Verliebt in einen Unbekannten
nach.
»Ich glaube, wir steuern auf das Ta-tamtadam, tamtam-tadam zu.«
Fast wäre ich in Ohnmacht gefallen.
Sam, der in der hohen Kunst der Diplomatie weniger bewandert war als wir, schnappte nach Luft. » DU ? DU HEIRATEST ?«
Hailey zeigte ihm den Stinkefinger. »Niemand ist weniger für die Ehe geschaffen als du, Bowes«, teilte sie ihm herablassend mit. »Denk mal dran, wie es für uns war, als du die Katze aus dem Sack gelassen hast!«
Ich sah, wie Sam schmerzlich getroffen das Gesicht verzog, und verspürte plötzlich das Bedürfnis, ihn in Schutz zu nehmen. »Lass ihn in Ruhe, Hails«, sagte ich zu ihr.
Sam winkte ab. »Ach, sie hat ja recht. Aber im Ernst, Hailey. Du willst dich verloben? Hast du mit ihm schon darüber gesprochen?«
Hailey drehte sich um, ein rätselhaftes Lächeln auf dem Gesicht. Im Schwung legte sich das flieÃende Kleid kurz an ihren Bauch, der mir sehr viel runder vorkam als sonst.
Oh mein Gott , dachte ich. Sie ist schwanger! Ich umklammerte Halt suchend die Stuhllehne. Erst Sam, der sich verlobte â wenn auch nicht für lange â, und jetzt eine SCHWANGERE Hailey? Das war zu viel für mich. Sam, Hailey und ich waren seit ewigen Zeiten Singles gewesen!
Sam quetschte Hailey nach ihrer möglicherweise bevorstehenden Verlobung aus (Matty war kürzlich bei einem Juwelier in Stockbridge gesichtet worden), und ich versuchte, mich mit der Vorstellung zu versöhnen, dass sie ein Baby bekam. Das alles kam mir einfach zu bizarr vor, als dass ich mich freuen konnte. Hailey, eine Mutter? Wie hatten wir so alt werden können? Würde mich bald dasselbe Schicksal ereilen?
Meine Gedanken flogen zu John. Unsere »Beziehung« â wenn man es denn schon eine Beziehung nennen konnte â war zwar verwirrend, doch darüber hinaus war ich einfach nur heilfroh, nach all den Jahren an diesem Punkt angekommen zu sein. Ihn zu küssen lieà meine Knie zittern, und seine anzüglichen Nachrichten verdrehten mir den Kopf, als wäre ich wieder ein verknallter Teenager; es war so gut wie unmöglich, ihn bei der Arbeit auch nur um Armeslänge auf Distanz zu halten. Am liebsten hätte ich mir auf die Brust getrommelt und Besitz heischend verkündet, dass er mir gehörte. Trotzdem war es nach wie vor demütigend, dass ich mit einem Mann ins Bett ging, der gerade mal zwanzig Sekunden lang Single gewesen war â noch dazu unfreiwillig, schlieÃlich hatte Susan ihn verlassen, auch wenn er behauptete, mit ihr fertig zu sein.
Doch es gab eben keine perfekte Beziehung, rief ich mir vor Augen, zog mein Handy aus meinem Morgenmantel und las noch einmal die Nachricht, die er mir in der Früh geschickt hatte: Sie holt gerade ihre Sachen ab. Bald bin ich ganz dein, Charlotte Lambert. Zieh vorsichtshalber schon mal deine Sachen aus. X
Ich lächelte. Noch immer konnte ich nicht glauben, dass das hier wirklich passierte.
»Chas?«, blaffte Hailey. Ich blickte auf. Sie legte Würstchen zwischen die Brotscheiben, ohne sie vorher zumindest zu halbieren.
»Ja?«
»Was hat das zu bedeuten?«
Sam schlurfte zum Kühlschrank, um seinen Ketchup herauszunehmen, und blickte drein wie ein schuldbewusster Hund.
»Bowes hat uns von deinem Date mit John erzählt«, sagte Hailey mit zusammengekniffenen Augen. »Stimmt das?«
Ich wappnete mich. Ich konnte bereits spüren, wie ihre Stimmung umschlug. Ich wollte keine weitere Lektion erteilt bekommen: SchlieÃlich fühlte ich mich schon elend genug. »Ja«, sagte ich schlicht. Das Wort drang über meine Lippen, ohne dass ich es aufhalten konnte. Ein groÃes, glückliches, schuldbewusstes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. »Und bevor du mich fertigmachst: Ich bin keine Schlampe. Es ist aus mit seiner Frau, und er will mit mir zusammen sein. Endgültig.«
Drei verblüffte Gesichter starrten mich über den Berg Wurstsandwiches hinweg an. »Im Ernst?«, fragte Ness. Sie sah besorgt drein.
»Ja, im Ernst«, bekräftigte ich, leicht verletzt. Sieben Jahre hatten meine Freunde mich immer wieder zu meinem Flirt mit John ermutigt, da sollten sie jetzt besser kein anderes Lied singen, dachte ich. Nun war ich am Zug. John gehörte mir. Ich hatte quasi ein halbes Leben lang gewartet, und endlich, endlich war er mir in den Schoà gefallen. Buchstäblich. Und es wäre besser, sie hielten die
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