Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Noch am Tag deiner Ankunft.«
»Oh«, sagte Emily. Sie erinnerte sich an den Abend. Vom Fenster aus hatte sie beobachtet, wie ihre Großmutter vor dem Haus auf jemanden einredete. Auf Matt einredete. Einen abweisenden, unnachgiebigen Matt.
Sie musste lachen. »Ich nehme an, der Antrag wurde abgelehnt?«
Eve legte ihren Kopf schief. »Womöglich hat Matt seine Meinung inzwischen geändert«, sagte sie lächelnd.
Emily schwieg.
Hat er nicht, dachte sie.
Ganz und gar nicht.
Doch womöglich hatte sie ihre Meinung geändert. In dem Augenblick, in dem sie sich neben die leblose Milly gelegt hatte, hatte auch etwas in Emily aufgehört zu atmen.
Die Hoffnung vielleicht. Die Hoffnung auf eine Zukunft mit Matt.
»Sie haben beide sehr beeindruckende Fähigkeiten«, sagte Emily. »Chloe und Matt, meine ich. So … mächtig .« Nur zögernd wählte sie Chloes Worte. Sie erschienen ihr auf einmal so passend.
»Mächtig.« Eves Stirn legte sich in Falten. »Warum sagst du das?«
Emily sah Eve an. »Weshalb ist sie nicht mit Stephen fortgegangen, so wie meine Mutter es getan hat, um mit meinem Vater zu leben? Sie hätte Hollyhill verlassen können. Sie hätte sich für ein ganz normales Leben entscheiden können, fernab von jeglicher Gefahr.«
Eve öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Womöglich ahnte sie, was Emily als Nächstes sagen wollte. Womöglich würde es ihr nicht gefallen.
Emily sagte: »Ihr braucht sie, hab ich recht? Matt und Chloe. Und Cullum noch dazu. Aber auch Josh. Joshs Gabe ist ebenfalls unverzichtbar für Hollyhill.«
»Emily«, sagte Eve.
»Und Rose. Sie sieht Splitter aus der Vergangenheit eurer … Gäste . Es wäre unverantwortlich zu gehen, denn die anderen blieben zurück und müssten ohne die Hilfe derer klarkommen, die sich für ein anderes Leben, für ein eigenes, entschieden haben.«
»Stopp«, sagte Eve. Sie schüttelte den Kopf. »Niemand hat je einen Groll gegen deine Mutter gehegt, weil sie fortgegangen ist. Wir haben uns lediglich Sorgen gemacht. Wir wollten verstehen, was sie zu diesem Schritt bewogen hat. Und niemand wird je einem anderen aus dem Dorf einen Vorwurf machen, weil dieser Jemand sich entschließt fortzugehen.«
Emily antwortete nicht. Je mehr sie über das Leben ihrer Mutter erfuhr, desto stärker wuchs ihr Respekt dafür, was sie getan hatte. Und ihr Mitgefühl. Ihre Mutter musste sich schrecklich gefühlt haben, ihre Freunde im Stich gelassen zu haben. Ihre eigene Mutter verlassen zu haben. Die Jahre, die sie mit Emilys Vater in München gelebt hatte, mussten geprägt gewesen sein von Schuldgefühlen und Gewissensbissen.
Chloes Worte schwirrten durch ihren Kopf.
Wir sind beide unverzichtbar für das Dorf, Matt genauso wie ich.
Sie wollte nicht, dass Matt sich so fühlte. Sie wollte nicht, dass Matt irgendjemanden im Stich ließ. Für sie.
»Wir würden nie jemanden aufhalten, der gehen möchte«, versuchte es Eve weiter. »Es ist eine unglaublich schwere Entscheidung, dieses Leben hinter sich zu lassen. Unglaublich schwer und unglaublich mutig.«
Emily lächelte. Das waren genau Roses Worte gewesen.
Unglaublich schwer, unglaublich mutig. Und absolut unmöglich.
Sie erreichten Hollyhill am späten Nachmittag des 7. Novembers 1811. Wie die Hinfahrt war auch die Rückreise holprig gewesen, begleitet von rauen Winden und feinem Regen und für den Rest der Fahrt überaus schweigsam, denn Emily war nach ihrem Gespräch nicht wirklich zum Plaudern aufgelegt und Eve so einfühlsam, sie zu keiner weiteren Unterhaltung zu drängen.
Emily hatte die Augen geschlossen und sich bemüht, an nichts zu denken. Was natürlich unmöglich war. Die Bilder der vergangenen Tage blendeten sich ein und aus. Milly mit Chester, Cullum am See, Matt im Pavillon. Hollyhill tauchte in ihren Gedanken auf, aus der Perspektive, wie sie es zum ersten Mal gesehen hatte, vor nicht einmal zwei Wochen. Die Steinbrücke, der Bach, der Wald. Der Duft nach Blumen und das Summen der Bienen. Ihre Großmutter, Silly. Quayle. Ihre Mutter. Als sie nach mehreren Stunden Fahrt endlich vor dem Cottage ihrer Großmutter anhielten, war Emily so erschöpft, dass sie sich am liebsten sofort in ihr Zimmer zurückgezogen hätte. Wäre da nicht …
»Hallo, Liebes.« Ihre Großmutter küsste sie zur Begrüßung auf beide Wangen. »Wie war die Fahrt?« Sie legte einen Arm um Emily und schob sie sachte von der Kutsche weg. Adam und Eve schlenderten Hand in Hand in Richtung Holyhome. Cullum schnalzte mit der
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