Verliebt in einen Gentleman
für dich spielen. Wo geht es hin?“
„Für mich in die Stadt, für dich zurück nach Deutschland“, sage ich stur.
Jens macht ein nachdenkliches Gesicht. Dann sagt er: „Okay, aber bevor ich dich wieder verlasse, musst du mir erlauben, einen einzigen Wunsch für dich zu erfüllen, sozusagen als Wiedergutmachung, dass ich dich so überfallen habe.“
Ich sage: „Ha! Ein Wunsch? Was soll das sein?“
„Ich weiß es auch nicht. Überlege es dir, und wenn wir in der Stadt sind, sagst du mir, was es sein soll. Ein schönes Essen... Ein toller Café-Besuch... Egal, wofür du dich entscheidest, dein Wunsch ist mein Befehl.“
Er fährt schweigend weiter.
Ich sehe ihn von der Seite an. Man kann die Enttäuschung in seinem Gesicht lesen, dass ich ihn so abblitzen lasse. In Hohensyburg war er so heiter und gemütlich. Jetzt sitzt er mit angespanntem Gesicht da und starrt auf die Straße.
Innerlich seufze ich. Er ist so ein netter Kerl. Wie mache ich ihm bloß klar, dass dies hier alles kein Zweck hat? Genau das wollte ich damals in Münster vermeiden, dass ich diesen prächtigen Menschen so verletzen muss. Genau deswegen war ich doch erleichtert, dass ich bald darauf nach England abflitzen konnte. Verfluchtes Facebook!
Ich zermartere mein Hirn. Was soll ich mir wünschen? Dass er mich ins Museum begleitet? Das wäre zu einfach für ihn. Ein bisschen Rache muss auch dabei sein. Ein schönes Essen würde nur wieder bedeuten, dass wir uns an einem Tisch gegenüber säßen, und er mir tief in die Augen sehen würde. Auch das wäre jetzt nicht das Geschickteste.
Jetzt fahren wir über die Brücke des Cam. Da kommt mir eine geniale, vielleicht auch leicht teuflische Idee.
„Okay, Jens“, sage ich. „Mir fällt da tatsächlich etwas ein. Ich würde wahnsinnig gerne mal in so einem Punt über den Cam gefahren werden. Ich stelle mir das nett vor, die Stadt aus der Wasserperspektive zu betrachten.“
Jens fragt: „Was, bitteschön, ist ein Punt?“
„Das sind die flachen Boote, mit denen man mittels einer Bootstange durch den River Cam gleitet. Ich habe sie schon oft auf Fotos gesehen. Heute will ich auch mal in so einem Ding fahren. Ich meine, dass man sie mieten kann.“
Jens Gesicht hellt sich auf. „Das ist eine geniale Idee! Das hört sich gut an. Okay, Lea, das machen wir.“
Schon hält er am Straßenrand und fragt einen Passanten, wo es zur nächsten Verleihstelle für Punts geht.
Wir parken am Stadtrand und schlendern nach Cambridge hinein.
Ich muss ein wenig schmunzeln, als ich sehe, wie fröhlich Jens auf einmal wieder ist. Vergnügt pfeifend schreitet er aus. Zufällig weiß ich, dass das sogenannte Punting eine Kunst für sich ist. Das Pfeifen wird dem Guten bald vergehen, denke ich.
Nach einem Weilchen finden wir die Anlegestelle, an der eine ganze Flotte von Punts liegt und darauf wartet, von Ausflüglern gemietet zu werden.
Der Vermieter macht gerade die Laden von seinem Büdchen auf und stellt das Schild mit den Preisen heraus.
„Na, ihr seit aber früh dran“, sagt er, als wir unser Anliegen vortragen.„Meistens geht der Betrieb hier erst gegen Mittag los. Jetzt ist es noch ziemlich kühl auf dem Wasser.“
Jens sieht mich zweifelnd an. „Was meinst du Lea, sollten wir es auf später verschieben, wenn es wärmer ist?“
Aber ich kann ganz schön stur sein. „Nein, mein Lieber“, sage ich, „du willst nur kneifen. Am Ende hoffst du, dass du ganz drum herum kommst. Jetzt wird Boot gefahren, wie versprochen.“
Also wählen wir eins von den langen, flachen Booten aus. Ich balanciere als Erste drauf und lasse mich vorsichtig auf eine Sitzbank nieder. Der Vermieter reicht mir ein Polster, das ich mir unterschiebe.
Jetzt erklärt der Vermieter Jens, wo er sich aufzustellen hat, denn Punts werden im Stehen navigiert, etwa wie eine venezianische Gondel. Er reicht ihm die lange Bootstange, wünscht uns gute Fahrt und schiebt das Boot sanft hinaus auf den Fluss.
Ich sitze sehr bequem. So kalt ist es gar nicht, die Sonnenstrahlen wärmen meinen Rücken in meinem dunklen Mantel.
Jens steht mit unsicheren Beinen etwas ratlos da. Das Boot treibt direkt über den Fluss auf das dichte Schilf am anderen Ufer zu. Ich sehe es schon kommen – er wird gleich sein Gleichgewicht verlieren und ins Wasser fallen. Das wird ihm eine Lehre sein, mich bis nach England zu stalken!
Schon rammt das Boot in die Uferböschung. Jens macht ein kleines Tänzchen.
Ich kann es mir nicht verkneifen, darüber zu
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