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Verliebt, verlobt - verrueckt

Verliebt, verlobt - verrueckt

Titel: Verliebt, verlobt - verrueckt
Autoren: Amelie Fried , Peter Probst
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partout nicht heimisch fühlen wollten. Unser Trauzeuge, ein Schweizer Verleger, schied nach dem Essen sogar völlig aus unserem Leben. Sein luxuriöses Geschenk verriet, dass er hoffte, bei Amelie Frieds Hochzeit zumindest die Münchner Schickeria, wenn nicht die Spitzen der deutschen Gesellschaft zu treffen. Stattdessen saß er mit meiner schwerhörigen Tante, meinem Firmpaten, dessen zackige Rede wie immer mit » ad multos annos« endete, und einem verstockten Maler am Tisch und bekam zähes Rehgulasch serviert. Meine Schwiegermutter schämte sich sehr, meine Familie hingegen war mit der Verdauung von Amelies Bemerkung beschäftigt, scheiden lassen könne man sich immer. Das war für meine gut katholischen Eltern eine schockierende Vorstellung und sie erkundigten sich zukünftig an jedem unserer Hochzeitstage vorsichtig, ob Amelie die Ehe fortzusetzen gedenke.
    Obwohl das Knödelstüberl über kein Abluftsystem verfügte, und Amelie in dieser Phase ihrer Schwangerschaft sehr geruchsempfindlich war, ging es ihr prächtig. Ihre Wangen glühten und sie übersah in ihrem Glück, welchen Belastungen einige ihrer Gäste ausgesetzt waren. Der Verleger bemühte sich verzweifelt, die literarische Qualität der Gstanzln meines kleinen Bruders zu würdigen. Der Firmpate musste für die schwerhörige Tante jeden Satz der schlüpfrigen Rede meines Schwagers laut wiederholen. Zwischen Hauptspeise und Dessert flohen alle, auch die Nichtraucher, » zum Rauchen« nach draußen. Amelie aber fiel mir glücklich um den Hals und küsste mich. » So ein schöner Tag«, sagte sie, » und das Beste kommt erst noch«. Was meint sie bloß, dachte ich, die Hochzeitsnacht vielleicht?
    Meine Frau freute sich auf etwas anderes. Das begriff ich, als der tätowierte und asthmatische Kellner die Teller mit dem Dessert auf den Tisch knallte. Ich muss sagen, die Topfenknödel waren perfekt– locker und doch fest genug, und mit köstlich-buttrigen Semmelbröseln bestreut. Neben mir genoss Amelie seufzend. Ob es mir mal ohne Topfenknödel und Schwangerschaftshormone gelingen wird, sie so glücklich zu machen, dachte ich.

    Bild 6
    Â»Man soll nur schöne Frauen heiraten. Sonst hat man keine Aussicht, sie wieder loszuwerden.«
    Danny Kaye

Nachbemerkung:
    Unsere Ehe hält jetzt doch schon ein paar Jahre länger als erwartet. Das haben wir aber nie gefeiert, im Gegenteil. Immer an unserem Hochzeitstag versuchen wir, an die legendäre Feier im Knödelstüberl anzuknüpfen. Wir besuchen bewusst schäbige Lokale und essen schlecht. Lange war unser Favorit das Woki Toki, aber das musste schließen, weil man in den Reisgerichten Katzenfutter gefunden hatte. Schade, uns hat es Glück gebracht.

Anmerkung der Ehefrau:
    Dieses Kapitel entspringt zu großen Teilen der Phantasie meines Mannes, der nicht umsonst ein erfolgreicher Drehbuchautor ist. Zumindest kann ich mich an Pin-ups, Büffelhörner, Fuchsschwänze und tätowierte Kellner nicht erinnern. Aber das mag daran liegen, dass meine Erinnerungen an dieses Hochzeitsmahl durch überlebensgroße Visionen von köstlichen, lockeren, butterbröselbestreuten Topfenknödeln verdeckt werden – die waren nämlich wirklich sensationell!
    Was am unwahrscheinlichsten klingt, hat mein Mann übrigens nicht erfunden: Das seltsame Ritual des Absichtlich-schlecht-Essens am Hochzeitstag. Das machen wir tatsächlich so und sind beide höchst abergläubisch, was die glücksbringende Wirkung betrifft. Ein einziges Mal sind wir von dieser Routine abgewichen und in ein teures Feinschmeckerlokal gegangen. Im darauffolgenden Jahr hatten wir die schlimmste Krise unserer Ehe. An unserem zwanzigsten Hochzeitstag, den wir in Buenos Aires feierten, erlebten wir aber einen einsamen Höhepunkt unserer schönen Tradition: Wir fanden eine stinkende, rauchige Würstchenbude, wo die Trinker der Gegend sich für ihr allabendliches Besäufnis versammelt hatten, und aßen die fettesten, verbranntesten und ekeligsten Grillwürste unseres Lebens. Zum Glück hatten wir vorsorglich unseren eigenen Senf mitgebracht, den wir mit der hauseigenen Chilisoße mischten. Die Schärfe ätzte alle Bakterien weg, und so bleibt zu hoffen, dass wir auch die nächsten zwanzig Jahre trotz kulinarischer Experimente gemeinsam er- und überleben werden.

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