Verliebt in einen Vampir: Argeneau Vampir 2
verstehen, wovon ich spreche, wenn Sie es erleben.”
Rachel starrte die andere unsicher an, dann räusperte sie sich und fragte: „Haben Sie gerade meine Gedanken gelesen?”
„Ich fürchte beinahe - ja.” Marguerite biss sich auf die Unterlippe. „Es tut mir wirklich leid. Eine schlechte Angewohnheit. Ich werde in Zukunft nicht mehr versuchen, in Ihre Gedanken einzudringen.”
Rachel zuckte die Achseln. Sie würde einfach nur aufpassen müssen, was sie dachte. Und im Augenblick interessierten sie diese anderen Dinge mehr. „Kann ich jetzt auch Gedanken lesen?”
„Noch nicht. Sie müssen es erst noch lernen. Es gibt viele Dinge, die Sie noch lernen müssen.”
„Zum Beispiel?”, fragte sie neugierig.
Marguerite dachte nach. Rachel befürchtete, sie versuchte zu entscheiden, was sie ihrem Gegenüber zumuten konnte und was nicht. Schließlich sagte die Altere: „Sie werden feststellen, dass Sie viel stärker sind als früher. Auch schneller, sowohl körperlich als auch geistig. Und sie werden besser im Dunkeln sehen können.”
„Wie nächtliche Raubtiere.”
„Ja. Ihre Augen werden leuchten, wenn das Licht sie im Dunkeln trifft, wie die eines Nachttieres.”
Rachel hob unwillkürlich die Hand ans Gesicht und schaute von Marguerite zu Lissianna. Sie hatten beide die gleichen silbrig blauen Augen wie Etienne. „Sind meine Augen jetzt wie Ihre?” Es war ihr nicht wirklich aufgefallen, als sie oben in den Spiegel geschaut hatte.
„Eher silbrig grün”, stellte Marguerite fest. „Waren sie ursprünglich grün?”
„Ja.” Jetzt war Rachel neugierig geworden und wollte es unbedingt sehen.
Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als Lissianna aufstand und zum Tresen der Bar ging, auf dem ihre Handtasche lag. Sie kramte einen Moment darin herum, dann hatte sie eine Puderdose in der Hand. Sie öffnete sie und kam damit zum Sofa zurück. „Ich bin zweihundertzwei Jahre alt”, sagte sie und reichte Rachel die Dose mit dem Spiegel.
Rachel gelang ein verlegenes Lächeln, als Lissianna ihre lediglich in Gedanken formulierte Frage beantwortete, und sie erinnerte sich daran, dass sie in der Nähe dieser Wesen wirklich aufpassen musste, was sie dachte. Dann schaute sie in den Spiegellund betrachtete ihre Augen.
„Oh”, hauchte sie. Die Sorge um das Gedankenlesen war schnell wieder vergessen. Dann sagte sie ein wenig besorgt: „Es wird interessant sein, das meinen Verwandten zu erklären.” Sie blickte auf und bemerkte gerade noch, dass Mutter und Tochter einen Blick wechselten. „Was ist?”
Lissianna schüttelte den Kopf, aber ihr Lächeln wirkte ein wenig angestrengt. „Sagen Sie einfach, es seien Kontaktlinsen.”
„Gute Idee”, stellte Marguerite fest und erhob sich. Aber ihre Zustimmung war verdächtig schnell gekommen. „Jetzt sollten Sie sich noch ein wenig ausruhen. Sie sind müde.”
Es war seltsam, aber Rachel fühlte sich tatsächlich auf einmal sehr müde. Sie hatte auch den Verdacht, dass das Lesen der Gedanken anderer nicht das Einzige war, was diese Leute beherrschten.
„Sie können auch Gedanken kontrollieren”, bezichtigte sie die beiden Damen.
„In früheren Zeiten war das bei der Jagd ein nützlicher Kniff”, erwiderte Marguerite ruhig.
Zumindest log sie nicht, dachte Rachel ergeben. Dann fiel ihr etwas anderes ein: „Hat Etienne vorhin mein Denken beeinflusst?” Sie erwähnte die leidenschaftlichen Augenblicke im Schlafzimmer nicht direkt, aber das war auch nicht notwendig. Marguerite konnte schließlich problemlos in ihr geistiges Inneres eindringen.
„Zum Glück kann Etienne weder Ihre Gedanken lesen noch sie beherrschen”, stellte sie fest.
„Wieso ist das ein Glück?”, fragte Rachel. Sie war zwar derselben Meinung, aber warum empfand Marguerite ebenso?
„Weil gute Lebensgefährten einander nicht deuten oder beherrschen dürfen. Das wäre keine richtige Partnerschaft, sondern eine Beziehung zwischen einem Puppenspieler und einer Marionette.”
Rachel fand diese Bemerkung ein wenig irritierend, denn sie hatte diese Leute gerade erst kennengelernt und war niemandes Lebensgefährtin, aber dann fiel ihr noch eine andere Frage ein. „Wie alt ist Etienne?”
„Dreihundertzwölf.”
„Dreihundertzwölf”, wiederholte Rachel. Ihr Unbehagen kehrte zurück. Dieser Mann war dreihundertzwölf Jahre alt. Sie hatte versucht, einen alten Mann ins Bett zu zerren. Einen Tattergreis.
„Keine Sorge”, sagte Marguerite. Diesmal war ihre Stimme leise,
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