verwöhne und alle deine Schwächen abfange, dann wirst du nie zu der Frau, die du eigentlich sein könntest.“
Das macht das, was ich jetzt gerade fühle und denke nicht besser, eher schlechter.
Meine wohlmeinenden Berater haben mich tatsächlich feinhörig gemacht. Normalerweise hätte ich die latente Grausamkeit dieser Aussage nicht erkannt.
Sie besagt: Anscheinend bin ich noch längst nicht gut genug für Ethan.
Da gibt es noch gewaltig viel zu tun. Da gibt es deutliche Parallelen mit meinem frustrierend schweren Computerspiel.
Aber wer sagt denn, dass ich immer nur demütig sein muss und das schlucken, was Ethan so sagt?
Also probiere ich etwas Neues aus.
„Ethan“, sage ich, „wenn du einmal in einer ähnlichen Situation bist, wenn du aus Versehen etwas vergessen hast, dann helfe ich dir gerne heraus, das weißt du doch.“
Ethan schüttelt seinen Kopf. „Dass ich jemals so unorganisiert bin, meine liebe Lea, wirst du nicht erleben.“
Das ist jetzt echt scharf. Sooo perfekt ist er doch auch nicht.
Ich drücke es so aus: „Ethan, du weißt, dass ich dich wahnsinnig lieb habe, aber auch du machst mal Fehler, nicht?“
Mit einem Mal ist die Atmosphäre angespannt.
„Willst du mich jetzt hier irgendwie belehren, oder so?“, fragt mein Liebster.
Ich seufze. Lea, du hast A gesagt, sage ich mir, jetzt presch ruhig voran und sage B.
„Das wäre doch nur fair“, erwidere ich. „Du belehrst mich doch auch gerade.“
Ein Stimmchen in mir flüstert: „nicht nur gerade, sondern eigentlich immer, wenn wir zusammen sind.“
Ethan bremst, fährt an den Straßenrand und hält das Auto. Er stellt den Motor ab, wendet sich mir zu und starrt mich an.
„Lea, was ist denn bloß los mit dir? Warum giftest du mich so an? Könntest du bitte damit aufhören und wieder lieb sein? Ich sehe nicht ein, warum ich mich von dir kritisieren lassen soll.“
Ich starre auf die Straße vor uns. Ein Vogel zwitschert in einem Baum neben uns. Ich suche ihn mit den Augen und sehe, dass die Baumspitzen schon grüne Knospen tragen. Ich liebe diese Jahreszeit. Sie ist so voller Hoffnung und Verheißung.
Obwohl mir das Herz dabei blutet und ich weiß, dass ich gerade sehr viel riskiere, sage ich fest: „Warum ist es so? Warum darfst nur du mich kritisieren, und ich dich nie?“
Ethans Gesicht verfinstert sich. „Weil ich halt mehr weiß, als du, Lea. Ich bin älter, habe mehr Lebenserfahrung und habe das Recht, dich zurecht zu weisen. Du, hingegen, hast noch die Eierschale hinter deinen Ohren kleben, wie ein frisch-geschlüpftes Küken. Was weißt du schon von der Welt?“
Ich muss ziemlich geschockt aussehen, denn Ethans Stimme wird sanfter.
„Schau, Mückchen“, sagt er, „wir kommen doch prächtig miteinander aus. Warum sollte man irgendetwas ändern?“
Ja, warum?
Weil mich allmählich das Gefühl beschleicht, dass wir nur deswegen miteinander so gut auskommen, weil Ethan mir sagt, wo es lang geht, und ich alles genauso mache, wie er es will.
Mir liegt jetzt so viel auf der Zunge, was ich erwidern könnte, aber ich schlucke es tapfer hinunter und sage: „Ist schon okay, Ethan, fahr nur weiter. Deine Mutter wird sich schon wundern, wo wir bleiben.“
Ethan startet wieder den Motor, legt den Gang ein, und fährt mit quietschenden Reifen los. Er ist anscheinend immer noch geladen.
Das ist, ungelogen, gerade das erste Mal gewesen, dass ich Ethan jemals widersprochen habe.
Eigentlich habe ich ihm doch nur ganz, ganz sanft und leise widersprochen. Seine heftige Reaktion hat mich ziemlich erschüttert.
So viel wird mir klar:
Wenn ich mit Ethan jemals eine nette, partnerschaftliche Beziehung haben will, wie Catherine sie mit ihrem Christian hat, dann wird sich noch eine Menge ändern müssen. Denn
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