Verliebt in einen Unbekannten
aufgebaut, als sie mit gebrochenem Bein zu Hause war. Ausgerechnet eine Dating-Agentur !« Sie spuckte das Wort aus, als hätte sie Exkremente im Mund.
John fuhr überrascht zu mir herum. »Unsinn«, schoss er, wieder an Margot gewandt, zurück. »Das ist unmöglich. Sie arbeitet rund um die Uhr.«
Was leider Gottes der Wahrheit entsprach.
»Ich kündige«, wiederholte ich.
John ignorierte mich. »Beweis es«, zischte er Margot an.
Endlich setzte mein Gehirn wieder ein.
»Ich kündige«, erklärte ich laut. »Hört mir eigentlich jemand zu? Ich werde jetzt gehen und nicht mehr zurückkommen. Wenn ihr mich wegen der Kündigungsfrist verklagen wollt â nur zu. Ich will mein Leben zurückhaben.«
Zwei Gesichter starrten mich fassungslos an.
»Wie bitte?«, fragte John.
»Du hast richtig gehört«, sagte ich. »Wir können das via E-Mail oder telefonisch besprechen, ich kann auch gerne noch mal reinkommen und eine formelle Kündigung einreichen, aber jetzt werde ich auf der Stelle zur Beerdigung meiner GroÃmutter fahren.«
John war völlig entgeistert. »Du kannst nicht gehen«, sagte er ungläubig. »Du kannst doch nicht einfach so â gehen .«
»Ich muss«, erwiderte ich bedächtig. »Ich bin zweiunddreiÃig, fast dreiunddreiÃig, und ich habe kein Leben. AuÃerdem braucht mich mein Vater.« Die Worte blieben mir im Halse stecken. Schnell ging ich um John herum und raus aus meinem Büro.
»Wie zum Teufel soll ich das Chambers erklären?«, fragte John, der mir dicht auf den Fersen folgte. Er klang fast wie ein kleines Kind.
»Du kriegst das sicher hin«, antwortete ich leise. »Du bist doch darin geübt, ihm etwas vorzumachen.«
Wie aufs Stichwort hastete Chambers auf mein Büro zu, als hätte er Lunte gerochen.
»Schon unterwegs zur groÃen Show, Sharon?«, fragte er misstrauisch.
Ich blickte ihn von oben bis unten an, diesen abscheulichen kleinen ScheiÃkerl, der sich erdreistet hatte, mir mehr als nur einmal an den Hintern zu fassen. »Leck mich, Fettsack«, sagte ich zu ihm.
Und dann kehrte ich John MacAllister zum ersten und letzten Mal den Rücken zu. Ich reichte Cassie meinen Sicherheitsausweis und schritt aus der Presseabteilung von Salutech. Meine Autoschlüssel klingelten laut in der Stille.
Als ich unten aus dem Fahrstuhl stieg, sackten mir vor Schreck fast die Beine weg. Eine stark geschminkte Frau mit tadelloser, extrem voluminöser Frisur stürmte durch den Haupteingang. »Wo finde ich John MacAllister?«, fragte sie den Wachmann. Sie war Amerikanerin. Sie hatte scharfe Krallen. Blutrot. Obwohl sie nicht besonders laut sprach, hatte sie etwas Furchterregendes an sich. So furchterregend, dass ich einen Augenblick wie angewurzelt stehen blieb und sie anstarrte. Und dann wurde mir klar, dass sie Susan Faulkner war. Jetzt Susan MacAllister. Oh ja, ich hatte ihr Foto stundenlang angestarrt.
Der Wachmann bemühte sich, ihr zu erklären, dass sie einen Termin bräuchte, doch Susan lächelte nur eiskalt und drohte mit stahlharter Stimme: »Wenn Sie versuchen, mich aufzuhalten, werde ich handgreiflich. John MacAllister ist mein Ehemann. Ich habe soeben herausgefunden, dass dieses Dreckschwein eine Affäre mit seiner Pressefrau hat. Wenn Sie mich zu ihm lassen, werde ich nur ihn umbringen, wenn nicht, dann werden eben beide dran glauben.«
»Sie finden ihn im zweiten Stock«, schaltete ich mich ein, plötzlich zum Leben erwacht, und stellte einen Fuà in den Lift, um die Türen aufzuhalten. »Und ja, er hatte eine Affäre mit seiner âºPressefrauâ¹, tut mir leid. Er hat behauptet, Sie wären mit einem anderen Mann nach Amerika durchgebrannt. An Ihrer Stelle würde ich ihn definitiv umbringen.«
Sie starrte mich einen Augenblick entgeistert an, und ich sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Dann stieà sie einen markerschütternden Kriegsschrei aus und stürmte in den Aufzug.
Ich lächelte und trat hinaus in die Welt.
Fünfzehn Minuten später stapfte ich den äuÃerst fuÃgängerunfreundlichen Randstreifen an der A1 entlang und kam mir ziemlich dämlich vor. Während meiner filmreifen Kündigung hatte ich die Logistik völlig auÃer Acht gelassen, vor allem die Tatsache, dass mein Auto Salutech gehörte. Dass mir ein fahrbarer Untersatz fehlte und keine
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