Verliebt in einen Gentleman
Inez ist auch mit dabei.“
Ich werde ein bisschen rot und sage verlegen: „Ich weiß nicht, ob das klappen wird. Möglicherweise haben wir – habe ich dann schon andere Pläne.“
Catherine bleibt jetzt cool. Sie beißt genüsslich in ihren Kuchen und sagt vergnügt: „Du musst dich ja nicht sofort entscheiden. Bis dann sind es noch ein paar Monate.“
Wir plaudern eine ganze Weile über alles Mögliche. Dann entsteht eine Pause. Da sieht Catherine mich nachdenklich an. Plötzlich sagt sie: „Geht es dir eigentlich gut?“
Ich verdrehe die Augen. „Das fragst du mich? Natürlich! Ich bin zur Zeit die glücklichste Frau auf der Welt.“
„Nimm es mir nicht übel, aber du wirkst irgendwie so gedämpft – irgendwie so, als würde dich etwas belasten.“
Ich sehe sie verwundert an. Was kann sie nur meinen?
„Lass mich es mal so formulieren:“, sagt sie, „Vor den Herbstferien warst du immer so vergnügt. Du hast über jeden Scheiß gelacht. Jetzt nicht mehr. Ist jemand in eurer Familie gestorben?“
„Quatsch“, sage ich, „du bildest dir da irgendetwas ein. Ich bin immer noch die Alte.“
„Dann bin ich ja beruhigt“, sagt Catherine.
Doch im Laufe ihres Besuches guckt sie mich immer wieder so seltsam an, als würde sie immer noch etwas an mir stören.
Als wir uns verabschiedet haben, überlege ich, ob sie das macht, um mir meine Liebe mit Ethan ein wenig zu vergällen. Sicher will sie mir unterstellen, dass ich nicht wirklich so glücklich bin, wie ich tue, weil sie halt doch eifersüchtig ist. Das finde ich nun nicht so furchtbar nett von ihr, aber andererseits will ich großmütig darüber hinwegsehen, denn ich habe hier in Gatingstone nicht viele Freunde, und sie würde mir furchtbar fehlen, wenn es mal zu einem ernsten Streit käme.
Wir Lehrer treffen uns am nächsten Abend im Pub. Ethan und ich setzen uns extra nicht nebeneinander, und ich bin froh darüber, denn seine physische Nähe würde mich so aufwühlen, dass sowieso alle sähen, wie verliebt ich in ihn bin.
Und doch, man weiß nicht wie es kommt, irgendwie spüren doch alle, was los ist. Wissende Blicke wandern hin und her. Hat Catherine etwas erzählt? Vielleicht. Ich habe es ihr nicht verboten.
„Wie war es in Cambridge?“, fragt Anne mich. „Wie ich sehe, hat Ethan dich dort heile abgeliefert.“
Ich erzähle munter von meinen Erlebnissen, auch von der krassen WG, in der es so chaotisch zuging. Die anderen sind ziemlich amüsiert durch das, was ich so berichte. Ethan schweigt die meiste Zeit, dann sagt er aber doch: „Was für ein Küken unsere Lea nur ist! Jeder Mensch weiß doch, dass so ein Haufen undisziplinierter Studenten nur so ein Chaos produzieren können. Also, wenn du so erzählst, Lea, kling es fast so, als seist du stolz auf deine Erfahrungen, aber du bist auch daran Schuld – gib es zu – , dass du sie machen musstest.“
Die anderen sind natürlich begierig darauf, zu hören, wieso das so sei.
Ethan schmunzelt und sagt: „Lea hat sich das Quartier von ihrer Friseuse vermitteln lassen.“
Das löst große Heiterkeit bei der Tischgesellschaft aus. Ich lache ein wenig schlapp mit, aber irgendwie sooo lustig finde ich das auch nicht.
Hoffentlich denken sie jetzt nicht alle, dass ich das letzte Döfchen sei.
Ethan sagt: „Mach dir nichts daraus, Lea, auf Englisch sagt man: 'we live and learn'. Du musst dir halt noch eine Menge Wind um die Ohren pusten lassen, bis sie von hinten ganz trocken sind.“
Obwohl er mich dabei zärtlich ansieht, bin ich geknickt. Früher habe ich schon oft gedacht, dass ich so gut wie erwachsen bin. Jetzt, da Ethan offensichtlich einer anderen Meinung ist, bin ich mir selber nicht mehr so ganz sicher.
Auf einmal fühle ich mich wirklich klein und hilflos. Gut, dass ich so einen selbstbewussten Freund habe. Vielleicht färbt etwas von seinem Selbstbewusstsein auf mich ab.
Vorsichtshalber schweige ich den restlichen Abend und höre nur noch zu, was die anderen so plaudern. Catherine mustert mich irgendwann ziemlich intensiv, dann schaut sie schnell weg.
Was die schon wieder denkt...
Vielleicht denkt sie: „Ich, Catherine, bin doch viel hübscher als Lea. Ich verstehe nicht, warum Ethan sie mir vorzieht.“
Als dann zu später Stunde alle aufbrechen, bleiben Ethan und ich zurück und gehen als letzte von unserer munteren Truppe aus dem Lokal.
„Du bist mir doch wegen vorhin nicht böse?“, sagt Ethan sanft.
Ich weiß schon, worauf er anspielt, aber ich tue so, als
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