Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Schultern und den Kopf sanft gegen ihren. »Habt ihr eigentlich auch Bleistifte im Haus?«, fragte sie. »Ich sollte den Tintentopf bis zur Hochzeit besser verstecken.«
Milly lachte, ganz, ganz kurz nur, dann holte sie schluchzend Atem.
»Wir holen dein Malzeug gleich«, sagte Emily.
»Mama ist im See ertrunken«, flüsterte Milly.
Emily drückte den Arm der Kleinen, und gemeinsam huckelten sie im Schluckauf-Rhythmus auf und ab.
»Maggie war furchtbar traurig«, hickste Milly. »Schlimmer als Mary, glaube ich. Und seitdem ist sie fast nie mehr zu Hause.«
»Aber zur Hochzeit kommt sie«, sagte Emily. »Und dann wird sie sicher bei dir bleiben, wenn du sie darum bittest, hm?«
Milly zuckte mit ihren kleinen Schultern, und Emily drückte sie fester. Sie hätte das Mädchen so gern getröstet, doch sie hatte keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Die Mutter tot, die Schwester weg, das Haus voller Menschen, die nicht gerade liebevoll mit ihr umsprangen. Emily seufzte.
»Sie mag Mary nicht besonders, weißt du?«, sagte Milly.
Ach, wieso bloß?, dachte Emily. Laut sagte sie: »Ihr seid Schwestern, Miss Mary heiratet, sie wird kommen.«
»Sie wird ihr nicht verzeihen, dass sie die Kette nimmt.«
»Die Kette«, wiederholte Emily. Sie wollte wissen, was es mit dieser Kette auf sich hatte, warum Mary sie unbedingt wollte, warum Wakefield senior sie versteckt hielt – aber sie wollte nicht Milly ausfragen. Nicht jetzt.
Milly schniefte. »Sie ist …« hicks »… wertvoll«, sagte sie. »Fami…lienerbstück.«
»Ssshhhhh«, machte Emily. Sie legte ihre Wange auf Millys Haar.
»Maggie will nicht, dass Mary sie bekommt.« Milly hob ihren Kopf und sah Emily an. »Mary soll Mamas Kette nicht haben.«
Ganz langsam holte Emily Luft, ganz tief, bis in die entfernteste Pore ihrer Lungen, fast bis es wehtat. Sie drückte Milly noch einmal, stand auf und zog die Kleine mit nach oben. »Machen wir dich sauber, Süße«, sagte sie, und Milly trabte hinter ihr her.
Um Milly abzulenken, nahm Emily den Weg über die Küche – sie hoffte, bei Mrs. Whittle ein wenig Milch und Kekse zu ergattern, und sie wurde nicht enttäuscht. Zumindest der kleinen Milly schien die geschäftige Köchin nichts abschlagen zu können, und soweit Emily die Situation beurteilen konnte, hatte das Mädchen dies mehr als verdient.
Deshalb stimmte sie auch zu, dass Milly »ein letztes Mal«, bevor sie sich »nieeee wiiieeeder« schmutzig machen durfte, Chester besuchte.
Sicher waren Mary Wakefield in ihrem Badezuber schon Schwimmhäute gewachsen, und sicher war Mrs. Pratt gehörig etc. etc. ob ihres eigenmächtigen Handelns, und ganz bestimmt stand Jonathan Wakefield an irgendeinem Fenster und beobachtete sie dabei, was sie tat, doch das war Emily egal. Das kleine Mädchen hatte schon genug durchgemacht, und so, wie sie die Familie bislang kennengelernt hatte, würde noch einiges folgen.
Im Stall trafen sie auf Cullum, der Chester für Milly einfing, damit sie ihn besser an der Nase kraulen konnte und der ihr eine Blume ins Haar zauberte, was Milly ihren Kummer auf der Stelle vergessen ließ. Cullum grinste breit, er sah entspannt und freundlich aus mit seinem blonden Zopf und den grünen Augen, die dunkler wirkten in diesem Stall, als hätten sie die Farbe des Heus angenommen.
Emily erschauerte. Sie wusste selbst nicht, weshalb, aber über all das Quieken und Lachen und Cullums Necken hatte sich eine Melancholie gelegt, die ihr Herz wie eine Eiszange umklammerte.
Als habe sie eine Ahnung, dass etwas passieren würde.
Etwas Fürchterliches.
Bald?
»Ist Emilys Freund auch da?«, fragte Milly und riss Emily aus ihren düsteren Gedanken.
Cullum lachte auf. »Mal sehen«, sagte er und sah sich suchend um. »Wo könnte Emilys Freund wohl stecken?«
»Wie lustig«, sagte Emily und griff nach Millys Hand. »Komm, bevor ich mich noch kringle vor Lachen und deine Schwester einen Suchtrupp nach uns ausschickt.« Sie wandte sich zur Tür, als Cullum sagte:
»Apropos Suchtrupp.«
Emily blieb stehen.
»Sie sind eben zurückgekehrt, und ich glaube kaum, dass sie etwas gefunden haben.« Er legte den Kopf schief und sah erst Emily an, dann Milly. »Emilys Freund hat viele Talente, weißt du«, sagte er. »Und er ist uuuunglaublich schnell!«
Milly kicherte. »Stattlich und charmant«, erklärte sie dann, »so wie du.«
Cullum warf lachend den Kopf zurück.
Emily schnaubte.
Sie werden nichts finden, sagte sie sich. Was auch immer das bedeuten
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