Verliebt in einen Gentleman
helfen?“
Normalerweise
hasse ich es, wenn die Verkäufer mir ihre Hilfe aufdrängen, aber heute bin ich darüber froh.
„Ich bin zum Master's Dinner im Trinity College eingeladen“, sage ich ganz offen, „und ich habe überhaupt keine Ahnung, was man dazu anzieht.“
Die mütterlich-wirkende ältere Dame sagt: „Meines Wissens können Sie da ganz entspannt sein. So förmlich ist das alles längst nicht, wie Sie es vielleicht meinen. Ich glaube, da können Sie sogar in Jeans hingehen.“
Ich sehe sie zweifelnd an. „Auch wenn man seinen Begleiter gerne beeindrucken möchte?“
Da lächelt sie und erwidert: „Nun, in dem Fall würde ich doch zu etwas Eleganterem raten.“ Sie führt mich zu einer Kleiderstange, auf der verschiedene Kleider hängen. Dort zieht sie eines nach dem anderen heraus, hält es vor mich hin und begutachtet, wie es wirkt.
Ich schiele verstohlen auf die Preisschilder.
Oh-oh. Hier bin ich definitiv falsch. Das kann ich mir alles gar nicht leisten.
Ich räuspere mich und sage: „Und wenn es jetzt so wäre, dass man seinen Begleiter beeindrucken wollte, aber leider nicht genug Geld hat, um das zu tun?“
Eigentlich hätte ich gewettet, dass sie bedauernd mit den Achseln zucken und mir die Tür zeigen würde, aber diese Frau lacht nur sehr herzlich und legt einen Arm um meine Schultern.
„Dann kommen Sie mal mit.“ Sie zieht mich weiter in den Laden hinein. Aus einem Regal holt sie etwas hervor, das dort zusammen gefaltet liegt.
„Dieses Kleid wurde uns zurück gebracht, weil ein winziger Webfehler unten am Saum ist. Es könnte Ihnen von der Größe passen. Schlüpfen Sie doch mal rein.“ Sie zeigt mir die Umkleidekabine.
Ich probiere dort das Kleid an. Es ist sehr würdig, in Schiefergrau, hat dreiviertel lange Ärmel, die eng anliegen und ist mit einigen großen Blüten bedruckt. Der (fehlerhafte) Saum bedeckt gerade meine Knie.
Ich trete vor die Kabine.
Die Frau klatscht in die Hände und strahlt. „Es sieht perfekt aus. Unter uns gesagt, steht es Ihnen viel besser, als der Dame, die es ursprünglich gekauft hatte. Besonders zu ihren leicht rötlichen Haaren, wunderbar!“
Sie zaubert ein paar Ballerinas herbei, die eine ähnliche Farbe haben wie das Kleid. „Probieren Sie diese dazu an!“
Sie hat meine Schuhgröße auf Anhieb erraten. Auch die Schuhe passen wie angegossen.
Das Kleid ist erschwinglich, die Schuhe jedoch nicht. Ich seufze und ziehe sie wieder aus, wobei ich traurig mit dem Kopf schüttle.
Mein gute Fee trauert mit mir, als ich sage, dass ich nur das Kleid kaufen kann. Aber sie gibt mir einen Rat: „Ähnliche Schuhe bekommen sie bestimmt in einem der größeren Kaufhäuser im neueren Teil der Stadt.“
Ganz so schnell geht es dann doch nicht. Ich verbringe mindestens eine Stunde, bis ich auch die passenden Schuhe gefunden habe, sowie eine Strumpfhose im passenden Grau.
Als ich hungrig werde, suche ich einen Schnellimbiss und lande bei McDonald's. Dafür reicht mein Geld wenigstens noch.
Und was jetzt? Statt die wunderschöne alte Stadt zu erkunden, habe ich nur eine Ladentour gemacht. Es wird allmählich dunkel und ungemütlich kalt.
Ich werde zurück zu meinem Quartier gehen, und das, was ich heute versäumt habe, morgen nachholen.
Doch da beginnen Kirchenglocken zu läuten. Ich liebe die englischen Kirchenglocken. Sie tönen nicht langweilig „bim-bam“ wie bei uns zu Hause, sondern laufen rauf und runter in wunderschönen, perlenden Tonleitern. Selbst in Gatingstone verfügt die Dorfkirche über ein beachtliches Klangrepertoire. Ich folge dem Klang der Glocken. Er stammt vom King's College. Menschen eilen in die Richtung der dazugehörigen Kapelle, die mir eher wie eine gewaltige Kirche vorkommt, als ich ihnen folge und das Gebäude betrete. Es ist ein spektakuläres gotisches Wunderwerk, mit zarten Steinstreben und leuchtenden Buntglasfenstern. Am Eingang steht ein Schild mit der Einladung zum „Evensong“. Wie schön! Da will ich auch dabei sein.
Die Kirche füllt sich schnell. Ich habe das Glück, einen Platz relativ nah am Altar zu ergattern. Dort setzte ich mich hin und warte, was jetzt kommen wird.
Ein Chor zieht ein. Er besteht nur aus Männern und Chorknaben. Sie stellen sich in das Chorgestühl, das mit Kerzen beleuchtet ist. Sie tragen rote Untergewänder und darüber weiße Chorhemden. Alle haben gefaltete und gestärkte Tudorkragen um. Wenn die Würde des Ortes es nicht verbieten würde, hätte ich große Lust, meine
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