Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Fragezeichen aus. »Ich dachte, du hast dein Handy in der Schule vergessen?«
    »Hab ich auch. Aber ich kann dir von überall eine E -Mail schicken. Internetzugang gibt es über die ganze Stadt verteilt. Im Hotel, in den Cafés, wahrscheinlich sogar auf der Ausstellung.«
    »Natürlich«, sagte Dad und lächelte zum ersten Mal seit Stunden. »Es geht um Digitalkunst. Bestimmt kannst du irgendwo online gehen. Guter Gedanke, Webb.«
    Ich hätte ihn am liebsten dafür abgeklatscht, dass er diesem Plan zustimmte und mir erlaubte, diese Museumsgeschichte abzublasen.
    Er schlenderte zu einer Kleiderstange mit Anzügen hinüber. Bald darauf kehrte er zurück und brachte einen dunkelblauen Sportblazer in meiner Größe mit.
    »Sorry«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in die Tüte.«
    »Webb, du kannst am Eröffnungsabend kein T -Shirt anhaben. Trag diese Jacke zu einem weißen Knöpfhemd und Jeans.«
    »Ich hab kein weißes Hemd. Es war in meiner Tasche.«
    »Wir besorgen dir ein neues. Was für Schuhe hast du dabei?«
    »Nur meine Chucks.« Ich wies auf meine Füße.
    »Lederschuhe wären mir lieber«, antwortete Dad und zupfte an seinem Kinn. »Aber es ist eine postmoderne Ausstellung. Dann werden die wohl durchgehen.«
    Schön. Wie auch immer. Ich würde mich auf alles einlassen, was er sagte. Wenn’s sein muss, kann ich mich auf einer Toilette umziehen.
    Dad musste wieder zurück zu seiner Arbeit.
    »Treffen wir uns um sieben im Hotel zum Abendessen?«, schlug er vor und verfrachtete mich in ein Taxi. »Lass uns lecker Paella essen gehen. Die schmeckt dir doch, weißt du noch?«
    Ich konnte an nichts anderes denken, als nach meinen Mails zu sehen. Ich wollte ums Verrecken wissen, wie Coco meinen Vorschlag beantwortet hatte. Verdammte Hacke, warum nicht sich verlieben?
    Natürlich fiel es online viel leichter, mutig zu sein. Aber im Ernst, ich war siebzehn Jahre alt. Ich war in Europa, meine Güte. Sollte ich mich da nicht verlieben?
    Als ich wieder im Hotel war, ließ ich die Tüten aus dem Corte Inglés im Businesscenter auf den Boden plumpsen und meldete mich bei meinem Mailkonto an. Eine neue Nachricht.
    Von: CocoChi@com
    An: Webbn@com
    Betreff: Im Geweb(b)e verheddert …
    Spidey, du bist entzückend. Und sich verlieben klingt nach einem tollen Vorschlag. Echt! (Und der Vollständigkeit halber: Ich hab’s noch nie getan. Und Du?) Aber ich fürchte, es wird nichts draus. Mom ist nämlich voll die Glucke und dreht gerade durch. Ich glaub nicht, dass ich mich in Madrid von ihr abseilen kann. Es tut mit SO LEID !!! Das hat ganz bestimmt nichts mit Zweifeln an Dir zu tun, versprochen. Bitte schreib mir, dass Du nicht wütend bist. Mich macht das hier völlig fertig. Weißt du, unsere Story wäre echt Filmstoff gewesen.
    Coco

Keine Ahnung, ob es am Jetlag lag oder an den Miesmuscheln oder an dem stressigen Hin und Her, ob ich Webb treffen würde oder nicht. Warum auch immer, an jenem Abend hatte ich keinen großen Hunger. Auch Mom nicht. Doch ich musste nach meinen Mails sehen.
    »Auf Süßes hätte ich aber Lust«, meinte ich zu Mom. Wir gingen gerade von der Metrostation zurück zur Wohnung. »Kann ich uns ein paar Leckereien in der Pâtisserie gegenüber von Solanges Wohnung holen?«
    »Gute Idee. Besorg mir bitte was Zitroniges. Ich muss Solange anrufen.«
    »Cool. Wir sehen uns dann gleich in der Wohnung.«
    Nachdem ich sie den Schlüssel in die Haustür hatte stecken sehen, tauchte ich ins Internetcafé ab, um zu checken, ob Webb geantwortet hatte. Hatte er.
    Von: Webbn@com
    An: CocoChi@com
    Betreff: Re: Im Geweb(b)e verheddert …
    Nicht wütend, nur enttäuscht. Mr Hitchcock hatte so große Hoffnungen in uns gesetzt.
    (Und nein, ich hab’s auch noch nie getan. Bin aber bereit.)
    In Liebe
    Webb
    Liebe? Ich starrte auf das Wort. Liebe. Was für ein süßer Junge. Okay. Ich würde alles tun, damit es doch noch klappte.
    Von: CocoChi@com
    An: Webbn@com
    Betreff: Re: Re: Im Geweb(b)e verheddert …
    Ich weiß. Ich bin auch enttäuscht!
    In Liebe
    Coco
    Ich las meine Nachricht noch mal durch, ehe ich sie abschickte. In meiner Antwort wirkte die Formulierung »In Liebe« bemüht. Ich löschte die beiden Wörter. Aber nur mein Name sah irgendwie kalt aus. Also löschte ich auch meinen Namen und klickte auf SENDEN .
    Seine Antwort traf wenige Sekunden später ein.
    Von: Webbn@com
    An: CocoChi@com
    Betreff: Re: Re: Re: Im Geweb(b)e verheddert …
    Kann ich einen Gegenvorschlag machen? (Falls ich nur