Verliebt in einen Gentleman
nachgedacht. Ich hätte gedacht, dass die WG von Emmy günstiger läge.
In richtig kitschigen Liebesromanen würde er jetzt sagen: „Weißt du was? Du musst dort nicht wohnen. Du kommst mit mir mit und teilst mein Bett.“
Wow! Ob ich das gerne hätte? Vielleicht...
Andererseits fände ich das schon ein bisschen plötzlich. Ich würde nicht Ethans Betthäschen sein wollen, sondern die Frau, um die er erst lange geworben hat. Okay, vielleicht nicht sooo lange, aber ein Weilchen schon.
Zum Glück, (oder auch nicht?), sagt er: „Gut, dann gebe ich das mal ins Navi ein und bringe dich noch vor die Tür.“
Wir entfernen uns wieder von der Stadt und fahren Richtung Norden. Es ist jedoch nicht so weit weg, wie Ethan geunkt hat. Nach etwa acht Minuten fahren wir in eine Wohnstraße herein, an der auf beiden Seiten zweistöckige Backsteinhäuschen stehen, die bis auf kleine Details alle gleich aussehen.
Wir finden die richtige Hausnummer und Ethan hält den Wagen davor an.
Jetzt sinkt mein Herz. Ich weiß, dass ich ihm Danke und Auf Wiedersehen sagen muss, dabei hätte ich gerne noch mehr Zeit mit ihm verbracht.
Ethan wendet sich mir zu und sagt: „Wie sieht es aus? Was hast du in der nächsten Woche alles so vor?“
Sofort setzt mein Herz einen Schlag aus.
Ich sage: „Nun, mir die Stadt ansehen. Konkrete Pläne habe ich noch nicht.“
Er schmunzelt. „Das passt wieder zu dir; einfach durch das Leben tanzen, sich treiben lassen, ohne jeglichen Plan.“
Ich lächle zurück: „Ja, so bin ich. Es funktioniert wunderbar. Du solltest es auch mal probieren.“
Er sieht mich mit seinen rätselhaften braunen Augen nachdenklich an. Dann sagt er: „Falls du inmitten deines planlosen Umherdriftens vielleicht Zeit für einen echten Termin hast, würde ich etwas vorschlagen.“
Ich spitze meine Ohren. Hoffentlich, hoffentlich will er mich hier in Cambridge treffen, denke ich.
Er sagt: „Es gibt ein wunderbares kleines Heimatmuseum in der Stadt. So etwas hast du noch nie gesehen. Es ist ein herrliches Sammelsurium von den verrücktesten Sachen unter der Sonne. Es befindet sich in der Castle Street und heißt 'Cambridge and County Folk Museum'. Ein Besuch lohnt sich.“
Ach so ist das, denke ich mit sinkendem Herzen. Er will mir nur einen Rat geben. Ich schlucke meine Enttäuschung herunter und sage: „Oh, das hört sich toll an. Da werde ich gleich morgen hingehen. Danke für den Tipp.“
Ich suche den Türhebel und steige aus.
Ethan steigt ebenfalls aus, geht um das Auto zum Kofferraum und hebt meine Tasche heraus. Gerade eben noch sahen meine Tasche und sein Koffer so nett und kameradschaftlich aus, wie sie so nebeneinander lagen, denke ich wehmütig. Jetzt ist es vorbei.
Ethan begleitet mich noch zur Tür. Er sieht sich den struppigen Vorgarten an und die schlichte Hausfassade und rümpft seine Nase. Wenn Ethan seine Nase rümpft, sieht das sehr edel aus, denke ich.
„Na, hier bist du ja weniger vornehm gelandet“, sagt er, „aber wenn eine Friseuse einem das Quartier vermittelt, kann man wohl nicht allzu viel erwarten.“
Ich lache. „Das hört sich ganz schön versnobbt an. Mandy hat auf mich einen anständigen und herzensguten Eindruck gemacht. Außerdem bin ich ja selber auch nur eine kleine Studentin, da wäre ein Luxushotel eher unangemessen.“
Er sieht mich nun tatsächlich ein wenig besorgt an. Ich denke, dass das schäbige Quartier meinetwegen noch schäbiger sein kann, das ist mir dieser Blick von ihm wert.
„Na hoffentlich willst du nicht gleich wieder morgen abreisen“, sagt er.
„Mal sehen“, sage ich nur, „ich lass das jetzt einfach auf mich zukommen.“
„In bester Lea-Manier“, sagt er.
„Genau.“
Er dreht sich um zum Gehen, da fällt ihm noch etwas ein.
„Ich habe gerade so eine Idee...“, sagt er.
Ich halte den Atem an. Eine Idee? Oh ja, bitte!
„Mein Bruder darf als Promovent auch mal Gäste mit zum Master's Dinner ins Trinity College einladen. Das wäre doch mal eine ganz spannende Erfahrung für dich, oder?“
Ich kann vor Aufregung nicht sprechen, sondern nicke nur energisch. Ein Dinner im ehrwürdigen Dining Hall von Trinity! Das wäre das Allertollste, was mir hier in Cambridge passieren könnte.
„Gut, dann nehme ich dich dorthin mit“, sagt Ethan ganz beiläufig, als ob es um einen Kinobesuch ginge.
Ich meine, ein Kinobesuch mit Ethan wäre auch schon super schön, aber dies...!
Ich strahle ihn an. „Das finde ich wahnsinnig nett von dir. Wann
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