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Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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sie so auch die Erinnerung an diesen jüngsten Traum abschütteln. Schließlich verschränkte sie die Arme vor dem Körper und blinzelte in die Dunkelheit. Es war stockfinster. Weder spendete ein Mond am Himmel Licht noch die altmodischen Laternen entlang der Straße. Sie sah nichts, außer den schemenhaften Umrissen von Martha-Mays Laden und dem Holyhome gegenüber, und sie hörte nichts als ihren eigenen Atem, den sie bibbernd in die Nachtluft stieß. Hatte sie sich am Ende geirrt? Hatte Matt nachmittags gemeint und nicht nachts? Hatte sie die englische Uhrzeit verkehrt herum gedeutet?
    »Sind das deine Wanderstiefel?«
    Emily stieß einen erstickten Schrei aus. »Oh, verdammt«, flüsterte sie. »Verflixt noch mal.«
    Matt lachte leise. »Tut mir leid«, sagte er, »beziehungsweise – ich konnte nicht widerstehen. Es sah so witzig aus, wie du da standest und in die Nacht geblinzelt hast.«
    »Witzig.«
    »Genau. Hier.« Er drückte Emily einen Gegenstand in die Hand, der sich als Taschenlampe entpuppte, nachdem Matt einen kleinen Schalter gedrückt hatte. Der Lichtkegel war auf ihre Füße gerichtet, doch nun konnte Emily Matts Gesicht erkennen. Er sah zweifelnd nach unten, auf Emilys Chucks.
    Sie gab einen genervten Laut von sich. »Hör zu«, setzte sie an, »ich werde mich hier nicht mit dir über meine Schuhe unterhalten. Das ist kein Wanderurlaub, und du bist nicht … der Oberpfadfinder.« Sie starrte ihn an. »Was wolltest du mir zeigen?«
    Matt erwiderte ihren Blick schweigend, um seine Mundwinkel zuckte es.
    O Mann, dachte Emily, das ist irgendeine Marotte von ihm. Mich so lange anzusehen, bis ich schmelze.
    »Das Dartmoor ist bekanntermaßen ein Wanderparadies«, sagte er schließlich. »Und wir müssen uns beeilen.« Damit drehte er sich um und lief mit großen Schritten voraus in Richtung Brücke, vorbei an der Kirche, den Bach entlang, ins Moor hinein.
    Okay – der Boden war nicht gerade eben, die Ginsterbüsche stachlig, der Wind unbarmherzig und kalt. Emily leuchtete mit der Taschenlampe auf die Fersen von Matts Stiefeln, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. »Ich finde auch, wir sind noch nicht genug nachts durchs Moor gewandert«, murmelte sie, während sie sich bemühte, bei Matts hohem Tempo mitzuhalten.
    Er bewegte sich mühelos durch die Nacht, so als fände er sich blind zurecht in dieser Landschaft aus Geröll und Schatten und Nichts. Und Emily fühlte sich schmerzlich an ihren letzten Ausflug dieser Art erinnert, als sie nach einem Zeitsprung, von dem Emily noch nicht einmal geahnt hatte, dass es einer war, stundenlang durchs Moor gelaufen waren, auf der Suche nach Hollyhill, das wie vom Erdboden verschluckt schien.
    Für eine Sekunde dachte sie daran, dass es diesmal wieder so sein könnte – dass sie das Dorf nicht mehr vorfanden und sie mit Matt allein in ein neues Abenteuer stürzte. Schnell schob sie den Gedanken beiseite. Es gab nichts mehr zu tun für sie beide, nichts, das Emilys Aufenthalt in Hollyhill rechtfertigte.
    Matt warf ihr über die Schulter einen Blick zu. »Es ist nicht mehr weit«, sagte er, und erst jetzt fiel Emily auf, dass sich der Himmel über ihnen von einem tiefen, sternlosen Schwarz zu einem matten Dunkelgrau gewandelt hatte.
    Sie waren eine Weile dem Flusslauf gefolgt und dann einem breiteren Pfad, der sich einen Hügel hinauf durch einen Wald schlängelte. Nun wurden die Bäume weniger, die Sicht wurde besser, und Emily knipste ihre Taschenlampe aus. Neben ihr, auf einer Weide, schliefen Kühe und Schafe eng aneinandergekuschelt, und Matt hielt auf ein Gatter zu, das die Wiese vom Weg trennte.
    Wieder liefen sie querfeldein, immer weiter bergauf. Bäume wurden seltener, Gras und Steinbrocken mehr. Hier, wo nichts mehr ihn aufhielt, pfiff der Wind so stark, dass sich Emily mit ihrem ganzen Gewicht dagegenstemmen musste, um vorwärtszukommen. Er schien ihr zuzuraunen. An einem Punkt war sich Emily sicher, durch das Säuseln und Wispern des Winds Stimmen auszumachen, die ihren Na men flüsterten.
    Emily. Emily.
    »Matt!« Sie schrie beinahe.
    »Da vorne, siehst du?«, rief er ihr über die Schulter zu. »Da ist es.«
    Etwa hundert Meter vor ihnen ragte auf der Spitze des Hügels eine Steinformation in den Himmel, so als hätte jemand flache Hinkelsteine aufeinandergestapelt, mehr schlecht als recht. Im Näherkommen erkannte Emily, dass es sich um Riesen gehandelt haben musste – das zweifelhafte Konstrukt war mindestens fünf Meter hoch, vielleicht sogar

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