Verliebt in einen Gentleman
Stück Steak and Kidney Pie.
„Gut, dass ich hier noch etwas zu essen bekomme, bevor es in die Wildnis von Cambridge geht“, scherze ich.
Ethan sieht mich fragend an. „Wildnis?“
Ich erzähle ihm, wie besorgt Abby gewesen sei, dass ich während der Dauer der kommenden Woche verhungern könnte.
Ethan runzelt die Stirn. „Das hört sich nicht gut an. Wie bist du nur an diese Vermieter geraten?“
„Über Mr. Henley. Er hat alles im Vorfeld arrangiert.“
„Ja, aber sicher hat er es nur als Provisorium gedacht, bis du etwas anderes gefunden hast.“
„Das mag schon sein, aber ich fühle mich dort jetzt sehr wohl. Die beiden haben mich quasi adoptiert und kümmern sich rührend um mich.“
Ethan sieht ernst aus.
„Mir scheint es anders zu sein. Sie mischen sich viel zu viel in dein Leben ein. Du bist ihre Mieterin und mehr nicht. Es geht sie nichts an, mit wem du wohin fährst und was du in deiner Freizeit machst. An deiner Stelle würde ich mir das verbitten.“
Ich überlege. Da könnte etwas dran sein. Vielleicht bevormunden die beiden Alten mich tatsächlich zu sehr.
Ethan lehnt sich vor und sieht mich eindringlich an. „Wenn ich dir einen Rat geben darf, Lea, such dir ein anderes Quartier und ziehe aus dem jetzigen so bald wie möglich aus. Du tust dir keinen Gefallen damit, dass du bei diesem alten Ehepaar wohnst. Sie zwingen dich, das kleine Mädchen zu spielen. Das ist nicht gut für deine Entwicklung.“
Einerseits bin ich bewegt und fühle mich geschmeichelt, dass Ethan sich offensichtlich so viele Gedanken um mich macht. Andererseits muss ich daran denken, wie sehr die Lanes mir trotz all ihrer Marotten und putzigen Angewohnheiten ans Herz gewachsen sind. Ich weiß, dass ich ihnen fehlen würde, aber sie mir auch.
Jetzt haben sie sogar beide angefangen, sich für mich das Rauchen abzugewöhnen.
Ich habe ihnen den Tipp gegeben, das Geld, das sie für Zigaretten ausgeben, stattdessen in ein Sparschwein zu stecken und sich nach zwei Monaten etwas dafür zu kaufen, das sie sich sonst nicht hätten leisten können. Da sie notorisch knapp bei Kasse sind, hat dieser Vorschlag tatsächlich eingeschlagen.
Als Glen gejammert hat, dass ihm eine Ersatzbefriedigung fehlt, habe ich Lakritze-Toffees gekauft, von denen ich jeden Abend ein Schälchen auf seinem Beistelltisch stelle.
Könnte ich den beiden in dieser Situation kündigen? Eher nicht.
Das zu erklären, wäre jetzt aber zu kompliziert, also sage ich nur: „Ja, vielleicht hast du recht. Mal sehen, wie es weitergeht.“
Als unser Essen da ist, greifen wir nach unserem Besteck, wünschen uns einen guten Appetit und lassen es uns schmecken.
Jetzt sieht Ethan von seinem Teller auf und betrachtet mich nachdenklich.
Hoffentlich gefällt ihm, was er sieht, schießt es mir durch den Kopf.
„Du hast auf mich gehört“, sagt er zufrieden.
Ich verstehe nicht, was er meint. „Wie bitte?“
„Na, ich meine deine Haare.“
„Ach so“, ich lache befreit, „jetzt begreife ich. Du meinst, dass man erkennt, dass ich beim Frisör war!“
„Du lachst darüber“, sagt Ethan, „aber ich habe einen Blick dafür. Ich finde es furchtbar, wenn Frauen lange Haare haben, aber sie nicht richtig pflegen. So wie du sie jetzt hast, sehen sie tausendmal besser und gesünder aus.“
Ich freue mich über das Kompliment und sage wahrheitsgemäß: „Na, dann hat sich der Frisörbesuch auf jeden Fall gelohnt.“
Da fällt mir ein, dass er sich aus einem anderen Grund auch gelohnt hat.
„Außerdem verdanke ich deinem Rat und dem daraus folgenden Frisörbesuch mein Quartier in Cambridge“, sage ich.
„Ach ja?“
Ich erzähle ihm von Mandy und ihrer Schwester, bei der ich wohnen darf.
Ethan runzelt die Stirn.
„Na, hoffentlich wirst du nicht enttäuscht“, sagt er. „Irgendwie klingt mir das alles sehr seltsam.“
„Ach“, sage ich, „und wenn schon! Es ist doch nur für eine Woche. Wenn es mir gar nicht gefällt, reise ich halt eher zurück.“
Doch Ethan ist nicht zufrieden. „Wenn man so eine Reise macht, muss man doch sauberer planen, Lea. Das Leben ist zu kurz, als dass man es sich mit solchen Fehlplanungen verdirbt. Am Ende versaut das blöde Quartier dir die ganze Woche.“
Ich zucke mit den Schultern. „Das kann ich mir nicht denken. So etwas ist mir nicht so wichtig. Man kann sich auch mal mit widrigen Umständen arrangieren. Schlimmsten Falls hat man am Ende der Woche etwas gelernt. Das schadet dann auch nicht.“
„Ja“,
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