Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
so wirkte wie eine Schauspielerin?
»Was meinst du denn dazu? Oder ist eine tägliche Serie unter deinem Niveau? Also ich würd mich freuen, wenn wir mal miteinander arbeiten würden.« Daniel strahlte Emma an, als hätte sie soeben einen Oscar gewonnen, prostete ihr zu und redete weiter, ohne ihre Antwort abzuwarten: »Da muss ich Jo mal ausnahmsweise zustimmen. Er hat echt ein enormes Gespür für Menschen und Talente. Aus dir könnte man wirklich was machen, Cinderella. Darauf müssen wir anstoßen. Auf das Leben, den deutschen Film und uns, die ihn retten werden!«
Als sie gegen Mitternacht nach Hause radelte, hatte Emma die witzigsten Geschichten über Jo und über sich selbst die charmantesten Komplimente gehört. Daniel war wirklich ein Schatz. Nie hätte sie gedacht, dass sie mit ihm allein einen so lustigen Abend haben könnte. Und da sie in Anwesenheit des Regisseurs das, was ihr am wichtigsten war, sicher nicht erfahren hätte, war es letztendlich sogar Glück gewesen, dass Jo nicht aufgetaucht war. Um genau zu sein, ein erneuter, unübersehbarer Wink des Schicksals.
Und der schaffte es immerhin, dass Emma zwei Tage später mit deutlich gestärktem Selbstbewusstsein zum sogenannten »Fitting« für den Yogilight-Werbespot aufbrach. Im Atelier Kreuzstich hätte man dazu schlicht und einfach »Anprobe« gesagt, doch das war für die Werbeleute vermutlich zu simpel.
Schon wieder musste sie der Chefin gegenüber einen Arzttermin vortäuschen, doch die war offensichtlich immer noch verliebt, sodass es erstaunlicherweise keine Probleme gab. Auch dieses Mal hatte man Emma in die Nähe des Ostbahnhofs bestellt, wo sie in einem großen Bürokomplex bereits erwartet wurde. Auf einer riesigen Fläche waren vom Ledersessel bis zum kalten Buffet sämtliche Klischees versammelt, die man der Werbebranche zuschrieb. Und die Anwesenden passten perfekt dazu.
Emma ertappte sich kurz dabei, das Ganze ziemlich aufregend zu finden und sich ein bisschen wichtig vorzukommen, doch sofort wurde sie auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
»Kannst du dich vielleicht schnell umziehen? Wir sind schon spät dran«, meinte eine unbekannte Dame, die unbekannt blieb, da sie es nicht für nötig hielt, sich vorzustellen. Vage hatte sie Ähnlichkeit mit der Stichsäge, obwohl sie im Gegensatz zur Chefin die Haare offen und lockig trug und bestimmt zehn Jahre jünger war. Doch die sorgsam lackierten Fingernägel und das akkurat geschminkte Gesicht stimmten genau. Sie schob Emma in eine Ecke, die von einem Paravent abgeschirmt war. »Zuerst Outfit eins«, zischte sie noch und verschwand.
Emma hätte gerne noch gefragt, woran sie das denn erkennen sollte, doch es war zu spät. Sie sah sich in der Kabine um und fand mehrere Kleiderbügel mit Klamotten, die alle entweder mit der Ziffer eins oder zwei beschriftet waren. Dieses System war nicht allzu schwer zu durchschauen, das hätte vermutlich sogar das dümmste Model geschafft. Ohne Nummerierung hätte man die Outfits allerdings kaum auseinanderhalten können. Das langweilige Polohemd präsentierte sich in demselben unspektakulären Hellblau wie sein Kollege, das Sweatshirt. Wahrscheinlich die Firmenfarbe …
Als Emma kurze Zeit später alle Einser-Teile anhatte, betrachtete sie sich nachdenklich im Spiegel. Als glamouröse Diva war sie vermutlich nicht im Fernsehen zu sehen. Neben einer dunkelblauen Stoffhose trug sie jetzt nämlich ein langärmeliges Baumwollshirt in derselben Farbe und darüber das Polohemd mit der Aufschrift »Yogilight« sowie hellblaue Turnschuhe. Elegant war etwas anderes. Eigentlich war die Aufmachung sogar eine ziemliche Zumutung. Zögernd trat sie hinter dem Vorhang hervor.
»Das ging ja wirklich schnell, super«, empfing sie die Dame von vorhin und musterte sie von Kopf bis Fuß wie eine Zuchtstute auf dem Pferdemarkt. Sie zupfte ein wenig am Kragen herum, zog das Oberteil nach allen Seiten glatt und meinte: »So, dann zeigen wir dich mal dem Kunden.«
Sie führte Emma zu den Ledersesseln, in denen inzwischen einige äußerst wichtig aussehende Herren Platz genommen hatten. Offensichtlich waren sie die obersten Chefs der Joghurtfirma und damit diejenigen, die die Entscheidungen trafen. Dass sie allerdings auch über ihre Aufmachung zu befinden hatten, überraschte Emma. Die Männer in ihren steifen Anzügen machten nicht gerade den Eindruck, als hätten sie auch nur die geringste Ahnung von Mode.
Dass es darum bei einem »Fitting« auch nicht im
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