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Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Klise
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konnten Wochen vergehen, ohne dass Coco und ich richtig ins Gespräch kamen. Es war erfrischend zu hören, was ihr so durch den Kopf ging.
    »Na ja, letztes Jahr hatte ich einen Kurs dazu«, ruderte Coco zurück. »Bin also nicht sicher, ob das genau so stimmt. Jedenfalls hatte dieser Abraham Maslow eine Theorie über menschliche Bedürfnisse.«
    Coco interessierte sich für Psychologie. Wie alle Mädchen in ihrem Alter fühlte sie sich zum Studium von Psychosen und Neurosen hingezogen. Mit Vorliebe prägte sie sich Anzeichen für die jeweiligen Störungen ein und entschied, welche darunter attraktiv genug waren, um zu ihr zu passen, oder unattraktiv genug, um sie ihrer Mutter zuzuschreiben.
    »Er meinte«, fuhr Coco fort, »dass unsere Bedürfnisse pyramidenförmig aufeinander aufbauen. Zuerst müssen Grundbedürfnisse wie die nach Essen, Wasser, Luft oder Schlaf befriedigt werden. Darüber kommt das Bedürfnis nach Sicherheit. Und dann gibt es soziale Bedürfnisse nach Familie und Liebe und so. Und natürlich das Bedürfnis nach Wertschätzung. Das höchste Bedürfnis des Menschen nennt er das nach Selbstverwirklichung, wo es drum geht, das eigene Potenzial auszuschöpfen. Oder so ähnlich.«
    Ich schweifte in Gedanken ab, als sie zum Bedürfnis nach Familie und Liebe kam. Einer meiner Professoren am College kam mir in den Sinn, ein Jesuitenpriester. Leider fiel mir sein Name nicht mehr ein. Sonntagabends um zehn las er die Messe in einer kleinen Kapelle aus Stein, die mitten auf jenem Campusgelände im kalten Wisconsin stand.
    In seinen Predigten sprach der alte Jesuit immer vom Begehren und davon, dass wir durch unsere Sehnsucht miteinander verbunden seien. Er sagte, die grundlegendste menschliche Sehnsucht sei die, dass jemand, nach dem man sich sehne, ebenfalls Sehnsucht empfinde. Ich erinnerte mich, dass der Priester dabei stets den Tränen nahe war.
    Gott, waren wir alle so einsam? Ich trank in kleinen Schlucken von meinem zweiten Bier. Bier mochte ich nicht einmal, aber es wurde traditionell zu moules frites gereicht, und ich hatte mir inzwischen das Bier unter den Nagel gerissen, das zu Cocos Portion gehörte.
    Coco redete noch immer. »Dieser Maslow meint, man könne erkennen, wer selbstverwirklicht ist – also an der Spitze der Bedürfnispyramide steht –, weil das die Leute seien, die spontan und unkonventionell sind und auf echte Grenzerfahrungen stehen.«
    »Was versteht man genau unter Grenzerfahrung?«
    » Mom «, empörte sich Coco über meine Unwissenheit. »Du weißt schon, wenn du einfach eine irre tolle Zeit verbringst und dich richtig glücklich deswegen fühlst und angeregt bist und, na ja, wie verwandelt eben. So wie jetzt.« Sie beugte sich über den Tisch und kam mir so nah, dass sich unsere Gesichter beinahe berührten. »Das ist voll die Grenzerfahrung.«
    Am liebsten hätte ich die Arme nach ihr ausgestreckt und sie mit Küssen bedeckt. Sie wirkte so froh. Und hoffnungsvoll. Das war meine Tochter. An der ich das Vermögen liebte, solche Freude zu empfinden.
    »Und Madrid wird auch Spaß machen, oder?«, hängte ich behutsam an, um mein Glück nicht auszureizen. »Es wird doch bestimmt schön, Solange zu treffen?«
    »Ja«, sagte sie leise. Dann holte sie tief und ausdrucksvoll Luft. »Aber ich muss dir was sagen.«
    Ich war gespannt, was nun kommen könnte. O Gott. War sie deshalb so launisch? Sie hatte meines Wissens noch nie Sex gehabt. (Oder doch?) Sie konnte unmöglich schwanger sein. (Oder doch?)
    »Es ist wirklich wichtig«, sagte sie.
    Ich hatte diesen Jack, mit dem sie sich in den Winterferien abgegeben hatte, nie leiden können. Ihre schwulen Freunde waren so viel netter, schlauer und reifer als ihre Heterofreunde. Oder dachte ich das bloß, weil ich sie für ungefährlicher hielt?
    »Was ist los, Schatz?«, fragte ich und griff nach ihrer Hand. Ich tat es mehr, um mir Halt zu geben als ihr. Mein Atem ging zusehends flacher, während ich mir das Hirn zermarterte, wer es sein könnte. Ich bring ihn um, dachte ich. Wer es auch ist, ich bring ihn mit bloßen Händen um.
    Coco stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich kann dir beim Kellnern in Madrid nicht helfen.«
    Ich war gleichermaßen erleichtert und wütend. »Warum nicht?«
    »Weil ich in schwarzer Hose und weißer Bluse total beknackt aussehe«, stellte sie unmissverständlich fest.
    »Coco, mach dich nicht lächerlich.«
    »Mom, bitte! Zwing mich nicht dazu. Du kannst mich nicht dazu zwingen. Es ist irre schlecht für mein

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