Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
auf und ab marschierten. Die Food Designerin hatte sich offensichtlich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können, dass irgendjemand mehr als vier vorbereitete Joghurtlöffel benötigen konnte, denn sie machte sich erst jetzt mit ihrer Assistentin daran, ein paar weitere zu füllen.
Tja, so war das mit den Träumen. Manchmal landete man beim Erwachen recht unsanft auf dem Boden der Tatsachen.
David gab sich sichtlich Mühe, seinen Ärger nicht merken zu lassen, doch auch ihm sah man schon von Weitem an, dass er sich das Ganze anders vorgestellt hatte. Nach dem nächsten Versuch nahm er Emma beiseite, legte ihr den Arm um die Schulter und versuchte, seine Vorstellung in Worte zu fassen: »Pass mal auf. Dieser Joghurt ist Verführung. Er ist Lust. Motivation sozusagen.« Zur Untermalung seiner Hymne machte er mit der freien Hand runde, schwelgende Gesten wie ein Italiener bei der verklärten Beschreibung seines Heimatlandes. »Du musst dich in die Situation einfühlen!«
Die Verführung durch einen widerlichen Ananasjoghurt? Wie um Himmels willen sollte man sich da einfühlen und trotzdem gut gelaunt bleiben? Schauspieler hatten wirklich ein schweres Los.
Wie hatte sie sich für ihre Lüge nur diesen Beruf aussuchen können? Es hätte tausend andere gegeben. Ärztin zum Beispiel. Na gut, operieren wäre eventuell noch weniger ihr Fall gewesen, als einen Werbespot zu drehen. Warum hatte sie sich denn nicht als Kindergärtnerin ausgegeben? Weil das Jo wahrscheinlich nicht im Geringsten beeindruckt hätte? Na gut. Aber Anwältin, Staatsanwältin oder Richterin? Dann hätte er sie am Ende noch bei einem juristischen Problem um Rat gefragt.
Aber jetzt war es ohnehin zu spät; sie saß in dieser aussichtslosen Situation fest und musste sich irgendwie durchkämpfen.
Während Emmas Überlegungen hatte David weiter versucht, seine Vorstellung vom lustvollen Genuss eines Milchprodukts zu verdeutlichen. Nun fasste er sie an beiden Schultern, sah ihr tief in die Augen und meinte: »Am besten siehst du die ganze Zeit mich an. Und wenn ich ›bitte‹ sage, schaust du in die Kamera und sagst deinen Satz.« Na, danke. Ob ihr das helfen würde?
Nun war David durchaus ein Mann, den vermutlich viele Frauen attraktiv fanden. Er sah gut aus, bewegte sich äußerst geschmeidig und hatte das Team und den Dreh fest im Griff. Doch die Verführung schlechthin war er bestimmt nicht, vor allem nicht für Emma. Wie konnte man nur so eingebildet sein?
Emma spürte, wie ihre Motivation weiter in den Keller sank. Für wen machte sie das alles hier? Etwa für einen Schnösel, der sich selbst für Gottes Meisterstück hielt, während die anderen nur Laubsägearbeiten waren? Nein, sie tat es für Jo. Um ihm zu gefallen. Und das würde auch gelingen, denn der war kein Schnösel.
Zum Glück kam in diesem Moment die Basti-Ersatzfrau und sagte zu David: »Wir müssen jetzt erst mal Mittagspause machen. Wegen der Zeiten. Kommst du damit klar?«
»Kein Problem«, antwortete der natürlich und wandte sich an Emma: »Okay, du hast jetzt ein bisschen Zeit zum Runterkommen. Dann kriegen wir zwei das schon hin.« Er zwinkerte ihr blasiert zu und eilte in Richtung Buffet.
Emma wusste genau, dass Essen nicht infrage kam, wenn sie nicht beim nächsten Löffel Ananasjoghurt würgen wollte. Außerdem hatte sie das unbestimmte Gefühl, dass alle hier der Meinung waren, sie habe sich den Tafelspitz auch nicht verdient. Sie hatte nur einen halben Tag gebraucht, um zur Außenseiterin zu werden, eine Rolle, die sie seit ihrer Schulzeit nicht mehr gehabt hatte. Aber es fühlte sich immer noch genauso schlimm an – vielleicht sogar noch etwas schlimmer.
Als die Mittzwanzigerin das Ende der Pause verkündete, nahmen alle hurtig wieder ihre Plätze ein. Vermutlich wollten sie genau wie Emma diesen unsäglichen Spot möglichst schnell zu Ende bringen. Und damit hatten sie wenigstens etwas gemeinsam. Emma wünschte sich momentan nämlich nichts so sehr, wie möglichst bald von hier verschwinden zu können.
Doch noch war es nicht so weit. Ein weiterer Ananaslöffel wurde vorsichtig gereicht und musste höchst genussvoll geleert werden.
»Danke … Aus«, rief David anschließend und beugte sich hinter der Kamera hervor: »Ich hab dir doch gesagt, du sollst vorher nur mich anschauen. Wir machen’s noch mal.«
»Die schwitzt. Maske bitte«, meinte der Kameramann trocken, und für Emma wurde die Situation noch peinlicher.
Nachdem Lolo nachgepudert hatte,
Weitere Kostenlose Bücher