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Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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mag.
    Es war eine ausgesprochen schwierige Angelegenheit, Millys Finger von der schwarzen Tinte zu befreien, aber schließlich gelang es ihr doch: Das klobige Stück Seife, das Mary Wakefield im Bad zurückgelassen hatte, war auf einen Bruchteil seiner Größe geschrumpft, als Emily mit Millys kleinen Händen fertig war.
    Sie war erleichtert, Mary Wakefield, die sich offenbar allein angekleidet hatte, nicht mehr angetroffen zu haben. Und weil das Wasser im Zuber noch warm war, entschloss sie sich kurzerhand, Milly ganz darin zu baden. So ein Bad hatte noch jedem gutgetan, oder etwa nicht? Sehnsüchtig ließ Emily den Blick über das Wasser gleiten. Ihr würde es guttun, und sie lebte erst seit wenigen Tagen in diesem seltsamen, unbequemen Jahrhundert.
    Sie trocknete die Kleine ab, die für ihre Verhältnisse während des Bads reichlich still gewesen war, und half ihr zurück in ihr Kleid. Dann nahm sie die Mappe mit Millys Zeichnungen in die Hand. Sie wollte das Papier, das oben auf dem ledergebundenen Einband lag und offenbar das war, an dem Milly zuletzt gemalt hatte, gerade zu den anderen legen, als ihr Blick auf das Motiv fiel. Emily hielt die Luft an. Die Zeichnung zeigte Matt, wie er sich über den Holzzuber beugte, die Haare wirr, die Ärmel seines schweren Leinenhemds aufgekrempelt, er trug schäbige Reiterhosen und Stiefel, und ein Lächeln umspielte seine Lippen, während er Milly von unten herauf einen Blick zuwarf. Er sah freundlich aus, verschmitzt – und doch war da etwas in seinen Augen, das dem Bild viel mehr Tiefe verlieh, als es zu vertragen schien.
    Das … phhhhh …
    Emilys Herz begann schneller zu schlagen, so gut hatte Milly Matts Blick eingefangen, seine Haltung, seine Verschlossenheit, seine Komplexität . Obwohl er lächelte, war sein Ausdruck ganz und gar defensiv; bis hierhin und nicht weiter, schien er zu sagen, auch du nicht, kleines Mädchen, niemand.
    Emily starrte auf die Zeichnung und dann zu Milly, die abwartend zu ihr aufsah.
    »Gefällt es dir?«, fragte sie.
    Mit einem Mal wusste Emily nicht, was sie sagen sollte, also nickte sie nur. Dieses bezaubernde, hochbegabte, einsame Mädchen. Emily kniete nieder, legte Mappe und Zeichnung neben sich und schloss Milly in ihre Arme. »Das Bild ist wunderschön«, sagte sie leise.
    »Ich schenke es dir.«
    »Danke sehr.«
    »Möchtest du die anderen sehen?«
    Emily nickte in Millys Haar, dann schob sie sie kurz von sich, setzte sich auf den Boden und zog sie zurück auf ihren Schoß.
    »Lass sehen«, sagte sie, und Milly griff nach ihrer Mappe und öffnete sie.
    »Chester in seinem Stall«, erklärte sie und deutete auf das erste Bild, das Emily bereits gestern gesehen hatte.
    Emily nickte.
    »John in seiner hübschen Uniform.«
    Hmpft. Auch ihren arroganten Bruder hatte Milly in all seiner überlegenen Herablassung getroffen und zu allem Überfluss auch noch in einer Attitüde gemalt, die an Napoleon erinnerte.
    Jeeeeeeez, dachte Emily, was findet sie nur an ihm? Es gab keinen Zweifel daran, dass die Kleine Jonathan Wakefield bewunderte, wofür auch immer.
    »Das ist auch sehr gut«, sagte Emily. War ja nicht Millys Schuld, dass ihr Motiv so ein Kotzbrocken war.
    Milly blätterte durch die Seiten; sie hatte das Haus gezeichnet und den Garten, die Pferde auf der Koppel, ihren Vater in seinem Lehnstuhl, den Stock auf dem Schoß. Schließlich zog sie ein Bild heraus, das Bild der Frau, die im Salon über dem Kamin thronte.
    »Mama«, sagte sie.
    Emily nahm die Zeichnung und betrachtete sie. »Wie hieß sie, deine Mama?«, fragte sie, und Milly antwortete: »Joyce.«
    »Joyce. Ein schöner Name. Du siehst ihr sehr ähnlich, weißt du?«
    Milly nickte.
    Emily strich mit der Fingerspitze über das Bild. »Ist das ihr Collier?«
    Milly nickte wieder. Die Frau mit dem schwermütigen Blick hielt mit einer Hand an einer Kette fest, die um ihren Hals gelegt war – ein breites, robustes Band aus kleinen Kugeln und größeren Steinen, die Millys geschickte Striche mit einem Hauch Glitzer versehen hatten. Als sie das Collier jetzt betrachtete, glaubte Emily, es schon einmal gesehen zu haben. Auf dem Porträt Lady Joyce Wakefields im Salon.
    »Perlen«, erklärte Milly und deutete auf ihre Zeichnung, »und die hier, die funkeln so schön. Und dieses andere Dings – das braune.«
    Emily nickte. »Bernstein«, sagte sie, und dann, mit einem Mal: »Milly, ich muss kurz weg, ja?« Sie schob das Mädchen von ihrem Schoß und stand auf. »Ich muss … Ich

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