Verliebt in einen Gentleman
Mist.“
„Okay“, sage ich, „ich mach's!“
Die drei drängen sich um mich herum und gucken über meine Schulter, um Zeuge zu sein, wie ich das Spiel deinstalliere.
Als es geschehen ist, seufzen alle erleichtert, wie aus einem Mund.
„So“, sagt Inez, „und jetzt gehen wir in den Hafen und hauen auf den Putz. Kommt! Den Letzten beißen die Füchse.“
„Nein“, kichert Catherine, „das Lakritze-Monster!“
Wir ziehen unsere Jacken an, schließen das Haus ab und stürmen die Treppen zum Hafen hinunter.
Wir finden eine urige Fischerkneipe, in der jemand Musik macht. Dort verbringen wir einen ausgelassenen, feucht-fröhlichen Abend. Stunden später kriechen wir die steilen Stufen herauf und fallen erschöpft aber glücklich in unsere Betten.
Es folgen wunderschöne Ferientage. Wir erkunden die ganze Umgebung. Den einen Tag fahren wir mit dem Auto zum berühmten „Saint Michael's Mount“, einer vorgelagerten Insel, die man nur bei Ebbe erreichen kann. Darauf steht eine Burg, ein altes Kloster und eine Handvoll uralter Häuser. Denise und Catherine sind entzückt, weil die Insel sie an den Mont Saint-Michel in ihrer Heimat erinnert. Inez sorgt für enorme Aufregung, weil sie mitten auf dem Ebbeweg stehen bleibt und verzweifelt ruft: „Halt! Ich habe meine Kontaktlinse verloren.“ Wir fallen sofort alle auf die Knie und suchen mit der Nase auf dem Boden jeden Zentimeter ab. Inez steht Hände-ringend daneben und jammert: „Sie ist mir von dem scharfen Wind aus dem Auge geblasen worden. Tretet bitte, bitte nicht drauf, dann ist alles aus.“
Irgendwann, nach langem Suchen, entdecke ich einen Wassertropfen auf dem Boden, wo gar kein Wasser ist. Ich lecke meine Fingerspitze an und tippe vorsichtig drauf. Der Tropfen bleibt daran kleben und ist gar keiner, sondern Inez' Kontaktlinse.
„Ich glaube es nicht! Du hast sie gefunden, Lea! Du bist meine Retterin.“ Inez ist ganz aus dem Häuschen vor Glück.
Ich fühle mich so, als wäre ich gerade über die Lakritze-Brücke geschritten. Die Aufgabe: „Suche die Kontaktlinse zwischen den Touristen auf dem viel-begangenen Ebbeweg“ war extrem kniffelig. Ich, Lea, habe sie gelöst. Wunderbar!
Am Abend bekomme ich in „Pete's Pub“ unserem neuen Hangout, gleich wieder einen Drink spendiert.
„Ihr seid mir suspekt“, sage ich vergnügt, nachdem ich mich durch den Schaum zum Ale durchgearbeitet und den ersten tiefen Schluck getan habe. „Erst gewöhnt ihr mir die eine Sucht ab, und schon gewöhnt ihr mich an eine neue!“
Am nächsten Tag zerrt mich Denise in ein kleines Wollgeschäft.
„Ich werde dir etwas beibringen, was du dein ganzes Leben gebrauchen kannst“, sagt sie geheimnisvoll. Schon hat sie zwei Knäuel Wolle gefunden und ein Spiel Stricknadeln, die sie zur Kasse bringt. „Ich bringe dir das Sockenstricken bei. Wenn du das kannst, frisst dir jeder Mann aus der Hand. Männer lieben handgestrickte Socken.“
„Ja, vielleicht bei euch in der Bretagne, wo es kalt und windig ist“, sage ich und rümpfe die Nase, „aber in zivilisierten Gegenden gibt es etwas, das man Heizung nennt,
schon mal davon gehört?“
Und doch sitze ich dann am Abend neben ihr auf dem Sofa und lasse mir von ihr genau erklären, wie ich die Maschen anschlagen muss und wie ich die Runden stricke. Es ist furchtbar kniffelig, und ab und zu fluche ich so, dass die anderen erschrocken zusammen fahren.
Catherine kann es sich nicht verkneifen, feixend zu sagen: „Jetzt wirkst du noch weniger entspannt, als bei deinem Computerspiel, Lea.“
Nach und nach werde ich geschickter. Denise lobt mich und liefert mir die Erfolgserlebnisse, nach denen ich bei meinem Spiel so süchtig war. Und das Tolle ist, bald habe ich einen Socken fertig und der andere wächst auch beim Zusehen.
Ich stricke das Paar deutlich größer, als für meine Füße. Ich habe fest vor, sie Ethan mitzubringen, damit er merkt, dass ich die ganze Zeit an ihn gedacht habe.
Ob er auch an mich denkt?
Manchmal befällt mich so etwas wie Panik. Mein Alleingang in den Osterferien war schon extrem kühn. Vielleicht nimmt Ethan ihn zum Anlass, mit mir Schluss zu machen. Ich bin so froh, dass ich nicht solo verreist bin, sondern mit meinen Freundinnen. Sie lenken mich von meiner Sorge ab.
Nicht nur das.
Ich habe auch den Eindruck, dass etwas mit mir geschieht. Tag für Tag werde ich lustiger, lockerer, entspannter. Bei einem unserer Ausflüge, es ist der Tag, an dem wir bis an die westlichste Ecke
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