Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
kotzen. Aber erst mal gilt es, mein Gesicht zu bewahren.
»Das zu hören freut mich«, sagt Dr. Wasserstein. »Aber nur für den Fall, Madeline … Sie können mich jederzeit anrufen.«
»Danke.«
Ich gebe Michael das Handy zurück. Heather schaut mich an und verkündet: »Dich lasse ich heute Nacht nicht allein.«
»Jetzt versucht sie auch noch, mir meine Frau abspenstig zu machen«, meint Michael kopfschüttelnd, doch ich weiß, dass er nicht mehr wütend auf mich ist. Das sehe ich an seinen Augen, in denen es schon wieder streitlustig funkelt - bei ihm immer ein Zeichen für gute Laune. Wahrscheinlich findet er das Ganze mittlerweile sogar recht unterhaltsam.
»Nicht nötig. Ich gehe jetzt gleich ganz brav ins Bett«, versichere ich Heather, stemme mich vom Boden hoch und klopfe mir die Jeans ab. »Danke, dass ihr mir noch meine Tasche vorbeigebracht habt. Ihr seid richtige Lebensretter.«
»Keine Ursache«, sagt Heather.
»Ha, Lebensretter!«, ruft Michael und klatscht in die Hände. »Zu dieser Ehre kommt man auch nicht alle Tage.«
Darüber müssen wir alle lachen, und dann bestellt Michael eine große Pizza mit extra Käse, und wir sitzen noch bis in die frühen Morgenstunden in meiner Küche und reden über alte Zeiten. Und damit endet dieser Abend doch nicht ganz so beschissen, wie es erst den Anschein hatte.
24
SOWIE CARLTON merkte, dass er bei mir so richtig unten durch war, fing er wieder an, mich zu umwerben. Ich bekam sträußeweise Blumen, Grußkarten, Pralinen - das volle Programm. Jeden Tag überraschte er mich mit einem kleinen Geschenk. Es war gerade so, als wären wir wieder in unserer Flitterwochenphase.
Ich genoss seine Aufmerksamkeiten, denn ich liebte diesen Mann trotz allem. Er war mein Seelenverwandter, wenn es so etwas überhaupt gibt. Sollten wir zusammenbleiben, würde ich mich schützen. Und Carlton würde mich beschützen. Das hatte er hoch und heilig versprochen.
»Warum nur liebe ich dich so sehr?«, hatte er mich verwundert gefragt und mich ins Kinn gekniffen.
»Weil ich eben ich bin«, hatte ich erwidert, und wir lachten.
Jeder macht mal Fehler, dachte ich mir. Auch Carlton. Seine Liebe zu mir war sein wunder Punkt. Er hatte Angst gehabt, mich zu verlieren, und sich geschämt, mir von seinem Herpes zu erzählen. So sehr wünschte er sich, dass wir für immer zusammenblieben.
Also verzieh ich ihm.
Trotzdem machte ich noch in derselben Woche - einige Tage nach Carltons Herpes-Coming-out - einen Termin bei Cheryl, meiner Frauenärztin. Im Wartezimmer lagen Broschüren über Geschlechtskrankheiten aus: Aids, Tripper, Syphilis etc. Ich las mir alle gründlich durch und kam danach zu dem Schluss, dass - so man denn die Wahl hatte - Herpes genitalis wirklich Glück im Unglück war.
Es schien die Geschlechtskrankheit zu sein, die am wenigsten
Probleme bereitete. Ein kleiner Straftäter inmitten lauter Schwerverbrecher.
Ich muss über eine Stunde auf Cheryl warten. Sie ist übrigens lesbisch, meine Frauenärztin. Woher ich das weiß? Weil ihre Lebensgefährtin Bernice in Henrys PR-Agentur das Büro neben mir hat. Und auf ihrem Schreibtisch steht ein Foto von Cheryl.
Sie ist wirklich die beste Frauenärztin, die ich jemals hatte. Als ich dann endlich dran bin und mein Problem schildere, sagt sie mir, dass man Genitalherpes in meinem Fall nicht testen kann.
»Du musst warten, bis es ausbricht. Dann entnehmen wir eine Probe«, meint sie.
»Und wie lange kann das dauern?«, frage ich, ausgestreckt auf dem Untersuchungsstuhl, die Füße in den kalten Fußhaltern. Über mir an der Decke hängt dieses Poster mit einem Baum und einer Katze, die an einem Ast hängt. Gut abgehangen! steht darunter.
Echt übel, dieses Poster. Das denke ich jedes Mal, wenn ich hier liege.
Cheryl stochert und tastet, drückt mir die Finger in den Unterleib. »Kann Jahre dauern«, sagt sie.
»Und wenn ich mich angesteckt habe, was passiert dann mit mir?«, will ich wissen.
»Das Schlimmste an dieser Krankheit ist eigentlich die gesellschaftliche Stigmatisierung. Heilen kann man es nicht, Maddy - wenn man es einmal hat, hat man es sein ganzes Leben. Aber keine Sorge, mit Herpes lässt es sich eigentlich ganz normal leben«, sagt sie. »So, fertig.«
In meinem weißen, papiernen Untersuchungshemd setze ich mich auf. Das dünne Papier auf dem Untersuchungstisch zerknittert unter mir. Cheryl nimmt ihre Brille ab und lässt sie von ihrer langen Glasperlenkette baumeln. »Um die Symptome
zu lindern,
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