Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
mehr. Matt hielt zielstrebig darauf zu, schritt die Längsseite ab und verschwand an dessen Spitze. Emily folgte ihm atemlos. Als sie die Stirnseite des Felsgebildes erreichte, blieb sie überrascht stehen.
Im Schutz der Steine war der Wind verstummt und die Stille überwältigend. Hinter ihnen ragten die grauen Felsen in den ebenso grauen Himmel, vor ihnen breitete sich ein Abgrund aus, in dessen Ausläufer sich die Landschaft wie ein auberginefarbener Teppich schmiegte. Matt stand dicht am Rand, und Emily stellte sich neben ihn. Ein paar Minuten lang taten sie nichts weiter als den Anblick des Moors zu genießen, das sich aus seinem nächtlichen Umhang schälte, mehr und mehr Konturen von sich preisgab, mehr schimmernde Nässe, mehr rostiges Grün. Schließlich ließ Matt den Rucksack von den Schultern gleiten und ging zurück zu den Felsen.
»Das hier ist ›Patter Tor‹«, erklärte er, »zumindest nennen wir es so.« Er stellte die Tasche auf einem Felsvorsprung ab und drehte sich zu Emily um. »Ein Hügel mit einer Granitfelsbildung auf seiner Spitze, wie es sie Dutzende im Dartmoor gibt. ›Bellever Tor‹ sieht ganz ähnlich aus. Aber es wäre zu weit gewesen.«
Er lächelte. Emily lächelte zurück.
»Du jagst mich mitten in der Nacht fast eine Stunde lang bergauf durch das Dartmoor«, fragte sie, »um mich daran zu erinnern, dass ich keine Karten lesen kann?« Sie hatte »Bellever Tor« irrtümlich für einen Ort gehalten, in dem sie sich ein Zimmer suchen wollte, als Matt sie aufgelesen hatte. Als er sie gefunden hatte, auf ihrer Suche nach Hollyhill.
Matt legte den Kopf schief. »Ein netter Nebeneffekt«, erklärte er grinsend. »Komm, es geht gleich los.«
Am Fuße des Steingebildes hatte sich ein Vorsprung in den Fels gegraben – in etwa so breit wie ein dreisitziges Sofa, allerdings doppelt so tief. Matt breitete eine Isomatte darauf aus, dann eine Decke. Sie setzten sich, die großen Steine in ihrem Rücken dienten ihnen als Lehne. Es war beinahe bequem, fand Emily, so als habe jemand den Fels geglättet, durch jahrzehntelange Abnutzung. Sie warf einen Blick auf Matt, der eine Thermoskanne aus seinem Rucksack zog und einige in Papier gewickelte Sandwiches zwischen ihnen verteilte. Er war schon öfter hier gewesen, dessen war sie sich sicher. Mit einem anderen Mädchen? Mit Chloe? Sie ärgerte sich augenblicklich über die Gedanken, die diesen schönen Moment zu zerstören drohten, und über die plötzliche Bitterkeit, die die Eifersucht in ihr auslöste.
Matt hielt ihr einen Becher mit dampfender Flüssigkeit hin. »Ich bin mir nicht sicher, wie er schmeckt«, erklärte er. »Aber wenn ich deinen Blick gestern richtig gedeutet habe, ist schlechter Kaffee immer noch besser als Tee?«
Er nickte Emily zu, und sie nahm ihm zögernd den Becher aus der Hand. Er hatte ihr Kaffee gekocht? Du liebe Güte!
Sie trank einen Schluck.
Okay, Emily. Das war … nett.
Der Kaffee schmeckte gar nicht so übel.
Es hat keinen Sinn, sich ewig zu fragen, was gewesen wäre, wenn …
»Danke«, murmelte sie. Sie nippte stumm an ihrem Kaffee. Sie war sauer auf Matt gewesen, richtig? Weil er ihr – wieder einmal – das Gefühl vermittelt hatte, als wollte er sie loswerden, als gehörte sie nicht hierher. Nicht nach Hollyhill. Nicht zu ihm.
Sie mochten sich, ja. Er hatte ihr Kaffee gekocht. Sie hatten sich geküsst, na und? Sie würde bald abreisen. Sie sollte sich nicht verlieben. Nicht mehr, als sie es ohnehin schon war. Sie sollte ihr Herz auf keinen Fall an einen Menschen hängen, den sie in ein paar Tagen wieder verloren haben würde.
»Emily.«
Matt flüsterte ihren Namen, und Emily löste den Blick von dem Kaffeebecher in ihrer Hand. Der Himmel um sie herum hatte sich verändert. Er war von einem düsteren Grau in ein dunkles Violett übergegangen, das die aufgehende Sonne bereits erahnen ließ. Emily sah zu, wie die Wolkendecke brach und sich am Horizont ein Streifen roten Lichts abzeichnete. Er tauchte alles um ihn herum in Wärme und Glut, und sie stellte den Becher neben sich und setzte sich aufrechter, um das Farbspiel des Himmels in sich aufzusaugen.
Und dann hörte sie es. Überrascht drehte sie sich zu Matt, der einen Finger an die Lippen legte und ihr zunickte, ganz langsam. Gras raschelte, sachte, und Emilys Stirn kräuselte sich, so angestrengt lauschte sie. Steine klackten aneinander, leise und dumpf. Sanftes Schnauben. Emily wandte den Kopf nach links, den Geräuschen zu, und obwohl sie
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