Verliebt in einen Gentleman
gelingt es mir doch nach und nach, seine Reserve ein bisschen abzubauen. Sicher muss ich nur ein wenig Geduld haben, dann gelingt es mir eines Tages.
Ethan findet seine Jagdstiefel schnell. Er weiß genau, in welchen Laden er sie finden wird und weiß auch, welches Modell er sucht.
Nachher sagt Ethan: „Dafür, dass du mich begleitet hast, sollst du auch etwas Schönes bekommen. Was möchtest du gerne haben?“
„Ach, das muss doch nicht sein.“
„Schon.“
„Dann würde ich gerne in einen Buchladen und nach einem Buch stöbern.“
Ethan schnaubt aus. „Ach, und ich dachte ihr Mädels mögt neue Kleider oder Schuhe. So etwas hätte ich eher erwartet.“
Ich sehe ihn streng an. „Ich bin nicht 'ihr Mädels', Ethan. Ich bin eine gebildete Frau und habe vor, noch gebildeter zu werden, indem ich mein Examen bestehe.“
„Für mich musst du das alles nicht machen. Ich mag dich so, wie du bist. Wenn ich einmal heirate, muss meine Frau nicht unbedingt arbeiten gehen.“
Mein Herz macht einen Satz.
„Wenn ich einmal heirate“, hat er gesagt.
Wow, das hört sich spannend an. Zum ersten Mal hat Ethan mir gegenüber vom Heiraten gesprochen. Sollte ich das wahnsinnige Glück haben, und mein ganzes Leben mit ihm verbringen dürfen? Wie toll wäre das denn?
Ethan spricht weiter: „Du musst doch dein kleines Mückenhirn nicht mit so gelehrtem Zeug zumüllen, Lea. Komm, wir gehen und kaufen dir ein kleines Schmuckstück. Wie wäre es mit einer hübschen Halskette?“
Er sieht mich so flehend an, dass ich kapituliere. Ich kann ja die nächsten Tage noch einmal alleine nach Colchester fahren und nach meinem Buch suchen, oder ich kaufe es im Internet. Eine Kette von meinem Liebsten werde ich nicht ablehnen.
Also finden wir einen kleinen Juwelier. Der Verkäufer legt uns gleich ein Samttablett auf den Tresen, auf das mehrere Halsbänder drapiert sind.
Mein Blick fällt sofort auf eine hübsche Silberkette, deren Glieder so gedreht sind, dass das Licht sich darin fängt. Ich will gerade darauf zeigen, da greift Ethan nach einer ganz anderen Kette.
„Diese nehmen wir“, sagt er. Der Verkäufer nickt erfreut, denn die Kette ist aus Gold und wesentlich teurer. Mir gefällt sie nicht. Ich finde, sie sieht ziemlich protzig aus. Ich mag filigranen Schmuck und finde, dass er mir besser steht.
„Muss es gerade die sein?“, frage ich. „Ich mag lieber Silber.“
„Silber ist viel zu popelig“, sagt er kompromisslos. „Außerdem passt Gold besser zu der Farbe deiner Haut.“
Ich gebe nach. Wahrscheinlich hat er wieder recht, wie immer. Ich werde mich an die neue Kette gewöhnen müssen.
Später, zu Hause, betrachte ich mich kritisch im Spiegel. Ich bleibe dabei. Die Kette passt nicht zu mir, und dabei hat sie das Dreifache von der anderen gekostet. Ärgerlich. Ich hätte stur bleiben sollen. Jetzt muss ich die tragen, obwohl all meine anderen Schmuckstücke aus Silber sind. Vor England habe ich mir Ohrlöcher machen lassen, und meine ganze Ohrring-Sammlung ist nur aus Silber. Ich kann doch nicht eine Goldkette zu silbernen Ohrringen tragen. Wie blöd sieht das denn aus? Seufzend hake ich meine Lieblingsohrringe, kleine zarte Creolen, ab und lege sie in ein Kästchen.
Wir treffen uns tatsächlich am Wochenende und fahren zu dem Landgasthof, „The Three Lions“ in einem Dorf namens Stock. Natürlich dauert es nicht lange, und wir liegen zusammen im Bett. Ethan kann es kaum abwarten, bis es so weit ist. Das ist so aufregend! Wieder braust Ethans Leidenschaft über mich wie eine Welle. Nachher liegen wir da, erschöpft und glücklich, wie neulich in Thorpness.
Anscheinend waren meine Sorgen, er fände mich nicht gut genug im Bett, völlig überflüssig. Wir harmonieren wunderbar. Es ist ein Traum.
Obwohl...
Als Ethan am Abend eingeschlafen ist, und ich seine regelmäßigen Atemzüge höre, liege ich noch eine ganze Weile wach. Etwas wurmt mich. Ich finde es natürlich toll, dass er so wild nach mir ist. Ich bin ja auch wild nach ihm. Aber eigentlich hätte ich es gemocht, wenn wir diesmal etwas langsamer zur Sache gekommen wären. Man könnte doch erst mal so ein bisschen zärtlich miteinander sein. Er könnte doch ein wenig – es muss ja nicht viel sein – um mich werben. Stattdessen stürmt Ethan hinein in den Liebesakt, so wie ein siegesgewisser Gladiator in eine Arena. Auch in diesem Punkt plagen IHN jedenfalls überhaupt keine Selbstzweifel. Ich überlege, ob es mir gelingen könnte, ihm meine
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