Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
deshalb lassen sie ihn nie spielen.«
»Mein Mann und ich haben nicht viel Ahnung von Sport. Das mit Judith tut uns sehr Leid. Eine wunderbare Frau. Sie wusste sehr viel über die heimische Vogelwelt. Wir halten nämlich Ausschau nach seltenen Vogelarten.«
John Pearson war mindestens zweihundert Pfund schwerer als seine Frau, sein Doppelkinn zuckte. »Wir hoffen, Sie werden nicht allzu viele Änderungen vornehmen. Judith war bekannt für ihr fantastisches Frühstück. Und erst ihr Schokoladenkirschkuchen -« Er brach ab und Molly erwartete beinahe, dass er sich die Finger leckte. »Wird der Nachmittagstee immer noch um fünf Uhr serviert?«
Molly wartete darauf, dass Kevin antwortete, doch er schien seine Sprache verloren zu haben. Sie nickte. »Es kann sein, dass es heute ausnahmsweise etwas später wird.«
9
Daphne wohnte in dem hübschesten Cottage vom Nachtigallenwald. Es lag etwas abseits inmitten eines Hains, sodass sie auf ihrer elektrischen Gitarre spielen konnte, wann immer sie wollte, ohne jemanden zu stören.
Wo steckt Daphne?
Kevin hing mit einem Ohr an seinem Handy, mit dem anderen am Telefon des Gästehauses, während er in der Eingangshalle auf und ab tigerte, seinem Finanzberater Anweisungen ins Ohr bellte und gleichzeitig mit seiner Sekretärin oder Haushälterin redete. Hinter ihm sah man auf den ersten Absatz einer mächtigen Treppe aus Walnussholz, die in einem Bogen nach oben führte. Das Treppengeländer war staubig, der Läufer auf den Stufen musste dringend gesaugt werden. Den Treppenabsatz zierte eine kleine Säule mit einer Bodenvase, in der ein paar Pfauenfedern wippten.
Sein Hinundhergerenne machte sie ganz nervös, daher beschloss Molly, das Haus zu erkunden. Mit Ruh dicht auf den Fersen trat sie in den vorderen Salon. Das Nadelkissensofa und die rührend kunterbunte Mischung unterschiedlicher Stühle waren mit hübschen Butterblumen- und Rosenstoffen bezogen. Pflanzenstudien und pastorale Szenen in vergoldeten Rahmen schmückten die cremefarbenen Wände, vor den Fenstern hingen Spitzengardinen. Den Sims über dem Kamin zierten Messingkerzenhalter, eine chinesische Blumenbank und ein paar kristallene Döschen. Leider war das Messing angelaufen, das Kristall trübe, auf den Tischen
lag eine Staubschicht. Die Wollmäuse auf dem orientalischen Teppich bestätigten den vernachlässigten Zustand. Das Gleiche galt für das Musikzimmer, wo mit Rosenmustern bezogene Lesesessel und ein Spinett vor der Tapete mit traditionellem Ananasmuster gruppiert waren. Auf einem kleinen Sekretär in der Ecke lagen lfenbeinfarbenes Schreibpapier, ein altmodischer Füllhalter und ein Tintenfass bereit. Zwei angelaufene silberne Kerzenleuchter standen neben einem alten Krug. Auf der anderen Seite des Flurs gelangte man ins Speisezimmer, in dessen Mitte ein Queen-Anne-Tisch und zehn passende Stühle mit hohen Lehnen prangten. Das beherrschende Element des Raumes war ein quadratisches, großzügiges Erkerfenster, von dem aus man einen herrlichen Blick auf den See und die Wälder hatte. Molly vermutete, dass zu Tante Judiths Zeiten immer ein frischer Blumenstrauß in der Kristallvase auf der Anrichte gestanden hatte. Jetzt stapelten sich die Überreste des Frühstücksgeschirrs auf der Marmorplatte.
Durch eine Seitentür gelangte sie in eine altmodische Landhausküche mit anheimelnden blauweißen Fliesen und Holzschränken, auf denen eine ganze Sammlung chinesischer Krüge aufgereiht war. In der Mitte des Raumes diente ein rustikaler Bauerntisch als Arbeitsfläche, die jetzt allerdings unter schmutzigen Rührschüsseln, Eierschalen, Messbechern und einem geöffneten Glas getrockneter Preiselbeeren verschwand. Der Herd, der in jede moderne Restaurantküche gepasst hätte, musste dringend gereinigt werden, die Klappe des Geschirrspülers hing sperrangelweit offen.
Vor den Fenstern stand ein runder Eichentisch für die Mahlzeiten in eher privater Runde. Auf den Bauernstühlen lagen bunt bedruckte Kissen, darüber hing ein schmiedeeiserner Kerzenleuchter. Hinter dem Haus reichte der zu beiden Seiten von Wald gesäumte Garten bis hinunter an den See.
Sie spähte in eine große gefüllte Speisekammer, in der es
nach Backgewürzen duftete, und trat in ein Durchgangszimmer, in dem ein moderner Computer auf einem alten Kneipentisch darauf hindeutete, dass dies das Büro war. Das Herumlaufen hatte sie müde gemacht, und so ließ sie sich vor dem Computer nieder und schaltete ihn an. Zwanzig Minuten später
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