Verliebt in einen Gentleman
Catherine sich die etwa ausgedacht? Ich kann nicht glauben, dass das, was sie behauptet, wahr ist.
Es sei denn, sie ist folgendermaßen abgelaufen...
Ich lege mir alles zurecht.
Ethan hat sie nur aus Höflichkeit eingeladen, weil sie doch als ausländische Studentin ein wenig einsam ist. Genau. Immerhin hat sie ja für die WG die Crêpes gebacken. Das Date war ein kleines Dankeschön für ihre Mühe. Das ist so typisch für Ethan. Er ist halt doch durch und durch ein Gentleman. Bestimmt hat er im Lauf des Abends gemerkt, dass Catherine sich zu ihm hingezogen gefühlt hat. Möglicherweise wusste er schon von ihrem Freund, und wollte nicht, dass Catherines aussichtslose Schwärmerei etwas kaputt macht. Ethan hatte mit Catherine zu dem Zeitpunkt definitiv nichts vor, denn da hat er sich schon total für mich interessiert – das weiß ich von unserem Abend im Pub, als er mir schon so tolle Komplimente gemacht hat.
Catherine hat also gespürt, dass er ihr gegenüber kühl blieb, obwohl sie ihn sehr mochte, (welche Frau kann mit Ethan zusammen sein und ihn NICHT mögen?), und hat ihm dann irgend etwas Schnippisches gesagt, etwa, dass sie sowieso nicht mit ihm schlafen würde. Da hat Ethan auf seine vornehme Art beschlossen, dass es besser für sie beide ist, wenn er in Zukunft einen großen Bogen um sie macht.
Arme Catherine! Irgendwie tut sie mir echt leid. Das ist schon nicht besonders schön, so eine Abfuhr erteilt zu kriegen. Und jetzt muss sie zusehen, wie ich mit Ethan glücklich bin. Hoffentlich belastet das unsere Freundschaft nicht zu sehr, denn ich mag Catherine wirklich sehr gerne.
Ob sie wohl trotzdem am Nachmittag vorbei kommt?
Sie kommt tatsächlich. Ich freue mich so sehr und gebe mir besondere Mühe, uns einen hübschen Kaffeetisch zu decken, während sie bewundernd im Wohnzimmer steht.
„Das ist ja super hier“, sagt sie anerkennend, „viel heller und komfortabler, als bei den Lanes.“
„Ja“, sage ich, „und stell dir vor, in wenigen Tagen habe ich sogar mein eigenes Badezimmer.“
Ich erzähle ihr, wie es zu dem Umzug gekommen ist, auch von dem Streit mit den Lanes.
„Ehrlich gesagt habe ich mich gewundert, dass du es dort so lange ausgehalten hast“, sagt Catherine. „Ich hätte sie keine Woche ertragen können. Sie haben dich so bemuttert.“
„Ach“, sage ich, „sooo schlimm war es auch nicht. Sie meinten es nur gut. Aber jetzt, wo ich hier wohne und wieder selbständiger bin, spüre ich, wie gut mir das tut. Ethan hat mir dazu geraten, bei ihnen auszuziehen.“
Catherine erstarrt sofort, als ich seinen Namen ausspreche. Ich Esel! Ich hatte mir doch vorgenommen, ihn nicht zu erwähnen, denn ich will ihr nicht unnötig wehtun. Es liegt nur daran, dass mein Kopf zur Zeit so voll von Ethan ist, dass ich am liebsten den ganzen Tag lang von nichts anderem reden würde.
Catherine dreht sich zu mir hin und sagt gemessen: „Lea, ich respektiere, dass du Ethan magst und mit ihm zusammen bist. Ich respektiere auch, dass du eine andere Meinung
von ihm hast, als ich, aber erwarte bitte nicht von mir, dass ich mit dir immerfort über ihn rede. Ich rede ja auch nicht ständig über Christian.“
„Sorry“, sage ich, „du hast recht.“
Ich decke schnell den Tisch fertig, stelle den Kuchen hin, den ich extra besorgt habe, und hole die Kanne mit Tee. Während ich uns eingieße, sage ich: „Lass uns von etwas anderem reden. Wie war es in der Bretagne?“
„Super schön! Ich habe mich so gefreut, meine Familie wieder zu sehen – und meinen Freund natürlich auch. Weihnachten fahre ich wieder heim. Jetzt freue ich mich auch schon wieder darauf. Ich gebe zu, ich kriege manchmal schon ganz schön Heimweh.“
Ich sage: „Das geht mir auch so, aber ich finde es so schade, wenn man schon mal im Ausland ist und dann die Ferien nicht nutzt, um etwas von dem Land zu sehen.“
„Ja, natürlich hast du recht“, sagt Catherine, „aber ich habe auch Sehnsucht nach meinen Lieben. Für den Frühling habe ich mir jedenfalls eine ganz tolle Lösung ausgedacht. In den Osterferien kommt meine ältere Schwester nach England, und dann fahren wir zusammen nach Cornwall. Dort muss es so schön sein – ich wollte es immer einmal besuchen. Meine Schwester kommt mit ihrem Auto und wir fahren dort an die Küste und suchen uns ein Ferienhaus.“
Ich seufze. „Das klingt ja himmlisch.“
„Ja“, sagt Catherine, „und du bist auch eingeladen. Ich fände es super toll, wenn du mit dabei wärst.
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