Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
und zu besonderen Anlässen.
Aber das war keineswegs alles.
Sobald der Alltag einkehrte, bekam Carlton Panik.
»Ich gehe mal eben zum Drogeriemarkt«, hatte Carlton eines Tages gesagt. »Brauchst du auch was?«
»Zahnpasta«, meinte ich. »Oh, und Tampons bräuchte ich auch.«
Carlton erschauderte. Wirklich wahr. Ihn packte das kalte Grausen. Und ich bedauerte sofort, ihn darum gebeten zu haben. Ein richtiger Fauxpas, wie es schien.
»War nur ein Scherz, Süßer«, beeilte ich mich zu sagen. Aber da war es schon passiert. Ich weiß noch, wie ich zu ihm ging und ihm den Nacken kraulte. Vielleicht habe ich es mir ja nur eingebildet, aber mir war, als würde er kurz zusammenzucken. Einen Moment nur, aber trotzdem.
Danach war ich sehr bemüht, diese Alltäglichkeiten von Carlton fernzuhalten. Schließlich sollte er mich weiterhin für sexy und begehrenswert halten, und manche Dinge störten da eben. Weil es bei mir nur ein einziges kleines Badezimmer gab, wartete ich immer, bis er aus dem Haus war, bevor ich mir Zahnseide durch die Zähne zog oder das Klo für längere Zeit aufsuchte.
Es wurde eine Obsession von mir, Carlton die eher freudlosen und ernüchternden Aspekte meiner Weiblichkeit zu ersparen. Ich wickelte meine benutzten Tampons so dick in Klopapier, bis sie wie kleine Mumien aussahen. Dann brachte ich sie raus in die Mülltonne vor dem Haus, damit er sie nur ja nicht in dem kleinen Eimer im Bad finden würde. Einmal im Monat wusch ich meine blutbefleckten Höschen im Waschbecken, hängte sie aber natürlich niemals, unter gar keinen Umständen, zum Trocknen in die Dusche. Lieber steckte ich sie einzeln in den Trockner und schrumpfte sie auf die nächstkleinere Größe ein.
Ich stieß nie auf, behielt meine Blähungen brav für mich und
ließ keine müffelnden Socken auf dem Boden herumliegen. Ich duschte im Fitnessstudio, statt verschwitzt nach Hause zu kommen. Sehr gewissenhaft rasierte ich mir Achseln und Beine, hatte stets und zu allen Zeiten frisch gewaschenes Haar, schminkte mich auch früh am Samstagmorgen, und alle paar Wochen suchte ich Maria auf - meine mexikanische Señorita, die mir die Bikinizone wachste und dabei mit schmerzlicher Gründlichkeit zu Werke ging.
Ich zupfte mir meine wild wuchernden Augenbrauen zurecht. Gnadenlos bestückte ich meine Garderobe mit Accessoires, damit Gürtel zu Taschen zu Schuhen passten. Ich trug Schmuck und enge Jeans, die furchtbar unbequem waren - weil Carlton irgendwann mal »scharfe Jeans« gesagt hatte.
Ich trug High Heels, von denen ich furchtbare Blasen an den Füßen bekam. Einmal im Monat kaufte ich mir neue Dessous - meist einen roten String oder einen Body aus schwarzer Spitze. Als kleine Überraschung für Carlton.
Eines allerdings tat ich nicht - ich hielt keine Diät. Ich war mit meinem Körper zufrieden. Klar, ich bin eher klein. Ganz genau einsvierundsechzig. Meine Oberweite ist okay, und mit ein bisschen Diät könnte ich von Größe 36 auch auf Größe 34 kommen, was bestimmt besser aussähe, aber was wären Frauen denn ohne Hüften und ohne Hintern? Eben.
Strichmännchen kamen bei mir allenfalls gekritzelt aufs Papier. Im Spiegel wollte ich keines sehen. Außerdem war ich ja Italienerin - das heißt, ich aß leidenschaftlich gern. Ich stocherte nicht in meinem Essen herum und legte die Gabel nicht nach jedem kleinen Minihäppchen wieder zur Seite. Wenn ich reinhaue, dann haue ich so richtig rein.
Zum Beispiel konnte ich einen Hotdog schneller verschlingen als ein hungriger Grizzlybär einen Camper. Und eigentlich hatte ich auch kein Problem damit.
Essen war ja schließlich zum Essen da.
Einmal hatte ich Carlton ein leichtes, mediterran inspiriertes Abendessen vorgesetzt. Gegrilltes Hühnchen, Hummus und Taboulé, Weinblätter und Gurkensalat.
Denn Carlton und ich hatten in letzter Zeit so oft Takeaway gegessen, dass ich die Nummern schon als Kurzwahl gespeichert hatte. Aber weil mir Pizza, Chinese und Subway-Sandwiches langsam echt zum Hals raushingen, hatte ich an jenem Abend ein bisschen Aufwand betrieben und uns sogar eine Flasche Cabernet gegönnt - aus dem Napa Valley, wohlgemerkt, nicht der billige aus Chile.
Und so deckte ich den kleinen Klapptisch, machte den Wein auf, damit er sein Aroma entfalten konnte, und wartete auf Carlton. Weil sich sein Honda wieder von der besten Seite zeigte, hatte Carlton morgens das Rad genommen. Damit dauerte die Fahrt zwar eine gute halbe Stunde länger, aber nach einem Tag in der
Weitere Kostenlose Bücher