Verliebt in einen Unbekannten
ein Interview mit einem Wissenschaftler benötigen, mit einem Patientenverband, was auch immer. Ich werde es arrangieren.«
Alan klang, als würde er Pfeife rauchen. Es hätte mich nicht überrascht; ich hatte ihn einmal in der Nähe seines Büros in Kingâs Cross zum Mittagessen eingeladen, und er hatte Hausschlappen getragen.
»Sicher, Charley. Obwohl Ihre Kollegin â wie heiÃt sie noch gleich? Melissa? â mich heute Morgen angerufen und mir mitgeteilt hat, ihre Durchwahl hätte sich geändert, doch sämtliche Pressekontakte würden nach wie vor über sie gehen.«
Es entstand eine unangenehme Pause, die Alan mit wieherndem Gelächter füllte. »Ich nehme an, das hatten Sie jetzt nicht erwartet. Ach du liebe Güte. Nun, Charley, Sie sind der Boss. Ich werde ganz sicher Sie anrufen, wenn ich etwas brauche.«
»Danke, Alan«, sagte ich mit gezwungener Ruhe. »Ja, ich bin immer noch der Boss. Bis Ende nächster Woche dann, bei der Pressekonferenz.«
Bevor ich hinüber an Margots Schreibtisch stürmte und auf sie einprügelte, rief ich eine zufällig getroffene Auswahl anderer Zeitungen an. Alle hatten denselben Anruf von Margot erhalten. Brodelnd grub ich die Fingernägel in meine Handflächen. Wie konnte sie es wagen?
AuÃer mir vor Zorn schob ich meinen Stuhl zurück, um aufzustehen, doch mit nur einem gesunden Bein flog ich hintenüber und krachte mit einem lauten Schmerzensschrei auf den FuÃboden.
»O mein Gott, Charley!« Cassie, meine persönliche Assistentin, kam in mein Büro gerannt. »Was ist passiert?«
Ich war puterrot. »Ach, nichts«, wiegelte ich ab und täuschte ein Lachen vor, doch ich brachte nichts als ein hohles Gewieher zustande. Tränen, die ich absolut nicht zurückdrängen konnte, traten in meine Augen. »Ich habe bloà versucht, zu schnell aufzustehen. Es geht mir gut!«
»Nein, das tut es nicht.« Cassie half mir hoch und verfrachtete mich fachmännisch zurück auf meinen Stuhl, den sie mit ihrem Bein sicherte. Ich kam mir ausgesprochen dämlich vor, noch dazu, weil ich ihre Vorgesetzte war. »Charley, bitte rufen Sie mich, wenn Sie Hilfe brauchen«, sagte sie. »Sie sind ziemlich früh zurückgekommen.«
»Danke«, flüsterte ich, noch immer dunkelrot. Ich sah durch die offene Tür zu Margot hinüber, die an ihrem Schreibtisch telefonierte und sich nun in ihrem Stuhl zurücklehnte, um die entwürdigende Szene zu betrachten. In ihrem Gesicht stand Schadenfreude.
Als sie auflegte, rief ich sie an. »Könntest du bitte kurz zu mir kommen?«
Ein paar Minuten später kam sie mit einer Tasse Tee hineingeschlendert. Mit nur einer, versteht sich.
»Margot, die medizinische Fachpresse hat mir mitgeteilt, du hättest sie innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden kontaktiert, um darauf hinzuweisen, dass du die erste Anlaufstelle für eventuelle Fragen bist.«
»Korrekt.«
»Das Problem ist nur, du bist es nicht. Ich bin das.«
»Seit wann gehen Presseanrufe direkt an die Leiterin der Kommunikationsabteilung?«, fragte sie. »In diesem Büro sitzen zehn Leute, die die Anrufe vor dir entgegennehmen. Zu dir werden nur die wichtigsten durchgestellt. So ist es hier gang und gäbe, Charley.« Sie nahm ein Schlückchen Tee und starrte mich, ohne zu lächeln, an.
Im Grunde hatte sie recht, doch wir beide wussten ganz genau, was sie da tat. Dieser aalglatte kleine SchleimscheiÃer.
»Nun«, sagte ich, so ruhig ich konnte, »die üblichen Regeln sind momentan auÃer Kraft gesetzt. Wir lancieren ein ungeheuer wichtiges Produkt. Alles, was Simitol betrifft, läuft zunächst über meinen Schreibtisch.«
Margot zuckte die Achseln. »Schön, wenn du das so möchtest.« Sie schlenderte wieder hinaus, vollkommen unbeeindruckt, und wieder einmal ertappte ich mich dabei, am liebsten in Tränen ausbrechen zu wollen. Mich in mein Bett verkriechen zu wollen. Mein Hosenanzug kniff in der Taille. Sams Mahlzeiten hatten dazu geführt, dass ich ein paar Kilo zugenommen hatte, auÃerdem hatte ich die ganzen Wochen über keinen Sport treiben können, und nach ein paar Stunden Klimaanlage fühlte meine Haut sich an, als hätte jemand einen SchweiÃbrenner darangehalten.
Was für ein grauenvoller Tag.
»Hatten Sie einen guten Tag?«, fragte mich Graham vom
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