Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Schwester Margaret in Exeter abzuholen.« Sie zögerte einen Moment und fuhr dann fort: »Nicht, dass es dich etwas angehen würde, aber mein Verlobter ist sehr wohlhabend. Es ist ein Glück für unsere Familie, dass er sich für mich entschieden hat. So wird wenigstens eine von uns dreien eine gute Partie gemacht haben und nicht unserem Bruder zur Last fallen müssen.«
Milly rümpfte die Nase. »Ich will auch eine gute Partie«, quäkte sie.
Emily zupfte sanft an ihrer Wange. »Die bekommst du auch, kleine Maus, ganz sicher«, sagte sie.
»Dafür solltest du allerdings sauber sein«, erklärte Mary und griff nach der Seife. Als wollte sie demonstrieren, wie man richtig damit umgeht, begann sie damit, sich selbst Arme und Beine zu schrubben – allerdings nur die Stellen, an denen nicht der Stoff an ihr klebte wie Milchhaut am Teelöffel.
Milly wusch weiter gedankenverloren ihre Hände in dem Badewasser ihrer Schwester, was ihren schwarzen Fingerkuppen allerdings kein bisschen Farbe entlockte. »Wird Maggie auch eine gute Partie machen?«, fragte sie.
»Milly«, mahnte Mary Wakefield, und Emily richtete sich auf. Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und verschwand hinter dem Paravent, wo sie laut raschelnd Marys Kleider zusammenlegte.
Weiter, drängte sie in Gedanken. Was ist mit Margaret?
»Ist sie noch böse wegen Mamas Kette?«, hörte sie Milly fragen.
Mary Wakefield brummte. »Es war immer klar, dass diejenige den Schmuck bekommt, die als Erste heiratet«, zischte sie Milly im Flüsterton zu. »Und nachdem ich die Ältere bin, war wohl auch immer klar, dass ich das sein werde.« Sie gab ein genervtes Schnauben von sich. »Ich weiß wirklich nicht, warum sie dachte, es wäre ihr Collier. Weil Mutter sie so gern hatte? Weil sie ihr Liebling war? Das arme, zarte, zerbrechliche Schwesterlein?«
Uh-oh, dachte Emily.
»Sie hätte so gern ein Andenken an sie«, sagte Milly leise.
»Es gibt tausend Andenken an Mutter in diesem Haus, nicht bloß ihre Kette.«
»Vater hat sie uns nicht mal mehr ansehen lassen, seit … seit sie fort ist.«
Mary schnaubte wieder. »Wir können von Glück sagen«, erklärte sie spitz, »dass es sie überhaupt noch gibt. Dass sie sie nicht getragen hat auf ihrem Weg in den See.«
»Mary!« Emily ließ den Mantel fallen, den sie gerade in der Hand hielt. Sie eilte um den Paravent herum und sah Milly stocksteif neben dem Zuber stehen, die Augen groß, gefüllt mit Tränen. Sie blinzelte einmal, drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer. Mit einem Knall fiel die Tür ins Schloss.
»Ich werde sie zurückholen«, murmelte Emily und durchquerte rasch den Raum, während Mary ihr hinterherrief: »Es ist wichtig, Emily, dass Sie Milly nachher von sämtlichen Tintenresten befreien. Morgen werden wir die Hochzeitsgarderobe anprobieren, und ich werde wohl verlangen dürfen, dass Millys Kleid bis zur Trauung ohne Schmierflecken bleibt.«
Emily sagte gar nichts. Sie öffnete die Tür und schloss sie hinter sich, froh darüber, der nervtötenden Stimme von Mary Wakefield zu entkommen. Sie lauschte und hörte nichts mehr. Es war gespenstisch still im Haus.
Bestimmt hat sie sich in einem dieser gruseligen Schränke versteckt, dachte Emily und machte einen Schritt in den Gang hinein.
»Sie ist da lang«, erklärte eine kalte Stimme neben ihr. »Und dann die Treppe hinunter. Sie ist schnell.«
Emily blieb wie angewurzelt stehen. Links von ihr, nur einen halben Meter von der Tür entfernt, lehnte Jonathan Wakefield an der Wand, einen Fuß angewinkelt, die Reitgerte in Händen. Emily fragte sich, wie lange er da wohl schon stand, was er gehört haben mochte und warum verflixt noch mal er nicht auf einem Pferd saß, um nach dem Jungen, Brixton, zu suchen, da kniff er die Augen zusammen und sprach.
»Nun«, sagte er, »weißt du alles über unsere Familienangelegenheiten, nicht wahr?«
Eiskalt wurde Emily beim Klang seiner Stimme, beim Blick seiner Augen, beim Nachhall der Drohung, die in seinen Worten schwebte.
Sie hob ihr Kleid an, machte einen Knicks und lief in Richtung Treppe davon.
Sie fand die kleine Milly im Garten, auf der untersten Stufe einer alten Steintreppe, die von der Veranda auf den Rasen in Richtung Gewächshaus führte. Ihre Wangen waren mit Tränen verschmiert, und sie hatte einen Schluckauf.
»Milly«, sagte Emily leise und setzte sich neben die Kleine.
»Ich hab mein Malzeug vergessen«, kam es schniefend zurück.
Emily legte einen Arm um ihre schmalen
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