Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
Horizont. Es scheint fast, als könne sich Heather, allen Anstrengungen
zum Trotz, ihrer bisherigen Persönlichkeit einfach nicht entledigen.
Sie hat Unterricht in Jiddisch genommen und einen ganzen Sommer in Israel verbracht - im Kibbuz. Aber noch immer scheint es, als widersetze ihre Südstaaten-Konditionierung sich ihrer Konversion.
Heathers Mann sieht das alles eher locker und könnte auch gut als bibelfester Baptist aus den Südstaaten durchgehen - wo er übrigens auch herkommt.
Ansonsten ist Michael einer der vielleicht vielversprechendsten Strafverteidiger in Texas. Ein Anwalt, der sich der Klagen des kleinen Mannes annimmt und seine Sache gegen die gro ßen gesichtslosen Konzerne vertritt. Um in südtexanischen Gerichtssälen eine gute Figur zu machen und die Gunst der Geschworenen zu gewinnen, hat er sich extra einen breiten texanischen Akzent zugelegt und tritt in Jeans und Cowboystiefeln auf. Fehlt nur noch, dass Mr Wasserstein sich jeden Morgen bei Sonnenaufgang beherzt in den Sattel schwingt und zum Gericht reitet.
Eine halbe Stunde später sitze ich an Heathers Küchentisch. Sie hat mir eine Tasse Earl Grey gemacht. Und eilt sehr geschäftig in der Küche umher. Aufräumen, vorbereiten. Da kommt Michael schwungvoll zur Haustür herein und lässt seine Aktentasche fallen.
»Wenn sie nicht so verdammt schön wär, würd’ ich sogar noch meine eigene Frau verklagen!«, ruft er in demselben Tonfall, den er für die Auftritte vor den ehrenwerten Damen und Herren Geschworenen perfektioniert hat. Michael fällt niemals aus der Rolle, auch nicht zu Hause.
Er kommt in die Küche gestürmt, schnappt sich Heather, gibt ihr einen Kuss auf die Stirn und legt die Arme um ihre Taille.
Michael ist ein ziemliches Energiebündel. Wir nennen ihn oft »Mr Fun«.
»Und wie geht es meiner kleinen Superjüdin?«, zieht er sie auf und drückt sie an sich.
Sie strahlt über das ganze Gesicht, und ihre hellen blauen Augen leuchten. »Ach, was bist du doch me- schnucki !«, lacht sie.
»Meschugge«, verbessert Michael geduldig. »Das heißt me schugge .«
»Du bist meschugge«, sagt Heather und kichert.
Er reibt ihr den Bauch. »Und wie geht es Baby Wasserstein heute?«, fragt er und legt sein Ohr an Heathers Bauch.
Jetzt kichert Heather erst recht.
Michael tut so, als würde er dem Baby zuhören. Den Kopf noch immer an Heathers Bauch gelegt, nickt er verständnisvoll. »Oh ja, ich weiß. Deine Mom wird gerade meschugge, aber ich will mal schauen, was sich da machen lässt.«
»Unser Sohn will einen Whiskey«, verkündet er dann.
»Schluss mit dem Unfug!«, ruft Heather und gibt Michael einen Klaps auf den Arm. Er revanchiert sich mit einem liebevoll klatschenden Klaps auf ihren Hintern und gießt sich einen kleinen Jack Daniel’s ein.
Mir tut es richtig weh, die beiden so zu sehen, weil mir natürlich nicht entgeht, wie wohl sie sich miteinander fühlen. Heathers Haare sind fettig, und auf ihrem T-Shirt hat sie undefinierbare gelbe Flecken. Michael sieht ziemlich unrasiert und zerknittert aus.
So authentisch und unverkrampft ging es bei Carlton und mir nie zu.
»Wie war die Arbeit, Michael?«, frage ich ihn. »Hast du heute wieder mit deinem texanischen Charme die Herzen der Geschworenen gebrochen?«
»Ach, Scheiße auch«, sagt Michael unerwartet heftig. »Ich gebe denen doch nur, was sie wollen. Ich würde mir sogar ein gottverdammtes Kreuz ans Revers heften, wenn der Fall dadurch
zu gewinnen wäre«, brummt er in seinem breitesten Texanisch.
»Ich habe dich gestern in der Zeitung gesehen«, sage ich. »Unter den Top Fifty der texanischen Strafverteidiger - mit Bild! Alle Achtung. Dann bist du jetzt richtig berühmt.«
»Nach dem Essen ist Autogrammstunde«, erwidert Michael und grinst verschmitzt.
»Und wie ich höre, ist deine Frau bald eine richtige Jüdin!« Manchmal reitet mich ein wenig der Teufel. Und ich weiß, dass Michael dabei immer mit von der Partie ist.
»Ja, weil wir möchten, dass unser Kind jüdisch ist«, erklärt mir Heather. »Aber das geht nur, wenn die Mutter auch den jüdischen Glauben hat.«
»Ich glaube nicht, dass du das South-Carolina-Mädchen in dir loswirst«, sage ich und schneide eine Grimasse.
»Sie will doch auch nichts loswerden. Sie will etwas hinzubekommen «, belehrt mich Michael.
So geht das immer bei Michael und mir. Wir ärgern uns, und Heather muss schlichten. Aber Michael liebt diese kleinen Wortgefechte. Und ich auch. Manchmal streiten wir uns auch über
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