Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
alles.
»Ah, mach dir keine Sorgen wegen diesem Mann«, meint er
mit seiner tiefen, weichen Stimme. »Wie sagen wir in Indien? Was du getan hast, wird dir getan - kommt alles wieder, wie im Kreis!« Mit dem Arm zieht er einen großen Kreis durch die Luft.
»Ja, Deepak«, sage ich, »aber manchmal ist es eben mit Karma allein nicht zu schaffen. Da braucht man schon einen Profi.«
Er lacht und sagt: »Der war gut.« Er merkt nicht, dass es mir todernst damit ist.
26
ICH DACHTE, dass es nicht ganz leicht werden würde, bei Henry aufzuhören. Die Kündigung einzureichen, mein Büro leer zu räumen und so weiter. Aber Henry macht es mir leicht. Er ebnet mir den Weg, wie es so schön heißt, und gibt an meinem letzten Tag sogar eine Party.
Er hat Luftballons und Kuchen mitgebracht und Essen von Manny’s Mexican bestellt, die meine Lieblings-Enchiladas haben. Danach packen wir in trauter Zweisamkeit meine Sachen zusammen. Henry nimmt ab und an einen Schluck aus der Flasche Jack Daniel’s, die er hinter meinem Schreibtisch versteckt hat.
»Ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich dich an Forest Connors verliere«, sagt er und funkelt mich mit seinen blauen Augen an. Er trägt einen hellen, buttergelben Anzug mit hellrosa Einstecktuch in der Brusttasche. Sehr dandyhaft - etwas, das eigentlich nur Henry tragen kann, ohne darin komplett lächerlich auszusehen. Er lockert seine Krawatte, und ich merke, dass er eine Erwiderung von mir erwartet.
Kurz überlege ich, ob ich Henry von dem Deal erzählen soll, der mir aufgedrückt worden ist. Von wegen Humankapital, Anstellungsverhältnis und Firmenanteile, die ich mir erarbeiten kann. Aber es war so ein schöner letzter Tag, und ich will nicht alles damit verderben, dass Henry mir jetzt wutentbrannt eine Standpauke hält.
Also beschließe ich, mich an die positiven Dinge zu halten.
»Ich gründe meine eigene Firma, Henry! Ist das nicht unglaublich?«
»Wenn jemand den Erfolg verdient hat, dann du, Kindchen.
Vergiss nur nicht, was ich dir über Mr Du-weißt-schon-wer erzählt habe.«
»Ich weiß, ich weiß. Dem alten Hund ist nicht über den Weg zu trauen.«
Henry greift nach seinem Whiskey und genehmigt sich ein kleines Schlückchen. Dann zeigt er mit der Flasche auf mich. »Pass einfach nur auf, dass du am Ende nicht die ganze Arbeit machst und dir vom Erfolg nichts bleibt.«
»Hey, jetzt mal halblang - ich darf frei darüber entscheiden, wen ich einstellen möchte. Außerdem teilen Carlton und ich die Arbeit unter uns auf.«
Daraufhin hebt Henry nur die Brauen auf seine gewitzte, allwissende Art. »Ich weiß ja selbst, was du alles auf die Beine stellen kannst, Maddy. Aber was Carlton anbelangt …« Er lässt den Satz lieber unvollendet und schüttelt vielsagend den Kopf.
»Wieder ganz der Pessimist«, meine ich. Eigentlich wollte ich das jetzt nicht sagen, aber dann sage ich es doch. Manchmal kann Henry das ganz gut vertragen, finde ich.
»Es ist nie gut, Arbeit und Liebesleben zu vermischen«, stellt er sachlich fest.
»Immerhin sitzen wir nicht im selben Büro«, sage ich. »Carlton hat ganz fantastische Geschäftsräume gefunden und das zu einem sensationellen Preis. Nur vierzehn Dollar pro Quadratmeter, und wir haben fast die gesamte Etage für uns! Nächste Woche ziehen wir ein«, lasse ich Henry wissen. »Organics 4 Kids wird endlich ein Zuhause haben!« Ich kreische fast vor Begeisterung und klatsche in die Hände. Eigentlich macht nur Heather solche Sachen, aber das ist mir jetzt gerade egal.
Henry lacht. »Wetten, dass die Firma noch erfolgreicher wird, als du dir das jetzt träumen lässt?«
Ich schnappe mir das Klebeband und rolle es über einen
meiner Kartons. »Weißt du, unser einziger Konkurrent ist Giganto Foods«, sage ich. »Aber die haben noch nicht mal damit begonnen, auch nur an der Oberfläche des Bio-Marktes zu kratzen. Und schon gar nicht bei Kindernahrung und Schulessen.«
Henry nickt nachdenklich. »Vielleicht solltest du mit deinem Konzept gleich direkt bei Giganto anklopfen. Ich könnte mir vorstellen, dass sie dir eine Stange Geld zahlen würden, um jemanden wie dich ins Boot zu bekommen.«
Ich halte inne und schaue ihn an. Er guckt mich auf diese ganz bestimmte Art an, die er immer hat, wenn er etwas loswerden will.
»Komm schon, raus damit«, sage ich.
Henry holt einen weißen Umschlag aus seiner Jackentasche und drückt ihn mir in die Hand.
»Kleines Abschiedsgeschenk«, sagt er.
Ich merke, wie mir die Tränen
Weitere Kostenlose Bücher