Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
ging gut. Sie öffnete die Augen wieder und sagte: »Yogilight.« Was für ein blöder Name, dachte sie, während sie verabredungsgemäß eine Pause machte. Das musste man sich sozusagen auf der Zunge zergehen lassen. Nun noch der Rest, und die Tortur war endlich geschafft: »Der Joghurt, der anturnt.« Fertig.
Von wegen. »Okay, jetzt das ganze Programm noch mal etwas schneller.« Na, herzlichen Dank. Inzwischen war Emmas Adrenalinspiegel so weit gesunken, dass ihre Müdigkeit sich wieder zu Wort meldete. Aber es half alles nichts, da musste sie jetzt durch. Sie sprach also den einfallsreichen Text noch einmal schneller, dann ein wenig verführerischer und schließlich auch noch fröhlicher. Dabei war sie so sehr darauf konzentriert, sich ihre Erschöpfung nicht anmerken zu lassen, dass sie zu keinem Zeitpunkt darüber nachdachte, was sie eigentlich tat, um die geforderte Emotion tatsächlich zu zeigen. Schließlich war sie keine richtige Schauspielerin und konnte deshalb auch auf keinerlei entsprechende Kenntnisse zurückgreifen. Egal. Hauptsache, es war bald vorbei. Und zwar für immer.
»Danke, das war’s«, gab David endlich das erlösende Kommando.
Nichts wie weg, dachte Emma nur und wollte schon mit einem kurzen Gruß den Raum verlassen.
»Stopp«, hörte sie da hinter sich. Offenbar zu früh gefreut. »Thomas macht noch ein Foto von dir.« Wer war denn das nun wieder? Der gut aussehende junge Mann, der sie vorhin hergebracht hatte, trat ein. Thomas hieß er also.
»Kommst du bitte mit?«, sagte er zu ihr und schob sie zur Tür hinaus. Dort stand eine andere Frau, die er anwies: »Du kannst jetzt rein.«
Nachdem Thomas das Foto für ihr Identitätsblatt gemacht hatte, war Emma endlich entlassen. »Wir melden uns bei dir«, erklärte er freundlich und gab ihr zum Abschied sogar die Hand.
Hoffentlich nicht, dachte sie, ließ sich aber natürlich nichts anmerken. Als sie mit dem Aufzug nach unten fuhr, fiel ihr siedend heiß ein, dass sie ihren extrem wichtigen Schlusssatz vergessen hatte. »Kann ich den Joghurt mitnehmen? Der schmeckt sooo lecker!« Das hätte doch das i-Tüpfelchen werden sollen, um sich, entsprechend Daniels Insider-Informationen, komplett ins Aus zu manövrieren. Chance verpasst. Na ja, vermutlich reichte die Tatsache, dass sie kein Fettnäpfchen ausgelassen hatte, auch schon für eine Ablehnung aus.
Der restliche Tag im Atelier verlief zum Glück ohne weitere Vorkommnisse. Keiner wunderte sich über Emmas ausgedehnten Arzttermin, und das morgendliche Chaos hinterm Tresen wurde auch nicht mehr erwähnt. Da derzeit nicht viel zu tun und die Chefin ausnahmsweise mal weit weg war, musste man auf kleineren Fehltritten nicht unnötig herumhacken.
Nach der Arbeit fuhr Emma auf dem schnellsten Weg nach Hause und sank ziemlich bald erschöpft ins Bett. Die Nacht hielt allerdings einen Traum für sie bereit, der den Aufregungen des Tages in nichts nachstand. Nicht nur, dass Regisseur David und Kollegin Mona sie auf frischer Tat ertappten, wie sie heimlich hinter dem Ladentisch Unmengen von Joghurt in sich hineinschaufelte, nein – zu guter Letzt kam auch noch Jo und stimmte kräftig mit ein: »Wie konntest du nur den Joghurtbecher dort vergessen? Das ist ein typischer Anfängerfehler! So wirst du es nie schaffen … Nie!« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tresen und drehte Emma anschließend den Rücken zu. »Na, Herr Kollege, wer ist denn nun in der engeren Auswahl?« Dann legte er David vertraulich den Arm um die Schulter und schob ihn in Richtung Werkstatt. »Wie hat sich denn die kleine Blonde so angestellt? Die machte doch einen sehr guten Eindruck. Ziemlich erfahren und trotzdem erfrischend locker – das ist genau die Mischung, die wir brauchen!«, hörte sie ihn noch sagen, während Emma die Tränen in die Augen traten. Jetzt war sie endgültig abgemeldet. Aus der Traum.
Am nächsten Morgen war Emma fast so sehr gerädert wie am Tag zuvor. Während sie ihre Augenringe überschminkte, zog sie eine enttäuschende Bilanz: Mit Jo war sie keinen Schritt weiter. Dafür galt sie vermutlich inzwischen als die unprofessionellste Schauspielerin Münchens, hatte sich also mit dem Rollenwechsel das größte Ei ihres Lebens gelegt. Na, bravo. Beste Voraussetzungen für eine glückliche Zukunft.
Am Wochenende rief Kirsten an, um zu fragen, ob sie mit den Freundinnen ins Kino käme, doch das war das Letzte, was Emma jetzt gebrauchen konnte. Ein Liebesfilm? Und vielleicht auch noch ein
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