Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
beleidigtes Schniefen hervor. »Nun ja, ich wollte doch nicht zugeben, dass ich ein kleines Alkoholproblem hatte.«
»Davon scheinst du dich aber schnell erholt zu haben.« Diesen grünen Augen entging auch gar nichts.
»Schon allein bei dem Gedanken an Stoli wird mir übel.«
Sein Blick wanderte langsam über ihren Körper. »Willst du wissen, was ich denke?«
Sie schluckte. »Danke, kein Interesse.«
»Ich glaube, du konntest mir einfach nicht widerstehen.«
Verzweifelt durchforstete sie ihr Hirn nach einer passenden Antwort, doch außer einem lahmen: »Wenn es dich glücklich macht«, wollte ihr nichts einfallen.
Er trat einen Schritt zur Seite, um einen besseren Blick auf die Szene draußen zu erhaschen. Plötzlich verzog er das Gesicht. »Oh, das muss wehtun.«
Nur mit größter Mühe hielt sie der Versuchung stand. »Das ist krank. Hör auf, die beiden so anzustarren.«
»Das ist ja interessant.« Er legte den Kopf schief. »Das ist ja eine ganz neue Methode.«
»Hör auf damit!«
»Das ist bestimmt nicht mal legal.«
Sie hielt es nicht länger aus und wirbelte herum, nur um festzustellen, dass das Liebespaar längst verschwunden war. Er kicherte hämisch. »Wenn du dich beeilst, erwischst du sie noch, bevor sie fertig sind.«
»Sehr komisch.«
»Ich finde das höchst amüsant.«
»Na, dann erheitert dich das hier bestimmt auch: Ich habe ein bisschen in Tante Judiths Dateien herumgeschnüffelt, und es sieht so aus, als wären die Zimmer bis in den September hinein voll ausgebucht. Die meisten Ferienhäuser auch. Du wirst nicht glauben, wie viele Leute offenbar wild darauf sind, hier ihren Urlaub zu verbringen.«
»Lass mich mal sehen.« Er schob sich an ihr vorbei vor den Computer.
»Viel Spaß. Ich werde ein freies Plätzchen für mich suchen.«
Seine ganze Aufmerksamkeit gehörte bereits dem Bildschirm. Er reagierte nicht einmal, als sie sich über ihn beugte, um den Zettel zu nehmen, auf dem sie sich die freien Cottages notiert hatte.
Auf dem Wandbrett neben dem Schreibtisch fand sie die
passenden Schlüssel und steckte sie in die Tasche. Auf dem Weg durch die Küche nahm sie ein Stück von Charlotte Longs Preiselbeerbrot. Nach dem ersten Bissen wusste sie, dass Mrs Long Recht gehabt hatte, was ihre Koch- und Backkünste anging, und warf den Rest in den Müll.
Als sie in der Eingangshalle stand, siegte die Neugier über ihre Müdigkeit, und sie ging die Treppe hinauf, um den Rest des Hauses in Augenschein zu nehmen. Ruh trottete hinter ihr her, während sie in die Gästezimmer hineinspähte, die alle unterschiedlich eingerichtet waren. Sie stieß auf Regale voller Bücher, schöne Ausblicke aus den Fenstern und die anheimelnde Dekoration, die die Leute von einem hochklassigen Bed & Breakfast erwarteten.
Auf einem Stapel museumsreifer Hutschachteln entdeckte sie ein Vogelnest mit antiken Glaskugeln, neben einem metallenen Vogelkäfig waren alte Apothekerfläschchen aufgereiht. Stickereien in ovalen Rahmen, alte Holzschilder und wunderschöne Steingutvasen, die danach verlangten, mit frischen Blumen gefüllt zu werden. Darüber hinaus gab es jede Menge ungemachter Betten, überquellende Mülleimer, schmuddelige Badewannen, auf denen sich haufenweise abgelegte Handtücher stapelten. Amy Anderson trieb sich anscheinend lieber mit ihrem Ehemann im Garten herum, als ihre Arbeit zu erledigen.
Am Ende des Flurs öffnete sie die Tür zu dem einzigen Zimmer, das offensichtlich nicht vermietet war. Es war sauber und aufgeräumt, nach den auf dem Frisiertischchen aufgereihten Familienfotos zu urteilen, musste es sich um das ehemalige Zimmer von Judith Tucker handeln. Es war das Eckzimmer, zu dem auch das kleine Türmchen gehörte. Sie stellte sich vor, wie Kevin in dem Bett mit dem verschnörkelten Kopfende schlafen würde. Bei seiner Größe würde er sicher nur quer hineinpassen.
Für einen kurzen Moment sah sie ihn wieder vor sich wie
in jener Nacht, als sie zu ihm ins Bett geschlüpft war. Entsetzt schüttelte sie das Bild ab und ging nach unten. Als sie auf die Veranda hinaustrat, sog sie den Duft der Kiefern, Petunien und des Sees ein. Ruh vergrub seine Nase in einem Blumentopf.
Am liebsten hätte sie sich in einem der Schaukelstühle zu einem kleinen Nickerchen niedergelassen, aber wenn sie nicht Tante Judiths Zimmer mit Kevin teilen wollte, musste sie sich einen Platz zum Schlafen suchen. »Komm, Ruh. Sehen wir uns mal die freien Häuschen an.«
In einer der Dateien hatte sie einen
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